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Es waren harte Jahre für den ita­lie­ni­schen Fuß­ball. Mani­pu­la­ti­ons­skandal, Pro­teste durch Ultras, leere Sta­dien – der ita­lie­ni­sche Fuß­ball hatte schon bes­sere Zeiten hinter sich. Seit Inters Tri­umph im Jahr 2010 kam kein ita­lie­ni­sches Team mehr über das Vier­tel­fi­nale hinaus..

Damit sollte jetzt Schluss sein. Juventus Turin steht zum ersten Mal nach 12 Jahren wieder im Cham­pions-League-Finale. Es fühlt sich ein biss­chen wie die Mün­chener Final­teil­nahme 2010 an; ein euro­päi­scher Spit­zen­klub kehrt nach einem Jahr­zehnt Lei­dens­zeit in den Kreis der inter­na­tio­nalen Top-Teams zurück. Doch dort enden die Par­al­lelen mit den Mün­chener Bayern schon. Anders als die Mün­chener in der van-Gaal-Ära ist Juve kein Team der jungen Wilden, im Gegen­teil: Es ist die alte ita­lie­ni­sche Schule, die Juventus zurück an die Spitze geführt hat.

Tak­tisch top

Dem Kli­schee nach saugen Ita­liener Fuß­ball­taktik schon mit der Mut­ter­milch auf; statt Dada-Baby­ge­spräche zu führen, phi­lo­so­phiert der Ita­liener mit seinem Kind lieber über das 4−4−2. Auch Juventus ist tak­tisch auf inter­na­tio­nalem Top-Niveau, gerade was die Defen­sive angeht.

Ein großer Vor­teil von Juventus ist, dass sie zwei Sys­teme beherr­schen: Sie können in einem defen­si­veren 5 – 3‑2-System antreten, das ihnen Ex-Trainer Antonio Conte ein­ge­impft hat, beherr­schen aber auch das vom neuen Coach Mas­si­mi­liano Allegri favo­ri­sierte 4−3−1−2. Im Cham­pions-League-Finale dürfte Allegri auf seine“ 4 – 3‑1 – 2‑Raute setzen, auch weil mit Giorgio Chiel­lini ein Stamm-Innen­ver­tei­diger ange­schlagen ist.

Ita­lie­ni­sche Defen­siv­kunst

Juventus zeichnet sich durch eine her­vor­ra­gende Defen­sive aus. Ab und an pressen sie hoch, die beiden Stürmer laufen dann mit Ter­rier Arturo Vidal die geg­ne­ri­schen Ver­tei­diger an. Wohler fühlt sich Juventus aber, wenn sie sich an den eigenen Straf­raum zurück­ziehen können.

In der eigenen Hälfte geht ihre Mit­tel­feld­raute dabei in ein fla­ches 4−4−2 über, wobei die Mit­tel­feld­reihe enorm kom­pakt agiert. Juventus schließt einer­seits die Räume, ande­rer­seits schießen die enorm dyna­mi­schen Mit­tel­feld­ak­teure um Vidal auch immer wieder zu Pres­sin­g­at­ta­cken hervor. Juventus beherrscht das Ver­schieben inner­halb dieser Ketten dabei im Schlaf.

Auch im Ball­be­sitz erin­nert Juventus an einen ita­lie­ni­schen Eis­ver­käufer: Sie schieben lieber eine ruhige Kugel und hetzen sich nicht ab. Der Ball wird langsam in der Abwehr zir­ku­liert, um dann mit einem plötz­li­chen Ver­ti­kal­pass auf Stürmer Tevez oder Morata durch­zu­bre­chen. Gerade Tevez genießt viele Frei­heiten und bewegt sich gerne zwi­schen den geg­ne­ri­schen Ketten.

Dieses läs­sige Auf­bau­spiel trägt die Hand­schrift von Andrea Pirlo. Er genießt im defen­siven Mit­tel­feld alle Frei­heiten, lässt sich weit fallen und spielt seine cha­rak­te­ris­ti­schen Pirlo-Bälle; weit und prä­zise. Mar­chisio und Pogba dienen neben ihm als Abfang­jäger, die einer­seits selber nach vorne laufen und für Unord­nung sorgen, ande­rer­seits aber auch die Räume besetzen, die der Maestro bei all seiner Ball­ori­en­tiert­heit ver­nach­läs­sigt.

Kann Juve das Barca-Tempo mit­gehen?

Vor dem Barca-Spiel bleibt die große Frage, ob Juventus das enorme Tempo, das Messi und Neymar anschlagen, mit­gehen kann. Pirlo ist ein Großer des Welt­fuß­balls, bei hoher Geschwin­dig­keit und unter hohem Druck neigt er jedoch dazu, Fehler zu machen – das Alter macht auch vor Typen wie ihm nicht halt. Glei­ches gilt für Tor­mann Buffon, der spie­le­risch hinter Neuer oder ter Stegen zurück­ste­cken muss.

Zugleich könnte das hohe Pres­sing Barcas auch eine Chance für Juventus sein. Wenn es ihnen gelingt, Tevez mit direkten Ver­ti­kal­pässen zwi­schen Barcas Linien ein­zu­setzen, könnten schnelle Kon­ter­chancen ent­stehen. Ande­rer­seits sind die genannten Pirlo und Buffon wie auch Chiel­lini-Ersatz Bar­zagli immer zu einem Fehler gut.

Auf­trag: Messi stoppen

Die große Frage wird aber ohnehin sein, ob Juventus Messi wird stoppen können. Ihre Raute bietet theo­re­tisch die Chance, Messi auf seiner halb­rechten Posi­tion in einem Dreieck aus Ver­tei­di­gern gefan­gen­zu­nehmen. Bar­zagli, Evra und Pogba dürften sich in seinem Wir­kungs­kreis auf­halten. Ob das genügt, den ET des Fuß­balls irdisch werden zu lassen?

Juventus hat wenig zu ver­lieren. Für sie ist es bereits ein Erfolg, nach Jahren des inter­na­tio­nalen Mit­tel­maßes end­lich wieder ein Finale spielen zu dürfen. Und doch sollte man sie nicht unter­schätzen. Die ita­lie­ni­sche Cle­ver­ness lebt weiter im Juventus des Jahres 2015 – und an der ita­lie­ni­schen Cle­ver­ness sind schon ganz andere Teams geschei­tert. Fragen Sie mal Welt­meister-Trainer Jogi Löw.