Ein neuer Rekordtorschütze aus Blaubach-Diedelkopf, scheiternde Altstars und ein Mann, der auch ohne Hals erfolgreich ist – hier ist unsere 11 der Vorrunde.
Thomas Müller
Mit seinen bisher vier Turniertoren liegt Thomas Müller auf Platz Eins der Torjägerliste und es deutet wenig darauf hin, dass er diesen Platz zu räumen gedenkt. Ob Gerd Müller demnächst gefragt wird, was er in Sachen Toreschießen alles von seinem Namesvetter gelernt hat, wissen wir nicht. In jedem Falle läuft es gut für den bayrischen Spaßvogel und Sympathieträger. Wäre da nicht dieser ärgerliche Rechtsstreit mit der Augsburger Puppenkiste, deren Produzenten die Rechte an Thomas Müllers Laufstil halten. Netter Nebeneffekt der Müllerschen Treffsicherheit: Niemand redet noch über diese unsägliche Stürmerfrage. Außer vielleicht Mario Gomez mit seinem Therapeuten.
Miroslav Klose
Mit seinem 15. Weltmeisterschaftstor schoss sich Miroslav Klose nicht nur auf den schmalen Platz neben Ronaldo als WM-Rekordtorschütze; vor allem bombte sich Klose noch tiefer in die Herzen der deutschen Fans. Aber was ist das auch für eine Wahnsinn-Story, die er mitbringt. Vom Bezirksliga-Spätstarter in Blaubach-Diedelkopf zum besten WM-Torschützen aller Zeiten, das ist die pfälzische Version der Tellerwäscher-Millionär-Geschichte. Nur geiler. Sollte Miroslav Klose die Deutschen auf seine alten Tage nun auch noch zum Titel knipsen, er müsste sich in Miroslove umbenennen, um der ihm entgegenschlagenden Sympathie überhaupt noch gerecht zu werden. Wir haben in seinem Namen beim Bürgeramt Kaiserslautern auf jeden Fall schon mal einen Antrag gestellt.
Arjen Robben
Arjen Robben ist derzeit in einer derart herausragenden Form, man könnte ihm Gummistiefel anziehen und die Arme in einer Zwangsjacke auf den Bauch binden, er wäre immer noch der beste Mann auf dem Platz. Wobei: Eine Zwangsjacke trägt er mit seinem XXS-Shirt ja irgendwie schon. Laut einer noch unbestätigten Statistik haben sich bei der WM in Brasilien bereits mehr Verteidiger wegen Arjen Robbens Zick-zack-Soli übergeben, als Fans wegen überhöhtem Bier- und/oder Feijoada-Konsums. Erschreckend.
Egidio Arévalo Ríos
Bei keinem uruguayischen Spieler kommt uns die Bezeichnung „Uru“ derart zutreffend vor wie bei Egidio Arévalo Ríos. Der Verteidiger geht mit einer solch übellaunigen Verve seiner Fußballarbeit nach, dass man meinen könnte, er würde aus den Knochen seiner Gegner am liebsten Suppe kochen. Nachdem er sie gebrochen hat, natürlich. Zudem sieht Arévalo Ríos aus wie das uneheliche Kind eines Kirmesboxers und einer Dampframme, gezeugt per Blutgrätsche. Würden wir ein Fußballspiel gegen diesen Mann bestreiten müssen, wir würden uns weinend in Embryonalstellung auf den Boden legen. Aber das machen wir ja eh ständig.
Sepp Blatter
Korruptionsvorwürfe, WM-Proteste, allgemeiner Hass, der ihm allerorten entgegenschlägt – Sepp Blatter würde wahrscheinlich auch einen Wohnungsbrand einfach stoisch aussitzen. Dafür gebührt ihm Resp.., nein, Entschuldigung, das können wir nicht schreiben. Erstaunlich ist es aber schon, mit welcher Beharrlichkeit sich der rüstige 102-jährige an seinen Thron klammert und auch während dieser WM einfach alles wegignoriert, was ihm querkommt. Prinzipiell hätte er das nicht nötig. Er ist alt und reich, er könnte sich auf seinen Landsitz in Mordor zurückziehen und seine Tage damit verbringen, im Gastarbeiterblut-Jacuzzi zu sitzen und bei einem leckeren Schmiergeld-tini vergnügt darüber nachzudenken, wie sehr er diesen Sport korrumpiert hat. Aber anscheinend ist er damit noch nicht fertig.
Pepe
An dieser Stelle sollte eigentlich Cristiano Ronaldo stehen, doch über den portugiesischen Offensiv-Lachs dürfen wir nichts mehr schreiben, da sich sonst ein öliger Film von innen über unsere Bildschirme legt. Also muss Pepe als Symbol des portugiesischen Versagens herhalten, der insbesondere durch seine Tätlichkeit im Spiel gegen die Deutschen auf sich aufmerksam machte. Obschon man sagen muss, dass sein Kopfstößchen in der Pepeschen Welt eher als Sympathiebekundung durchgeht denn als Tätlichkeit. Der Mann hat mit gröberen Fouls schon liebevoll seine Kinder umarmt.
Fred
Würden alle Menschen bei einem derart leichten Kontakt zu Boden sinken, wie es Brasiliens Fred im Eröffnungsspiel im kroatischen Strafraum tat, die Menschheit wäre nicht mehr handlungsfähig. S‑Bahnen voller hilflos am Boden liegender Passagiere, Einkaufsstraßen voller Elfmeter fordernder Passanten, Supermarktkassen, vor denen reklamierende Kunden liegen. Gegen starke Kroaten war Freds geschundener Elfmeter der Knotenlöser und beruhigte die Selecao deutlich, man kann ein WM-Auftaktmatch aber sicherlich stilvoller bestreiten. Vor allem Freds ständiges gen Himmel zeigen ist unter dem Eindruck der Schwalbe an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Aber wenigstens hat er nicht dieses verfluchte Jubel-Herz gemacht.
Luis Suarez
Was genau im Kopf von Uruguays Roy-Maakay-Double Luis Suarez vorging, als er Giorgio Chiellini in die Schulter biss, weiß wahrscheinlich nur Suarez selber. Und vielleicht noch sein Brieffreund Armin Meiwes. Auf jeden Fall war Suarez’ Aussetzer der Aufreger der Vorrunde, den der Stürmer von Liverpool nun mit einer rekordverdächtigen Strafe bezahlt und den Rest des Turniers am Fernseher verfolgen darf. Aus Erfahrung können wir ihm sagen, dass das durchaus auch Spaß machen kann. Auch wenn er das wahrscheinlich anders sieht. Irgendwo können wir den Mann auch verstehen, schließlich essen auch wir gerne italienisch. Und außerdem: Wer so schöne Zähne, der sollte sie auch benutzen dürfen.
Xavi
Was Spaniens bälleverteilender Brummkreisel nach der verpatzten WM samt Vorrunden-Aus macht, ist noch unbekannt. Ob er den Rollator endgültig an den Nagel hängt oder ob er irgendwo in Katar für ein paar Petrodollars noch ein paar Traumpässe aus den Thrombosestrümpfen zaubert, wird sich demnächst klären. Bis dahin verneigen wir uns vor dem Altmeister, dessen Zeit bei dieser WM endgültig abgelaufen zu sein scheint. Das Ende einer Ära.
Wayne Rooney
Das Ende einer Ära wäre bei den Engländern dann zu beobachten, wenn sie mal aufhören würden, sich bei Turnieren so dämlich anzustellen. Nach einer lausigen Vorrunde war Schluss für Lampard, Terry und Co., insbesondere an Wayne Rooney entlud sich die Kritik. Obwohl Rooney immerhin sein erstes WM-Tor schoss. Geholfen hat es nichts, insgesamt waren die Vorstellungen der Engländer zum Haare raufen. Gut, dass man die transplantieren kann. Die freie Zeit kommt Rooney indes gelegen. In der Sommerpause hat er nun genug Zeit, sich auf die Dreharbeiten der Real-Life-Version von Shrek zu konzentrieren, in der er die Hauptrolle spielt.
Miguel Herrera
Mexikos Coach Miguel Herrera an der Seitenlinie zu beobachten, hat paradoxerweise eine angenehm beruhigende Wirkung. Wie eine Lavalampe, gefüllt mit Hass. Wahrscheinlich liegt die Zuneigung, die wir verspüren, wenn wir ihn mit hochrotem Kopf herumspringen sehen, daran, dass er unter all den geschniegelten, beseidenschalten Weltmännern an den Seitenlinien als einer der letzten den Eindruck macht, als hätte er lieber die gute alte Ballonseide am Leib und würde Obszönitäten auf einen Kreisligaplatz brüllen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Herrera uns vorlebt, auch ohne Hals erfolgreich sein zu können. Der Mann ist ein Held.