Lionel Messi will den FC Barcelona verlassen. Sein Streit mit dem Präsident Josep Bartomeu ist eskaliert. Wie konnte es nur so weit kommen?
Wenn die Gegenwart trist ist, hilft manchmal nur noch ein Blick in die Vergangenheit. So bemühten die großen Sportzeitungen Barcelonas die Historie, um ein wenig Hoffnung verbreiten zu können. Vor vier Jahren habe es schon mal einen ähnlichen Fast-Abschied von Lionel Messi gegeben, schrieben die Blätter. Damals war der Star nach dem verlorenen Finale der Copa America tief gekränkt aus der argentinischen Nationalmannschaft zurückgetreten, nur um dann einige Wochen später seine Entscheidung zu revidieren.
So viel Zeit darf dieses Mal freilich nicht verstreichen, aber vielleicht besteht ja doch noch eine Möglichkeit, dass es sich Messi anders überlegt und beim FC Barcelona bleibt.Vieles bewegt sich derzeit im Vagen beim FC Barcelona. Einen Tag nach Messis schriftlicher Kündigung verblüffte der neue Sportdirektor Ramon Planes mit der Aussage, man plane sehr wohl mit Messi und habe nicht vor, ihn ziehen zu lassen. Ein unwürdiger, unschöner Rechtsstreit könnte bevorstehen zwischen dem Klub und seinem wichtigsten Spieler. Der Argentinier will von einer Option Gebrauch machen, die ihm jährlich einen ablösefreien Ausstieg aus seinem bis 2021 gültigen Vertrag erlaubt. Die Klausel gilt jedoch nur bis zum 10. Juni eines Jahres. Und offenbar sind die Katalanen nicht gewillt, trotz des verspäteten Saisonendes von dieser Frist abzurücken.
Es gärt auf allen Ebenen. Nach dem Bekanntwerden von Messis Kündigung war eine größere Gruppe von Fans zum Camp Nou gezogen und hatte lautstark den Rücktritt von Präsident Josep Maria Bartomeu gefordert. Dass dieser dem Wunsch der Anhänger nachkommt, ist nur schwer vorstellbar. Weil Bartomeu sich von allein kaum bewegen dürfte, versucht der katalanische Geschäftsmann Jordi Farré nachzuhelfen. Am Mittwoch brachte er einen Misstrauensantrag auf den Weg, um Bartomeu doch noch vor den Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr loszuwerden. Sollte es eine kleine Chance geben, den grollenden Messi umzustimmen, dann nur durch Bartomeus Demission.
Die Fehde zwischen den beiden mächtigsten Männern im Verein zieht sich schon länger hin. Im vergangenen Spätsommer pochte der Kapitän sehr ausdrücklich auf eine Rückholaktion von Neymar, die Bartomeu auch zugesagt haben soll. Innerhalb des Präsidiums soll man sich aber gegen den Brasilianer ausgesprochen haben. Die Flüge der Funktionäre nach Paris waren demnach nur Ablenkungsmanöver, um Messi zu besänftigen. Nach dem Motto: „Wir haben alles versucht, aber leider war es nicht möglich.“ Statt Neymar kam Antoine Griezmann für 120 Millionen Euro von Atletico. Der Franzose wurde von Messi mit einem frostigen Interview empfangen, das der Kapitän der Zeitung „Sport“ gab. „Ich kenne ihn kaum“, sprach Messi. Das soll sich bis heute nicht geändert haben. Griezmann kam bei Barça auch nicht an, weil ihn die Führungsspieler um Messi konsequent schneiden.
Immer problematischer wurde die Situation zwischen Bartomeu und Messi nach dem Jahreswechsel. Die Entlassung des beim Team beliebten Trainers Ernesto Valverde stieß dem Kapitän bitter auf. Seinen Nachfolger Quique Setien sabotierte Messi regelrecht, indem er immer wieder dessen fachliche Eignung öffentlich infrage stellte. Der Klub verlor sich in Intrigen und Machtkämpfen, die an Handlungen aus den in Spanien beliebten Telenovelas erinnerten. Eine Affäre namens „Barçagate“ passte in dieses Bild: Der Vorstand hatte eine Firma engagiert, die in den sozialen Netzwerken mit fingierten Accounts gegen ehemalige und aktuelle Größen hetzte. Unter anderem auch gegen Messi. Er und andere wie Pep Guardiola sollten schlecht gemacht werden, während das Präsidium als Hüter der Ordnung dargestellt wurde.