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Das Inter­view erschien erst­mals in unserem 11FREUNDE SPE­ZIAL TORE“. Das Heft mit allen wich­tigen, schönen, kuriosen und spek­ta­kuären Toren (und den Geschichten dahinter) gibt es bei uns im Shop

Jan-Aage Fjör­toft, was ist ein schönes Tor?
Distanz­treffer in den Winkel sehen toll aus, sind aber oft pures Glück. Mich fas­zi­nieren Tore, bei denen sich der Stürmer etwas gedacht hat und Fuß­ball für ein paar Sekunden aus­sieht wie ein Schach­spiel.

Gerd Mül­lers Losung lau­tete: Wennst denkst, is’ eh zu spät.“ Sollten sich Stürmer wirk­lich den Kopf zer­bre­chen?
Müller hat natür­lich Recht. Aber gute Fuß­baller auto­ma­ti­sieren bestimmte Bewe­gungen und können sie in den jewei­ligen Situa­tionen abrufen, ohne lange nach­zu­denken. Sie können schnell anti­zi­pieren und in Sekun­den­bruch­teilen einen Plan ent­wi­ckeln.

Neu­lich haben Sie das Video zu einem Kaka-Tor get­wit­tert. Dazu schrieben Sie: Dieses Tor hat alles.“ Warum?
Zunächst mal war es ein sehr wich­tiges Spiel, AC Mai­land traf im Cham­pions-League-Halb­fi­nale auf Man­chester United. Kaka gerät in eine Situa­tion, die aus­sichtslos erscheint: Auf der halb­linken Außen­po­si­tion sieht er sich alleine zwei Gegen­spie­lern gegen­über, die ihn in die Zange nehmen. Was tun? In Sekun­den­schnelle wägt Kaka die mög­li­chen Optionen ab und ent­wi­ckelt einen Lösungsweg: Er hebt den Ball über den ersten Gegen­spieler, der dadurch kurz die Ori­en­tie­rung ver­liert. Dann köpft er den Ball durch eine Schnitt­stelle zwi­schen den beiden Spie­lern hin­durch, die sich des­halb gegen­seitig über den Haufen laufen. Kaka umkurvt die fal­lenden Spieler und führt den Ball wieder flach am Fuß, weil er ihn zuvor schlau­er­weise zu Boden geköpft hat. Am Ende schiebt er lässig ein.

Was für ein Stür­mertyp waren Sie?
Ich habe mir dar­über erst nach meiner Kar­riere Gedanken gemacht. Ich hatte einen okayen Schuss, ein okayes Kopf­ball­spiel und ein okayes Dribb­ling. Im Ganzen war ich also ein okayer Stürmer. (Lacht.) Trotzdem habe ich in Eng­land und Deutsch­land gespielt, was mehr als okay ist. Viel­leicht haben die Trainer gesehen, dass ich Situa­tionen gut erahnen und gewitzte Tore schießen konnte.

Was war ein gewitztes Fjör­toft-Tor?
Ich erin­nere mich gerne an meinen ersten Bun­des­li­ga­treffer im Winter 1998. Wir spielten gegen Schalke, bei denen Oliver Reck im Tor stand. Ein guter Keeper, der aber manchmal daneben griff. In einer Situa­tion fing er eine Flanke ab. Fast alle Spieler wandten ihm danach den Rücken zu und trabten aus dem Straf­raum. Ich blieb aber stehen, in der Hoff­nung, dass noch etwas pas­sieren würde. Auf einmal ließ er den Ball tat­säch­lich fallen – und ich drückte ihn über die Linie. Solche Treffer werden nie Tor des Jahres“, ich liebe sie trotzdem.

Ihr bekann­testes Tor schossen Sie am 29. Mai 1999 gegen Kai­sers­lau­tern. Beim Stande von 4:1 liefen Sie alleine auf das geg­ne­ri­sche Tor zu, machten einen Über­steiger und schossen zum 5:1 ein. Ein­tracht Frank­furt war gerettet. War das auch ein gewitzter Fjör­toft?
Es war Rou­tine. Ich hatte die Bewe­gung auto­ma­ti­siert, hun­derte Male im Trai­ning und Spielen erprobt. Fragen Sie mal einen Nor­weger nach mir.

Was würde er ant­worten?
Er wird Ihnen nicht von dem Tor gegen Kai­sers­lau­tern erzählen, son­dern von meinen Über­stei­ger­toren gegen Kamerun oder in der WM-Qua­li­fi­ka­tion 1993 gegen Polen. Schon vor meiner Frank­furter Zeit gab es in Nor­wegen die Rede­wen­dung einen Fjör­toft machen“. Als ich gegen den FCK auf Andreas Reinke zulief, war ich daher nicht nervös. Ich konnte alles aus­blenden, den dro­henden Abstieg, die 60 000 Zuschauer im Sta­dion. Ich wusste, dass ich mit diesem Über­stei­ger­schuss treffen kann.

Sie hätten zum Deppen der Bun­des­liga werden können.
Natür­lich. Obwohl Eins-gegen-Eins-Situa­tionen oft falsch bewertet werden. Viele Fans und Experten denken, der Stürmer sei im Vor­teil. Das Pro­blem ist nur: Wenn ein Spieler frontal auf den Tor­hüter zurennt, ist der Winkel für den Angreifer schlecht. Er kann den Ball lupfen, hart schießen oder den Tor­hüter aus­drib­beln. Alles viel zu ris­kant. Daher ent­wi­ckelte ich schon als Jugend­spieler den Über­stei­ger­schuss.