Zwei der bekanntesten israelischen Profifußballer wurden 2020 beschuldigt, Sex mit Minderjährigen gehabt zu haben. Das Verfahren wurde eingestellt. Doch nun kommen neue Details ans Licht.
Im Juni 2020 hatte die israelische Polizei eine anonyme Beschwerde erhalten, dass zwei Fußballer zwei 15-jährige Mädchen sexuell missbraucht hätten. Die Schule der Mädchen erhielt die Beschwerde ebenfalls, woraufhin die Schülerinnen eine Aussage abgaben. Bei den zwei Fußballern handelte es sich um Dor Micha und Omer Atzili. Die zwei waren soeben mit Maccabi Tel Aviv Meister geworden und gehörten somit zu den Vorbildern einer ganzen Generation junger Fußballfans.
Die israelische Polizei lud die Profikicker vor, um sie mit den Anschuldigungen zu konfrontieren. Nach einem vierstündigen Verhör konnten die zwei wieder gehen, einige Wochen später wurde das Verfahren eingestellt. Der Verein der Spieler, Maccabi Tel Aviv, reagierte dennoch. Beide Spieler wurden zuerst suspendiert und verließen dann den Verein. Nach einem Jahr im Ausland wechselten beide Spieler zurück in die israelische Liga. Es schien, als wäre der Fall längst vergessen. Nun veröffentlicht der Nachrichtensender Channel 13 News jedoch Chat-Verläufe zwischen den beiden Spielern, durch welche ihre damaligen Aussagen in Frage gestellt werden dürften.
Schon damals hatte der Fall in Israel riesige Wellen geschlagen, denn die beiden waren keine Unbekannten: Maccabi hatte soeben die israelische Meisterschaft gewonnen und sowohl Micha als auch Atzili hatten einen großen Teil dazu beigetragen. Insbesondere Atzili war mit 16 Scorerpunkten einer der Stars der Mannschaft. Auch deshalb waren die Namen der Angeklagten vorerst nicht öffentlich gemacht worden.
Doch als aufgrund ihrer Suspendierung eigentlich kein Zweifel mehr bestand, um wen es sich handeln durfte, gingen sie in die Offensive. „Wir verstecken uns nicht hinter Knebelverboten“, sagten die zwei Fußballer in einem gemeinsamen Statement damals. Die zwei Mädchen hätten zu verstehen gegeben, dass sie volljährig seien. Die sahen das allerdings anders.
„Das ist eine Lüge. Wir haben nie gesagt, dass wir 18 sind. Und wir wurden auch nicht nach unserem Alter gefragt“, sagte das eine Mädchen gegenüber dem israelischen Nachrichtensender Channel 12 News. „Die Fußballspieler wussten, dass wir Schüler sind. Ich bin wirklich verletzt. Ich wurde ausgenutzt.“ Für den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen droht in Israel eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Trotz des eingestellten Verfahrens wurde es nicht ruhig um die zwei Fußballer. Nach der Suspendierung bei Maccabi Tel Aviv entschieden sich beide für einen Wechsel nach Zypern. Dor Micha wechselte zu Anorthosis, Omer Atzili zu APOEL Nikosia. Der Wechsel zeigte Wirkung: die zwei Fußballer verschwanden aus der israelischen Öffentlichkeit und mit ihnen auch das Interesse an dem Fall.
Doch ein Jahr später zog es die in Ungnade gefallenen Spieler wieder zurück in die Heimat. Und sie fanden dort auch schnell wieder einen Verein: Micha kam bei Hapoel Be’er Sheva unter, Hatzili unterschrieb bei Maccabi Haifa. Die Verpflichtungen wurden in der Öffentlichkeit kritisiert, doch die Vereine hatten mit der Freisprechung einen dankbare Rechtfertigung. Und es zahlte sich für sie aus: Be’er Sheva wurde in der vergangenen Saison Zweiter, Haifa sogar Meister. Atzili war dabei mit 30 Scorerpunkten wahrscheinlich der wichtigste Spieler im Kader.
Nun nimmt die Debatte um die Tat der zwei Spieler wieder Fahrt auf. Denn mutmaßliche Chat-Verläufe zwischen Atzili und Micha zeigen die sorgfältige Planung der Nacht mit den zwei 15-jährigen Mädchen auf. Und legen nahe, dass sie mehr wussten, als sie vor zwei Jahren zugegeben haben.
In den Nachrichten zwischen den damaligen Teamkollegen wird über den Verlauf des bevorstehenden Abends gesprochen, welche alkoholischen Getränke gekauft und ob noch weitere Drogen angeschafft werden sollen. Auch ob noch weitere Mädchen eingeladen werden sollen, wird besprochen. Mehrfach wird das hebräische Wort für Mädchen, im kindlichen Sinne, verwendet.
Inwiefern die Chat-Verläufe den eigentlich abgeschlossenen Fall noch beeinflussen können, ist unklar. Die Anwälte der zwei Spieler beteuern, dass die Nachrichten gefälscht seien. In Israel ist dadurch allerdings eine neue Debatte entstanden. Atzili spielt für die israelische Nationalmannschaft — viele Stimmen fordern nun, ihn nicht mehr für die Nationalelf zu berufen. Der israelische Fußballverband hat bereits angekündigt, sich über den Umgang mit den zwei Spielern zu beraten.