Thiago bricht Rekorde, Roman Neustädter entdeckt den Uwe Bein in sich und Stefan Kießling trifft wieder – dank einer ominösen Unterhose. Trägt wie immer Feinripp mit Eingriff: unsere 11 des Spieltags
Roman Neustädter
Für euphorische „Ooohs“ und „Aaaahs“ und auch vereinzelte „Huiiis“ in der Redaktion sorgte am Samstag Schalkes Roman Neustädter. Gelsenkirchens üblicherweise nicht unbedingt als Edeltechniker glänzender Sechser schmankerlte im Spiel gegen Wolfsburg nämlich einen derart überraschenden und eleganten Schnittstellenpass aus dem Fußgelenk, dass irgendwo in Südhessen Uwe Bein nostalgisch einen Fußball in Geschenkpapier packte und per Eilpost an Anthony Yeboah schickte. In der Tat war der Assist, der zu Kevin-Prince Boatengs Siegtreffer führte, derart uwebeinig, dass Neustädter, wie in der Zeitlupe deutlich zu sehen war, im Moment der Ballabgabe spontan ein buschiger, dichter Schnauzbart wuchs. Wunderschön.
Stefan Kießling
Erleichterung bei Stefan Kießling. Gegen Stuttgart gelang Leverkusens Stürmer das erste Tor seit vier Spielen. Wie der dezente Fingerzeig beim Jubel andeutete, hatte seine Unterhose irgendetwas damit zu tun, eine Art Glücksbringer, den er einst von einem Fan bekam, was Kießling im Interview schmallippig semi-preisgab. Wie dem auch sei, Kießlings Tor-Fluch ist damit besiegt und seit seinem letzten Tor im November darf Kießling nun nach acht Wochen endlich wieder eine frische Unterbuxe anziehen. So zumindest haben wir das verstanden.
Thiago Alcantara
Da die Bayern ja quasi alle Rekorde gebrochen haben, die von anderen Teams aufgestellt wurden, fangen sie nun einfach an, ihre eigenen zu brechen. So etwa Thiago Alcantara. Der Spanier war am Sonntag im Spiel gegen Eintracht Frankfurt derart oft am Ball, dass es mitunter wirkte, als habe er sich kurzerhand einen eigenen mitgebracht. Andererseits waren die biederen Frankfurter so ungefährlich und mutlos, dass die Bayern auch den Busfahrer oder Teile des Catering-Teams oder die Hostessen aus dem VIP-Bereich hätten einwechseln können – die SGE schien nur in der Arena zu sein, um sich Autogramme zu holen. Thiago hingegen hatte in 90 Minuten volle 185 Ballkontakte – und übertraf damit Bastian Schweinsteigers alten Bundesliga-Rekord. Für noch mehr Ballkontakte müsste man schon in einer der Firmen anheuern, in denen die Bälle in Handarbeit genäht werden.
Santiago Garcia
Ob Santiago Garcia bereits die Großraumdissen im Bremer Umland unsicher gemacht hat, wissen wir nicht. Was wir seit Samstag aber wissen ist, dass Bremens argentinischer Verteidiger in jeder schäbigen Disko-Schubserei eine wirklich gute Figur abgeben würde. Wutentbrannt drängelte sich Garcia nach seiner Roten Karte durch das entstandene Rudel und schien wild entschlossen, irgendwen, am besten den Schiri, mit vom Platz zu nehmen. Anschließend gab es einen kurzen Ausflug zum Linienrichter, der einen kleinen Einblick in die Poesie spanischer Hasstiraden bekam, bevor Garcia dann geladen vom Platz stapfte und Gerüchten zufolge vorm Stadion einen Ü‑Wagen in den Straßengraben grätschte. Nächstes Wochenende hat er nun frei, vielleicht ja ein willkommener Anlass, mal die Großraumdissen im Bremer Umland zu begutachten.
Matthias Ostrzolek
Nicht unerwähnt lassen wollen wir an dieser Stelle allerdings auch Garcias Gegenspieler Matthias Ostrzolek, dessen Flugeinlage überhaupt erst dafür sorgte, dass Garcia Rot sah und anschließend so wunderbar unbeherrscht über den Platz oliverkahnte. Nach einem zugegeben sehr, sehr riskanten Einsatz von Garcia blieb Ostrzolek nämlich schreiend und mit derart schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden liegen, dass es uns nicht gewundert hätte, wenn der Mannschaftsarzt das Bein kurzerhand mit einem Schnürsenkel abgebunden und den Fuß noch auf dem Platz amputiert hätte. Und während wir innerlich bereits eine Kerze für Ostrzoleks püriertes Sprunggelenk anzündeten, war in der Zeitlupe zu sehen, dass Garcia Ostrzolek überhaupt nicht berührt hatte. Was Garcias Reaktion dann wieder völlig nachvollziehbar machte. Ostrzoleks hingegen weniger.
Daniel Caligiuri
Ebenfalls des Feldes verwiesen wurde am Samstag Wolfsburgs Daniel Caligiuri, und zwar wegen Schiedsrichterbeleidigung. Was genau er dem Schiri-Assistenten nach einem nicht gegebenen Freistoß entgegengiftete, blieb unklar, sein Kollege Ivica Olic petzte allerdings nach Spielschluss: „Der Daniel hat etwas Böses gesagt“. Klingt eher nach Kindergarten und Katharina Saalfrank denn nach derben Fußballerpöbeleien. Die vereinsinterne Strafe für Caligiuri folgte übrigens umgehend. Der kleine Daniel bekommt eine Woche keinen Nachtisch und darf nachmittags nicht zum Spielen rausgehen, außerdem muss er sich jeden Tag eine Stunde auf die stille Treppe in der VW-Arena setzen und über sein Verhalten nachdenken.
Artjoms Rudnevs
In Hamburg wird man nicht mehr so recht wissen, warum man Artjoms Rudnevs eigentlich auf Leihbasis zu einem direkten Konkurrenten im unteren Tabellendrittel hat ziehen lassen. Andererseits ist das nur konsequent, denn wer weiß beim HSV denn überhaupt, warum, wann, wo, wer, weshalb, mit wem, wie und ob überhaupt irgendwelche Dinge irgendwie gemacht oder eben nicht gemacht werden? Rudnevs für seinen Teil scheint sich in seiner neuen sportlichen Heimat in Hannover äußerst wohl zu fühlen und schoss im zweiten Spiel direkt sein zweites Tor. Während die Hamburger in ihrer derzeitigen Verfassung wahrscheinlich nicht mal das Wasser im Schwimmbecken treffen, wenn sie vom Startblock springen.
Ondrej Petrak
Kurios wurde es am Sonntag in Berlin. Einen Schuss von Herthas Ronny fischte Nürnbergs neuer Verteidiger Ondrej Petrak in fischigster Luiz-Suarez-Manier mit der Hand von der Linie. Klare Entscheidung von Schiri Weiner: Rot und Elfer. Dann aber machte sich der Linienrichter bemerkbar und äußerte zarte Bedenken, wonach Adrian Ramos im Abseits gestanden habe. Also Kommando zurück, kein Rot, kein Elfer, kein Ausgleich, sondern im Gegenzug das 1:3. Dreist gewinnt eben doch. Ob Weiners Rolle rückwärts regelkonform war oder nicht, scheint nicht ganz klar zu sein, der „kicker“ schreibt von einer Fehlentscheidung, die „Bild“ meint, alles sei ok gewesen. Wir wissen es nicht so genau, aber wir sind auch bei der Einführung der Rückpassregel inhaltlich ausgestiegen. Zu kompliziert.
Pierre-Emerick Aubameyang
Pierre-Emerick Aubameyang ist ein ziemlich cooler Typ. Der Franko-Gabuner fährt ein Auto, das ihm Ed Hardy persönlich designt hat, er rasiert sich seine liebsten Comichelden ins Haupthaar und hat Fußballschuhe extra fürs Aufwärmen, die mit hunderten von Strasssteinen besetzt sind. Allerdings hat Aubameyang alle Berechtigung für derlei Exzentrik, denn er ist so flink, dass er die 100 Meter schneller per Moonwalk zurücklegen könnte als wir mit dem Fahrrad, zudem ist er auch noch ein richtig feiner Fußballer. Was er am Freitag wieder einmal unter Beweis stellte, als er das Spiel seines BVB gegen Braunschweig mit zwei Toren quasi allein entschied. Insbesondere der erste Treffer bzw. die ihm vorausgehende Kombination war wirklich sexy. Schade, dass man sich ein so schönes Tor nicht irgendwie in die Frisur rasieren lassen kann…
Ja-Cheol Koo
„Koo macht uns direkt besser“, frohlockte Mainz’ Trainer Thomas Tuchel, als die Verpflichtung von Ja-Cheol Koo kurz vor Transferschluss fix gemacht worden war, und was soll man sagen: Tuchel ist halt einfach ein Mann vom Fach. Fünf Millionen Euro legten die Mainzer für den Südkoreaner auf den Tisch und dieser zeigte in seiner Heimpremiere gegen Freiburg direkt, dass das wirklich gut investiertes Geld gewesen sein könnte. In der Schlussphase entschied der eingewechselte Koo die Partie nämlich mit einem wunderschönen Tor in den Winkel, insbesondere bei der vorangegangenen flüssigen Bewegungs-Kombi aus Ballannahme und Hakenschlagen hätten sich andere Bundesligaspieler mit einem platzenden Geräusch die Hüftgelenke aus den Gelenkpfannen gehebelt. Koo aber wirkte dabei derart geschmeidig und elegant, dass sie beim FSV nun extra für ihn eine Tango-Abteilung einrichten wollen.
Halil Altintop
Halil Altintop ist für uns derzeit so etwas wie der Sascha Mölders 2.0. Der Mann ackert neunzig Minuten ohne Ende und schießt mittlerweile Tore, die er während seines Jahre währenden Karrieretiefs vor dem Engagement beim FCA wahrscheinlich nicht einmal auf der Playstation hätte erzielen können. Gegen Bremen wemmste er nun eine Flanke volley ins lange Eck und wir lehnen uns wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn wir sagen, dass er mit einem ähnlichen Versuch vor noch nicht allzu langer Zeit wohl einen Fan vom Oberrang gebolzt oder sich beim Luftlochtreten sämtliche Bänder gerissen hätte. In der derzeitigen Form macht Altintop die Dinger aber einfach rein. Und die Augsburger werden uns langsam unheimlich.