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Horst Leu­pold, wie schafft man es, als Deut­scher Meister abzu­steigen?
In ein paar Worten ist das kaum zu sagen, es gibt so viele Gründe für den Abstieg.

Welche waren es denn vor allem?
Der Nie­der­gang war ein schlei­chender Pro­zess. Trainer Max Merkel war eine domi­nante Per­sön­lich­keit, um es mal vor­sichtig aus­zu­drü­cken. Im Vor­jahr haben wir unglaub­lich gut gespielt und sind sou­verän Meister geworden. Aber Merkel hat die Meis­ter­schaft für sich bean­sprucht. In seiner Auf­fas­sung war er allein Meister geworden, nicht wir gemeinsam. Nach der Meis­ter­schaft gab es einen radi­kalen Umbruch.

Wie sah der aus?
In der Meis­ter­saison hatten wir einen sehr kleinen Kader, wir bestritten die Spiel­zeit mit nur 15 Spie­lern. Er gab drei unserer wich­tigsten Spieler ab. Franz Brungs, unseren Tor­jäger, Mit­tel­feld­spieler Charly Fer­schel und Gustl Starek, der ein ganz vor­züg­li­cher Fuß­baller war. Ein Spiel­ma­cher, der selber auch die Tore machen konnte. Die drei waren abso­lute Leis­tungs­träger. Ob Merkel sie aus finan­zi­ellen Gründen abgab oder was er sich sonst dabei gedacht hat, weiß ich bis heute nicht.

Welche Folgen hatten die Trans­fers?
Nachdem Merkel die drei Leis­tungs­träger abge­geben hatte, ver­pflich­tete er 13 neue Spieler. Er sagte, er wolle aus einem Bau­ern­or­chester ein Sym­pho­nie­or­chester machen. Die Spieler, die er holte, waren aber höchs­tens Ergän­zungs­spieler, manche hatten über­haupt keine Bun­des­li­ga­taug­lich­keit. Wirk­liche Ver­stär­kungen waren nicht dabei, geschweige denn, dass man die drei Leis­tungs­träger ersetzen konnte. Und dann war auch noch die Vor­be­rei­tung eine Kata­strophe.

Wieso das?
Merkel setzte ein Trai­nings­lager an, im Klein­wal­sertal, wo wir ein soge­nanntes Höhen­trai­ning absol­vierten. Das hatte aber mit dem Höhen­trai­ning, das heut­zu­tage auch ab und zu gemacht wird, aber absolut nichts zu tun. Merkel setzte bru­tale Berg­läufe an, ins­be­son­dere aus­gie­bige Berg­ab­läufe. Wir sind auf 2.500 Meter hoch­ge­fahren und mussten quer­feldein wieder run­ter­laufen. Wir konnten im Anschluß prak­tisch keinen Sprint mehr anziehen, die Mus­ku­latur war am Ende. Die Saison begann und wir waren in einer kör­per­lich deso­laten Ver­fas­sung. 

Die Saison ver­lief von Beginn an denkbar schlecht.
Ja, teil­weise standen aus der Meis­ter­mann­schaft nur noch drei Spieler auf dem Platz, der Rest war auf­ge­füllt mit Mer­kels soge­nannten Ver­stär­kungen. Wir haben über­haupt keine Chance gehabt, in der Liga Fuß zu fassen. Und mit jedem ver­lo­renen Spiel wurde es schlimmer. Merkel konnte mit den Nie­der­lagen nicht umgehen. Es war irgend­wann brutal schwer, über­haupt noch mit ihm aus­zu­kommen.

Merkel wurde erst in der Rück­runde ent­lassen. Zu spät?
Der Club hat ihn sehr lange gewähren lassen. Damals warf man den Trainer nicht gleich raus, außerdem war Merkel wie gesagt eine sehr domi­nante Per­sön­lich­keit, es hat sich lange nie­mand an ihn ran­ge­traut. Als es aber immer schlimmer mit ihm wurde, war er irgend­wann nicht mehr zu halten. Er wurde ent­lassen und der Club machte seinen Assis­tenten Robert Körner zum Chef. Ein großer Fehler, denn Körner war Merkel noch sehr ver­bunden und hat auch nach dessen Ent­las­sung jede Ent­schei­dung mit ihm abge­spro­chen. Der Erfolg blieb natür­lich aus. Körner musste auch gehen und es kam Kuno Klötzer. Den Schnitt hätte man gleich machen müssen.

Wurde es unter Klötzer besser?
Unter Klötzer spielten wir einige ganz gute Spiele in der Rück­runde und schafften wieder den Anschluss. Wir hätten es aus eigener Kraft schaffen können. Am vor­letzten Spieltag trafen wir dann auf Dort­mund. Mit einem Sieg wären wir am BVB vor­bei­ge­zogen und hätten die Abstiegs­ränge ver­lassen. Wir spielten aber nur 2:2.

Es gab Gerüchte, dass Tor­hüter Jürgen Rynio, der für die neue Saison bereits in Dort­mund unter­schrieben hatte, absicht­lich zweimal patzte.
Wir hatten zwei Spieler im Team, deren Wechsel zu Dort­mund bereits beschlossen war, unter anderem Jürgen Rynio. Bei beiden Gegen­toren sah er unglück­lich aus, um es mal vor­sichtig zu for­mu­lieren. Es ist schwer zu sagen, ob er die Schüsse halten muss oder nicht. Durch den Ver­trag, den er beim BVB bereits unter­schrieben hatte, hatte das natür­lich ein Geschmäckle.

Am letzten Spieltag ging es zum eben­falls abstiegs­be­drohten 1. FC Köln. War dort nichts mehr zu retten?
Wir fuhren nach Köln und wussten, dass wir gewinnen müssen, damit wir die Klasse halten und Köln absteigt. Die Kölner haben sich das aber nicht nehmen lassen und auf eigenem Platz sou­verän gewonnen. So sind wir als Meister abge­stiegen.

War das Ihre dun­kelste Stunde?
Sicher. Ich bin seit der Jugend im Verein. Es war eine große Sache, Meister zu werden und nur ein Jahr später steht man am Abgrund. Wir hatten bis zum letzten Spiel noch Hoff­nung, danach brach eine Welt für mich zusammen. Wenn man so sehr mit dem Verein ver­wachsen ist, tut das unglaub­lich weh.

Haben Sie inzwi­schen Ihren Frieden damit gemacht?
Ja. Ich bin immer beim Club geblieben, auch in der zweiten Liga. Ich habe meine ganze Kar­riere hier ver­bracht und bin auch heute noch sehr prä­sent, im Ver­eins­beirat zum Bei­spiel. Der Club ist ein­fach mein Verein.