In manchen Stadien in Deutschland haben sie nicht nur einen an der Klatsche, sondern gleich Tausende. Ein Gespenst geht um: Die Klatschpappen auf den Tribünen, zuletzt in Erscheinung getreten in Freiburg und in München beim Champions-League-Spiel. Eine Kritik.
Die Bedrohung hat sich lange angedeutet, doch alle Warnungen wurden ignoriert. Nun breitet sich das Böse immer schneller aus. Ein Großteil der Fußball-Fans schaut nur noch fassungslos zu, Forscher sprechen bereits von „Amerikanisierung“ oder „Basketballisierung“, der Politik sind die Hände gebunden. Es handelt sich um jene faltbaren Pappstücke, die auf den Sitzen der Zuschauer bereit gelegt werden – eine Falle von Marketingexperten, die Vereine unterwandern und ihre perfiden Strategien wahlweise aus China, im schlimmeren Fall aus dem ZDF-Fernsehgarten importieren.
Ahnungslose Tribünenbesucher greifen zu und entledigen sich in Sekundenschnelle ihres erlernten Habitus‘. Synapsen schrumpfen auf den Stand der frühkindlichen Phase zurück, das Sprachzentrum bricht komplett zusammen. V‑Leute berichten:
„Die Zuschauer auf den Tribünen schauen erst skeptisch, dann schnappen sie sich die Klatschpappen, hämmern auf die Hand oder eine Stange. Erst langsam, dann immer schneller. Daraufhin freuen sie sich über das Echo ihres Klatschens. Sie werden angestachelt, apathisch, geben komische Laute von sich. Sie klatschen auch bei Gesängen des Gegners, Musikeinspielungen oder beim Toilettengang. Nicht wenige hauen so lange drauf los, bis die Pappen reißen. Dann zeigen sie ihrem Nebenmann stolz die Einrisse. Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte, ich würde es nicht glauben.“
Noch erschreckender: Die Propaganda läuft. Immer wieder werden Klatschpappen als für den Fußball stimmungsbildendes Mittel angepriesen. Verschwiegen wird, dass der 4/4‑Takt-Brechreiz dem monotonen Vuvuzela-Lärm in nichts nachsteht, dabei Gesänge und Atmosphäre schlicht übertönt. Eine Kakophonie des Grauens, die dem Raunen, den Rufen, den Schreien, mithin den gesamten Resonanzmöglichkeiten eines dynamischen und vibrierenden Stadions den Garaus macht.
Wer nun auf den Erfolg der Klatschpappen in anderen Sportarten hinweist, dem sei empfohlen, mal mit Eishockeyfans auf den Stehrängen zu sprechen, was sie davon halten. Wer Klatschpappen als besonders friedlichen Stimmungsmacher ansieht, der soll sich als Unbeteiligter mal 90 Minuten neben einen Klatschpappen-Hämmerer setzen. Und dem sei dann eine Textstelle in einem Kettcar-Song empfohlen:
„Wenn das der Frieden ist, lass niemals Krieg sein.“