Diese Story ist so unglaublich, dass sie es vermutlich in kein Narcos-Drehbuch geschafft hätte. Es geht um die WM, Geheimagenten und einen gigantischen Drogenhandel, der live über die Monitore des WM-Sendezentrums flimmerte.
Doch die Herren vom Kartell waren nicht die einzigen „Fans“, die an jenem 24. Juni wenig Augen für Kolumbiens spektakulär herausgespielten 3:0‑Erfolg hatten. Das konspirative Gespräch zwischen den beiden Zelleninsassen in Holland, scheint es, war von Drogenfahndern abgehört worden.
Ultra-HD-Kameras
Und so hatte sich an diesem wunderschönen 24. Juni auch ein internationaler Trupp von Fahndern, bestehend aus russischen, kolumbianischen, holländischen, belgischen und US-Spezialagenten, auf der Tribüne eingenistet – unter tatkräftiger Mithilfe der FIFA und des russischen Geheimdienstes. Die FIFA stellte sogar eine ganze Batterie hochauflösender Ultra-HD-Kameras ihres Host-TV-Broadcasters zur Verfügung, um das Dealer-Treffen über mehrere Stunden lückenlos zu dokumentieren und dadurch wichtiges Beweismaterial zu sichern. Für die Ermittler lief es an diesem Tag genauso reibungslos wie für die kolumbianische Mannschaft. Die Kriminellen hingegen hatten mindestens so eine Klatsche kassiert wie das polnische Team – nur, dass sie zu diesem Zeitpunkt davon noch nichts ahnen konnten.
Als einige Tage nach der Weltmeisterschaft zwei Niederländer nach Panama reisten, um sich von dort nach Kolumbien einschleusen zu lassen, ahnten sie nicht, dass jede ihrer Bewegungen überwacht wurde. Und als die illustre Reisegesellschaft schließlich am 3. August im Hafen von Rotterdam einlief – natürlich, ganz stilecht, an Bord eines Bananen-Transporters – wurde sie bereits von der holländischen Polizei erwartet. Neben 7,5 Tonnen reinsten Kokains gingen den Fahndern insgesamt 13 hochrangige Mitglieder eines paneuropäischen Großdealer-Rings in die Fänge. Auch in Kolumbien klickten in der Folge zahlreiche Handschellen.
800 Millionen Portionen
General Fabián Cárdenas, der Direktor der kolumbianischen Anti-Drogen-Behörde, jubelte nach Abschluss der Ermittlungen mindestens so ausgelassen wie nach Kolumbiens 3:0 über Polen: „Die ausdauernde und koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Behörden verschiedener Länder hat bewirkt, dass wir ein internationales Netzwerk sprengen konnten. Und sie hat obendrein verhindert, dass 800 Millionen Portionen Kokain in Umlauf gelangen konnten.“
Nicht bekannt ist hingegen, wie die zwei Planungs-Genies aus Kolumbien und Mexiko die Nachricht vom Fahndungserfolg in ihrer holländischen Zelle aufgenommen haben. Für beide ist es jeweils die zweite aufgeflogene Drogenlieferung. Und derartige Verluste werden in dieser Branche, das weiß man aus der Netflix-Serie „Narcos“, eher mürrisch quittiert.