Im vergangenen Sommer rettete sich der albanische Erstligist FK Vllaznia nur knapp vor dem Abstieg. Dann wurde Thomas Brdaric Trainer und machte die Mannschaft zum Titelkandidaten. Über Albaniens neuen Startrainer.
Und nicht nur die Medien sind begeistert. Auch die fanatischen Anhänger von FK Vllaznia sind derzeit voller Euphorie: „Als wir zuletzt auswärts mit 1:0 bei Bylis Balsh gewonnen hatten, empfingen uns Fans in 500 Autos an der Stadtgrenze und eskortierten uns mit Hupkonzerten durch Shkodra bis zum Stadion. So etwas habe ich noch nie erlebt, das war außergewöhnlich. Es war mir schon fast ein wenig unangenehm, weil wir noch nichts erreicht haben,“ erzählt Thomas Brdaric in einem Interview mit der Sportbild.
Die Begeisterung für den Fußball ist in der Stadt am Shkodra-See ohnehin groß – und erst recht für den Deutschen Fußball. Brdaric bezeichnet die Stadt im Sportbild-Interview scherzhaft als 17. Bundesland. Thomas Müller und Manuel Neuer seien dort Helden. Und nun ist der Trainer selber dabei, für die Fans von FK Vllaznia Heldenstatuts zu erlangen.
Auch sein Sohn Tim ist nun Teil der Truppe, die am Saisonende Meister werden könnte. Vor einem Monat wechselte er vom Oberligisten 1.FC Monheim zum Team seines Vaters. Beide leben gemeinsam in der Stadt, was ihn bei den Medien und Fans umso beliebter macht. Denn die Spieler und Trainer entscheiden sich, was den Wohnsitz angeht, normalerweise gegen Shkodra und für die 100 Kilometer entfernte Hauptstadt Tirana.
Es wäre eine faustdicke Überraschung, wenn Thomas Brdaric mit FK Vllaznia den Meistertitel holen würde. Schließlich wäre es der erste seit zwanzig Jahren. Außerdem gilt der albanische Profifußball für Ausländer nach wie vor als gewöhnungsbedürftig und herausfordernd. „Ein paar Stadien, wie unseres und das in Tirana, sind vergleichbar mit denen in der Bundesliga. Aber es gibt auch welche, da fühlst du dich wie in einer anderen Welt: ein Sportplatz mit einer kleinen Tribüne. In den Kabinen gibt es nur das Nötigste. Aber ich sage mir: Manchmal muss man unangenehme Wege gehen, um nach vorne zu kommen“, so Brdaric in der Sportbild.
Von Glasscherben, wie sie Lutz Pfannenstiel erlebt hat, erzählt Brdaric aber nichts. Auch nicht von einer Pistole bei Vertragsverhandlungen. Diese wurde Pfannenstiel unmissverständlich und buchstäblich auf den Tisch gelegt, als ihm der Präsident eben jenes FK Vllaznia damit seinen Abgang nahegelegen wollte. Im Falle von Thomas Brdaric dürfte es anders laufen – zumal wenn er den ersehnten Meistertitel gewinnt.
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