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Alieu Darbo war wieder einmal schneller. Als der große Schwindel auf­ge­flogen war, hatte der damals 22-Jäh­rige die Stadt Salo­niki eilends ver­lassen. Seinen dama­ligen Berater ließ Darbo allein im Hotel Make­donia Palace“ zurück. Der Berater, der diese unglaub­liche Geschichte anonym der schwe­di­schen Zei­tung Afton­bladet“ erzählt hat, ver­bar­ri­ka­dierte sich darauf im Bad seiner Suite und litt Todes­angst. Kurz zuvor hatte er einen bit­ter­bösen Anruf von Zisis Vryzas, dem Sport­di­rektor von PAOK Salo­niki, erhalten. Vryzas, Mit­glied der grie­chi­schen Euro­pa­meister-Mann­schaft von 2004, hatte her­aus­ge­funden, dass Darbo ihn kom­plett an der Nase her­um­ge­führt hatte.

Sowohl das Emp­feh­lungs­schreiben eines schwe­di­schen Scouts, das Darbo und sein angeb­lich arg­loser Berater bei PAOK ein­ge­reicht hatten, als auch die E‑Mail von BVB-Manager Michael Zorc waren glatte Fäl­schungen. In der Mail hatte der ver­meint­liche Zorc den frü­heren U17-Natio­nal­spieler Gabuns wärms­tens emp­fohlen und PAOK einen Deal ange­boten: Die Grie­chen sollten den in Schweden gebo­renen Darbo unter Ver­trag nehmen, ihm ein paar Jahre Spiel­praxis ver­schaffen und ihn dann nach Dort­mund wei­ter­rei­chen. Für diese kleine Gefäl­lig­keit winkten den PAOK-Ver­ant­wort­li­chen bis zu vier Mil­lionen Euro – quasi als Aus­bil­dungs­ent­schä­di­gung. Ach ja, außerdem bat der fal­sche Zorc aus­drück­lich darum, dem hoch­be­gabten Spieler ein Pro­be­trai­ning zu ersparen.

Bis morgen früh seid ihr hier ver­schwunden“

Doch Vryzas war miss­trau­isch geworden. Kurz vor der Unter­zeich­nung des mehr­jäh­rigen Mil­lio­nen­ver­trages erhielt er einen Rückruf aus Dort­mund: alles Betrug! Prompt trom­melte der Sport­di­rektor ein Dut­zend PAOK-Ultras zusammen und mar­schierte mit diesen beim Hotel auf, in dem der Mit­tel­feld­spieler und sein Berater war­teten. Bis morgen früh seid ihr hier ver­schwunden!“, drohte Vryzas. Darbo machte sich lieber noch am selben Tag aus dem Staub. Sein Berater ver­brachte die Nacht in der Hotel-Bade­wanne, aus Angst, ihm könnte jemand im Schlaf ein Kissen aufs Gesicht drü­cken. Die Zim­mertür hatte er vor­sorg­lich mit einem schweren Schreib­tisch ver­ram­melt. So geschehen im Sommer 2014. Sagt der Berater.

Unglaub­lich? Es kommt noch besser.

PAOK war scheinbar nicht der erste Klub, den Darbo hin­ters Licht geführt hatte. Und auch nicht der letzte. Bereits im Juni 2013 hatte der damals 21-Jäh­rige einen Drei­jah­res­ver­trag bei Dinamo Zagreb erhalten, obwohl er zum Zeit­punkt der Unter­schrift ver­letzt“ war. Ein Pro­be­trai­ning musste Darbo nicht absol­vieren. Warum auch? Er hatte ja exzel­lente Refe­renzen vor­ge­wiesen, angeb­lich sogar vom schwe­di­schen Bayern-Scout Björn Andersson. Der hielt sich gegen­über Afton­bladet“ bedeckt, erklärte jedoch, er habe in der jün­geren Ver­gan­gen­heit gleich drei Anzeigen erstattet, weil jemand in seinem Namen fal­sche Fakten in die Welt gesetzt habe. Der FC Bayern habe eben­falls Anzeige erstattet. Gegen wen? Das ließ Andersson offen.

Er nahm die Zehn

Auch beim ita­lie­ni­schen FC Cro­tone soll Darbo mit dubiosen Emp­feh­lungen sowie zwei­fel­haften Video­zu­sam­men­schnitten gepunktet haben. Der dama­lige Serie-B-Klub prä­sen­tierte den Bur­schen mit dem Bubi­ge­sicht wenige Wochen vor dem denk­wür­digen Salo­niki-Trip als Neu­zu­gang. Darbo, der zuvor ja immerhin für Dinamo Zagreb gespielt hatte, durfte sogar seine Rücken­nummer frei wählen. Er nahm die Zehn.

Was dann pas­sierte, ist umstritten: Darbo selbst erzählte Bekannten und schwe­di­schen Medien von ras­sis­ti­schen Belei­di­gungen durch Cro­tone-Fans. Andere Quellen berichten von auf­fäl­ligen Unge­reimt­heiten in den Unter­lagen des Spie­lers. Er ver­ließ Cro­tone nach nur einem Tag.

Irgendwie erin­nert die Geschichte von Alieu Darbo frap­pie­rend an den Film Catch me if you can“. Darin spielt Leo­nardo di Caprio den vir­tuosen Betrüger Frank Aba­g­nale jr., der seinen Ver­fol­gern wieder und wieder ent­kommt. Spötter behaupten: Darbo habe in den ver­gan­genen drei­ein­halb Jahren min­des­tens ebenso viele Leute rein­ge­legt wie Aba­g­nale. Und ebenso oft sei er unge­schoren davon­ge­kommen.

In Zagreb jeden­falls spricht man nicht mehr allzu gern über Alieu Darbo. Der Ver­trag mit dem Fehl­ein­kauf wurde bereits nach vier­ein­halb Monaten auf­ge­löst. Kroa­ti­sche Insider erzählen: Auf dem Rasen sei Darbo nicht annä­hernd so trick­reich unter­wegs gewesen wie im sons­tigen Leben. Gerüchten zufolge soll Klub­chef Zdravko Mamic dem mut­maß­li­chen Hoch­stapler sogar 40.000 Euro Schwei­ge­geld gezahlt haben, damit Darbo die Bla­mage für Dinamo nicht öffent­lich machte.

Ein aus­ge­spro­chen netter Kerl

Das hätte dieser wohl eh nicht getan, denn er hatte ja noch große Pläne. Darbo wollte eine Welt­kar­riere hin­legen. Und das gelang ihm in gewisser Weise auch: Nach seinem geplatzten Mil­lionen-Coup in Salo­niki heu­erte er als nächstes in Nybergsund (Nor­wegen) an, später auf Malta, in Alge­rien und in Ägypten. Doch nir­gends blieb Darbo länger als sieben Monate. Nybergs­unds Sport­chef Ola Brenden erklärt rück­bli­ckend: Es wurde schnell klar, dass er nicht das Kaliber war, das wir uns erhofft hatten.“ Aller­dings, das scheint Brenden wichtig: Per­sön­lich sei Alieu Darbo stets ein aus­ge­spro­chen netter Kerl gewesen.

Der Junge sei ein­fach ein Bluff, ein Super-Bluff!“, sagt hin­gegen Daniel Kind­berg, Prä­si­dent des schwe­di­schen Erst­li­gisten Öster­sunds FK. 2011 soll Darbo sich selbst mit einem Wigan-Ath­letic-Trikot in der Hand foto­gra­fiert und das Bild an einen gam­bi­schen Sport­jour­na­listen wei­ter­ge­leitet haben. Prompt machte in Afrika und in Schweden die Nach­richt vom Pre­mier-League-Enga­ge­ment des Jung­ki­ckers die Runde. In Eng­land dagegen wusste – natur­gemäß – nie­mand etwas davon. Kind­berg, der zufällig mit Wigans Chef­scout befreundet ist, deckte den Schwindel auf. Wigan sah sich sogar genö­tigt, eine Pres­se­er­klä­rung auf­zu­setzen, in der man beteu­erte, nie­mals einen Spieler namens Alieu Darbo ver­pflichtet zu haben.

Er war ein­fach nicht gut genug

Der Bran­chen­dienst Trans​fer​markt​.de führte Darbo bis ein­schließ­lich Mitt­woch als Profi des mal­te­si­schen Zweit­li­gisten Naxxar Lions FC. Ange­ge­bener Markt­wert des Spie­lers: 50.000 Euro. Doch Darbo ist längst nicht mehr auf Malta. Die Lions haben den ver­meint­li­chen Star näm­lich vom Hof gejagt – im Oktober ver­gan­genen Jahres, nur einen Monat, nachdem er dort ange­heuert hatte. Alieu Darbo war ganz ein­fach nicht gut genug. Ich glaube, er wollte nach Zypern“, sagt Klub­prä­si­dent Pierre Sci­berras. Was er dort vor­hatte, weiß ich nicht.“

Obwohl: Ein bestimmter Ver­dacht liegt nahe.