Der Ausnahmeprofi Miodrag Belodedici floh vor dem Ceausescu-Regime – und wurde bei seinem neuen Klub nicht erkannt. Er gewann mit Belgrad und Bukarest den Landesmeister-Cup. Der Grundstein dafür war ein Puzzle von Franz Beckenbauer.
Am 25. Dezember 1989 wurde das rumänische Staatsoberhaupt Nicolae Ceausescu zusammen mit seiner berüchtigten Gattin Elena nach einem außerordentlichen und kurzen Strafprozess von vier Fallschirmjägern in Targoviste exekutiert. Miodrag Belodedici (oberes Bild: 2.v.r.o., beim Finale 1991) verfolgte diese historischen Ereignisse von seinem Exil in Belgrad aus, wohin er ein Jahr zuvor geflohen war. Er galt damals als einer der besten Liberos Europas, verließ den Armeeverein Steaua, um bei seinem Lieblingsverein Roter Stern Belgrad anzuheuern.
Mit der rotweißen „Zvezda“ holte er 1991 seinen zweiten Landesmeistercup, nachdem er dies zum ersten Mal 1986 mit Steaua geschafft hatte. Ein Novum im europäischen Fußball, zumal er der erste Spieler war, der den Henkelpott mit zwei verschiedenen Teams gewann. Heute lebt der 55-Jährige wieder in Bukarest und ist Botschafter des rumänischen Fußballverbandes und von UNICEF.
An Weihnachten war der 30. Jahrestag vom Ende der Ceausescu-Diktatur. Wo haben Sie den Umsturz erlebt?
Ich war in Belgrad und habe die Fernsehbilder von den Massenprotesten in Bukarest verfolgt. Mir stockte der Atem. Ich habe dann auch telefonisch mit Freunden in Rumänien gesprochen, die mir von den zahlreichen Toten in der rumänischen Hauptstadt erzählten.
Ein Jahr zuvor waren Sie aus Rumänien geflüchtet und hatten Asyl im damaligen Jugoslawien beantragt. Wie kam es dazu?
Ich hatte den Entschluss schon seit längerem gefasst und darüber lediglich mit meinen Mitspielern Gheorghe Hagi und Gavril Balint gesprochen. Ich entstamme der serbischen Minderheit im Banat und für mich war es irgendwie naheliegend, nach Jugoslawien bzw. Serbien auszusiedeln. Ausschlaggebend war jedoch die Unfreiheit in Rumänien, obwohl wir als Fußballer des Militärclubs Steaua etliche Privilegien genossen. Trotzdem mussten wir immer wieder schlucken, wenn wir auf Auslandsreisen sahen, wie andere Bürger Europas lebten, während meine Landsleute Zucker rationieren mussten.
Sie nutzten einen Weihnachtsbesuch im Dezember 1988, um sich in Serbien abzusetzen und lösten anschließend einen diplomatischen Schlagabtausch zwischen Rumänien und Jugoslawien aus. Selbst Ihr damaliger Trainer, Anghel Iordanescu, hat Sie besucht, um Sie umzustimmen.
Er kam und setzte mir eine Frist von drei Tagen, um mit ihm nach Bukarest zurückzukehren. Leider musste er seine Rückreise alleine antreten. (schmunzelt)
Sie wollten unbedingt zu ihrem Lieblingsverein Roter Stern Belgrad, standen dort anfangs vor verschlossenen Toren. Hat man Sie nicht erkannt?
Am Anfang anscheinend nicht. Ich war mit einem Bekannten bei der Vereinszentrale in Belgrad und wollte bei der Clublegende und dem damaligen Generaldirektor Dragan Dzajic vorsprechen, wurde aber abgewiesen. Ich hatte lediglich Zeitungsausschnitte dabei, die meine Identität bezeugen sollten. Googeln konnten man mich damals noch nicht.
Sie hätten jederzeit beim Stadtrivalen Partizan Belgrad anheuern können, der Sie mit Handkuss genommen hätte.
In der Tat hatte ich das Angebot, mich Partizan anzuschließen. Aber mein Wunsch war es, bei „Zvezda“ zu spielen, dem Club, den ich seit Kindestagen unterstützte. Meine Beharrlichkeit zahlte sich letztendlich auch aus und ich wurde bei Dzajic vorstellig. Er konnte das am Anfang nicht glauben. „Du bist Belodedici, der Libero von Steaua“, sagte er mir immer wieder misstrauisch.
Sie wurden dann erstmal von der FIFA gesperrt und mussten mit dem Reserveteam von Belgrad antreten. Wie haben Sie diese Zeit überbrückt?
Ich habe mit dem Team trainiert, durfte aber nicht in der Meisterschaft und im Europapokal teilnehmen. Es war mehr als frustrierend. In der Zeit hatte ich ein lukratives Angebot von Galatasaray. Die Türken versprachen mir, dass ich dort spielen dürfte. Ich war aber sehr argwöhnisch und zudem wusste ich nicht, ob ich wegen meiner Flucht eventuell noch belangt werden könnte. Das Ceausescu-Regime war zu jenem Zeitpunkt noch potent und omnipräsent.