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Juli 2014 in Aber­deen. Der FC Gro­ningen ist in der zweite Runde der Europa-League-Qua­li­fi­ka­tion zu Gast in der schot­ti­schen Hafen­stadt. Für die Nie­der­länder damals mit von der Partie: ein 21-jäh­riger ser­bi­scher Flü­gel­spieler. Das Spiel ver­läuft unspek­ta­kulär, die Mann­schaften trennen sich 0:0. Der junge Serbe mit dem Namen Filip Kostić heizt die Stim­mung dann aber nochmal an: Wir gehen glück­lich nach Hause, denn wir sind zu 80 Pro­zent in der nächsten Runde“, sagte der junge Serbe in einem Inter­view nach dem Abpfiff. Ganz so stimmte das nicht. Der FC Gro­ningen verlor das Rück­spiel eine Woche darauf mit 1:2 und schied aus dem Wett­be­werb aus.

Die Aus­sage kam damals weder in Aber­deen noch in Gro­ningen son­der­lich gut an. Sie steht jedoch exem­pla­risch für Filip Kostić: unbe­scheiden, dick­köpfig und etwas unbe­holfen in der Wort­wahl. Auch seine vier Jahre in Frank­furt, die nun mit seinem Wechsel zu Juventus Turin zu Ende gehen, ver­liefen nicht immer glatt. Trotzdem ver­lässt er die Ein­tracht als Ver­eins­le­gende.

Zweimal Abstieg, dann Europa

Ledig­lich zwei Wochen nach dem Aus­scheiden gegen Aber­deen lotste der VfB Stutt­gart den Flü­gel­spieler in die Bun­des­liga. Bei den Schwaben war Kostić von Beginn an gesetzt und hatte in der ersten Saison großen Anteil am Klas­sen­er­halt der Stutt­garter. Ein Jahr darauf war es für den VfB dann aber doch soweit, die Schwaben stiegen ab. Kostić als wert­vollster Spieler wurde ver­kauft und beim HSV zum Rekord­transfer. 14 Mil­lionen Euro legten die Han­se­städter damals für ihn auf den Tisch. Und auch im hohen Norden erlebte er einen Abstieg mit. Im Sommer 2018 holte Fredi Bobic, der ihn schon aus Stutt­gart kannte, Kostić dann zu Ein­tracht Frank­furt, dem frisch geba­ckenen DFB-Pokal­sieger.

Aus der Sicht von Kostić kein leichter Ein­stieg. Die Mann­schaft hatte damals in den Augen vieler ihren Höhe­punkt schon erreicht. Mit einem achten Platz und dem Pokal­sieg hatte Niko Kovac den Frank­fur­tern die beste Saison seit der Bei­nahe-Meis­ter­schaft 1991/92 beschert. Und doch wurde die Mann­schaft mit dem ser­bi­schen Flü­gel­spieler noch einmal deut­lich gefähr­li­cher. Beson­ders mit seinem Lands­mann Luka Jovic har­mo­nierte Kostić im ersten Jahr bes­tens, zusammen rauschten sie durch ganz Europa.

Ein Streik sorgt für Ärger

Kostić war bei Frank­furt der per­fekte Spie­lertyp für die Posi­tion im linken Mit­tel­feld vor der Drei­er­kette. Unun­ter­bro­chen beackerte er die linke Außen­bahn und brachte einen Ball nach dem anderen in den Straf­raum. Ob in der Mitte Sebas­tien Haller, André Silva, Bas Dost oder zuletzt Raf­fael Borré standen war dabei neben­säch­lich. Und auch er selbst war tor­ge­fähr­lich. Wurde er einmal nicht die Linie lang geschickt, lau­erte er oft an der Straf­raum­kante. Aus spitzem Winkel zim­merte er den Ball dann mit seinem linken Fuß regel­mäßig flach ins lange Eck. 99 Scor­er­punkte sam­melte Kostić in 172 Spielen für die Hessen.

Zahlen, die Inter­esse weckten. Kein Sommer ver­ging in Frank­furt, ohne dass ein Gerücht über einen mög­li­chen Wechsel von Filip Kostić im Raum stand. Auch er selbst war daran nicht ganz unbe­tei­ligt. Im ver­gan­genen Sommer ver­suchte er einen Wechsel zu Lazio Rom zu erzwingen und streikte. Der Transfer kam nicht zustande, wes­halb er ab Sep­tember wieder für die Ein­tracht auf dem Platz stand. Von dem Vor­gehen sowie seinem State­ment im Anschluss waren in Frank­furt viele irri­tiert. Ich möchte mich herz­lich bei den Fans ent­schul­digen, die falsch infor­miert wurden, und ebenso mich bei meinen Team­mit­glie­dern für die Unter­stüt­zung bedanken. Einige Per­sonen schulden mir eine Ent­schul­di­gung, aber wir haben keine Zeit, uns damit zu beschäf­tigen“, schrieb Kostić damals auf seinem Insta­gram-Profil.

Das all­jähr­liche Wech­sel­drama hat nun ein Ende gefunden. Filip Kostić ver­lässt den Verein nach vier Jahren und wech­selt zum ita­lie­ni­schen Rekord­meister Juventus Turin. Für die Mann­schaft ist das ein herber Ver­lust, der kaum zu kom­pen­sieren sein wird. Der red­se­lige Ein­tracht-Prä­si­dent Peter Fischer tat vor dem heu­tigen Spiel seinen Unmut dar­über kund. Wenn du einmal die Chance hast, im Supercup-End­spiel zu spielen, gegen Real Madrid, und dann noch die Aus­zeich­nung als bester Spieler der Europa League bekommst, und du machst das nicht, dann merke ich doch, wie ver­saut das Geschäft am Ende des Tages ist“, so Fischer.

Doch in Frank­furt nimmt dem Spieler wohl kaum jemand den Wechsel so richtig übel. Die Fans haben ihm seinen unrühm­li­chen Auf­tritt im Sommer längst ver­ziehen, denn auch nach seinem Streik zeigte der Serbe wieder vollen Ein­satz für den Verein. Schon nach der deut­li­chen Nie­der­lage zum Sai­son­auf­takt gegen Bayern Mün­chen drehte Kostić im Wald­sta­dion eine Ehren­runde. Sicht­lich gerührt begab er sich in die Kurve und bedankte sich bei den Frank­fur­tern. Das Ver­hältnis zwi­schen ihm und den Fans wirkt trotz des Abgangs intakt.

Geschichten für die Ewig­keit

Bei den Anhän­gern der SGE werden wohl vor allem die euro­päi­schen Nächte mit Kostić in Erin­ne­rung bleiben. Schon die Europa League-Saison 2018/19 ent­fachte am Main eine Begeis­te­rung, die in Deutsch­land sei­nes­glei­chen suchte. Der ser­bi­sche Natio­nal­spieler traf unter anderem gegen Shakhtar Donetsk und Ben­fica Lis­sabon und ver­half der Mann­schaft zu einem sen­sa­tio­nellen Lauf bis ins Halb­fi­nale gegen den FC Chelsea.

Unüber­troffen wird jedoch das letzte Jahr bei der Ein­tracht bleiben, wo in Frank­furt alle Dämme bra­chen. Über den Tri­umph der Frank­furter ist alles gesagt, Filip Kostić nimmt dabei aller­dings nochmal eine beson­dere Rolle ein. Allein für das Rück­spiel in Bar­ce­lona könnte der Verein dem Spieler ein Denkmal bauen. Oder dem Ver­eins­lied eine neue Zeile hin­zu­fügen. Zwei Tore machte Kostić in der his­to­ri­schen Nacht selbst, die Fackel von Borré berei­tete er vor. Im Finale machte er genau dort weiter und schlug eben­falls die Flanke zum wich­tigen Aus­gleich, im Elf­me­ter­schießen ver­wan­delte er dann eis­kalt.

Wer weiß schon, wie lange der Erfolg bei der Ein­tracht anhält. Womög­lich müssen die Fans bald wieder über Jahr­zehnte von diesen Jahren zehren. Spä­tes­tens dann werden die Geschichten vom ser­bi­schen Wir­bel­wind wieder raus­ge­holt. Wenn du mal Ein­tracht Frank­furt ver­lässt, sollst du das als Held tun“, sagte Glasner dem wech­sel­wil­ligen Kostić noch im Sommer. Nun ist es soweit.