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Per Skjelbred, ist an Ihnen ein Tänzer ver­loren gegangen?
Ich war kein Pro­fi­tänzer, aber es stimmt, ich habe als Kind sehr viel getanzt. Bal­lett und vor allem HipHop.

Pro­fi­tieren Sie als Fuß­baller von Ihrer frü­heren Lei­den­schaft?
Vom Tanzen habe ich viel zurück­be­kommen: Balance, Schnel­lig­keit und die ganzen Bewe­gungs­ab­läufe. Bis ich 14 Jahre alt war, habe ich außerdem Hand­ball gespielt. Da gibt es viele schnelle, kurze Bewe­gungen. Ich glaube, das hat mir beim Fuß­ball auch sehr geholfen.

Mit 14 Jahren haben Sie an der nor­we­gi­schen Cas­ting-Show Der Traum vom Pro­fi­fuß­ball“ teil­ge­nommen. Was hat Sie dazu bewegt?
Das kam ziem­lich unge­plant. Für die Show wurden die besten 40 Nach­wuchs­spieler aller nor­we­gi­schen Regionen aus­ge­wählt. Ich habe damals in einer Trond­heimer Junioren-Aus­wahl gespielt und wurde so auto­ma­tisch Teil­nehmer. Das Ziel war es, das beste Nach­wuchs­team des Landes zu finden.

Sie kamen unter die letzten Zwölf der Cas­ting-Show.
Nicht nur das. Es gab zwei Spieler, die eine extra Aus­zeich­nung erhalten haben, einer davon war ich. Als Preis gab es ein drei­wö­chiges Pro­be­trai­ning beim FC Liver­pool.

Wie lief es für Sie in Liver­pool?
Ich war wahn­sinnig nervös, denn ich hatte bis dahin haupt­säch­lich nur aus Spaß mit meinen Freunden Fuß­ball gespielt. Ich dachte früher nie an eine Pro­fi­kar­riere – und dann trai­niere ich plötz­lich an der Anfield Road! Da habe ich zum ersten Mal gespürt, dass ich im Fuß­ball etwas errei­chen kann.

Der FC Liver­pool hat Ihnen im Anschluss sogar einen Ver­trag als Jugend­spieler ange­boten. Warum haben Sie abge­lehnt?
Ich war zu diesem Zeit­punkt gerade 14 Jahre alt, da wollte ich meine Familie und meine Freunde noch nicht ver­lassen. Das Angebot kam für mich ein­fach ein biss­chen zu früh.

Sie haben Ihre Absage nie bereut?
Nein, denn zur glei­chen Zeit kam Rosen­borg Trond­heim auf mich zu und hat mir das Angebot gemacht, für die U19/U20 zu spielen. Nach einem Jahr habe ich es in die A‑Mannschaft geschafft und kämpfte als 16-Jäh­riger mit 35 Jahre alten Män­nern um einen Platz in der Startelf.

War es schwierig sich als junger Spieler zu behaupten?
Da gab es keine Pro­bleme. Ich habe mich in jedem Trai­ning rein­ge­hauen. Nach ein paar Monaten haben meine Mit­spieler gesehen: Das ist ein guter Junge, der kann Fuß­ball spielen. So habe ich mir den Respekt erar­beitet. Natür­lich gab es im Trai­ning ein paar Situa­tionen, in denen es etwas härter zur Sache ging. Aber sich dann zu behaupten, hilft einem weiter. Außerdem ist der Verein Rosen­borg Trond­heim wie eine Familie.

Weil Sie so früh in die erste Mann­schaft gerückt sind, halten Sie auch einen unschönen Rekord. Sie sind der jüngste Spieler der nor­we­gi­schen Liga mit einem Platz­ver­weis. Dabei sind Sie ansonsten ein sehr fairer Spieler. Ärgert Sie das?
Ich kann mich noch gut an das Spiel erin­nern. Es ging im Derby gegen Molde FK, ein klas­si­sches Hass­duell: Wir hassen Molde, und Molde hasst Rosen­berg. Ich kas­sierte früh eine gelbe Karte und geriet plötz­lich in einen Zwei­kampf mit einem Stürmer von Molde, der mit leider ent­wischte. Also habe ich ihn fest­ge­halten: Gelb-Rot. Und dann haben wir das Spiel auch noch ver­loren. Da war ich für kurze Zeit nicht sehr beliebt. Für einen jungen Spieler wie mich damals eine harte Erfah­rung.

Apropos Zwei­kampf: Stimmt es, dass Sie Ihre Frau über eine Grät­sche ken­nen­ge­lernt haben?
Dazu muss ich etwas aus­holen: Wir waren auf dem glei­chen Gym­na­sium und sind immer gemeinsam mit dem Bus gefahren. Schon da wusste ich: Das ist meine Frau. Doch ich traute mich nicht, sie anzu­spre­chen. Etwas später standen wir uns plötz­lich in meiner Fuß­ball­schule auf dem Platz gegen­über. Ich als Stürmer, sie als Ver­tei­di­gerin.

Und statt eines Candle-Light-Din­ners gab es Stollen aufs Schien­bein?
Ich dachte, ich sei viel besser und schneller als sie, doch ehe ich mich versah, grätschte sie mich von den Beinen. Das war unser erster rich­tiger Kon­takt. (lacht)

Wurde sie vom Platz gestellt?
Nor­ma­ler­weise ein ganz klares Foul. Aber ich war Gen­tleman und habe gesagt: Bitte, hier hast du den Ball!“ Mit dem Zwei­kampf zieht sie mich übri­gens heute noch auf. Wenn das Gespräch auf Fuß­ball kommt, sagt sie ein­fach: Ich habe den Ball gewonnen.“ Das werde ich wohl nicht mehr los.

Sie wohnen heute gemeinsam in Berlin, spielen aber nur auf Leih­basis bei Hertha BSC. Wie sieht die Zukunft aus?
Da gibt es nichts Neues. Wir würden gern hier bleiben.

Es war zu ver­nehmen, dass Sie nicht genau wissen, ob Ihr Ver­trag beim HSV über­haupt für die Zweite Liga gültig ist.
Ich habe den Ver­trag mitt­ler­weile gelesen. Er ist auch für die zweite Liga gültig. Aber ich bin hier richtig zufrieden. Es ist eine richtig schöne Stadt. Meine Familie fühlt sich wohl. Was will man mehr?

Früher wären Sie auch gerne nach Eng­land gewech­selt. Ihr Lieb­lings­klub war immer New­castle United. Was fas­zi­nierte Sie so an der Mann­schaft?
Die hatten früher ein­fach eine gute Mann­schaft. Mit Alan Shearer, Les Fer­di­nand und David Ginola. Außerdem hatten sie ähn­liche Tri­kots wie mein Hei­mat­verein Rosen­borg: Schwarz-weiß gestreift.

Ist Eng­land denn noch ein Traum?
In Nor­wegen steht die Pre­mier League über allem. Das ist auch heute noch so. Die wenigsten Leute können etwas mit der Bun­des­liga anfangen.

Statt zu New­castle United sind Sie im Sommer 2011 aber genau dorthin. Wie sind Sie in Ham­burg gelandet?
Mein Berater kam mit dem Angebot des HSV auf mich zu, und ich habe gesagt: Warum nicht?“ Ich hatte neun Jahre bei Rosen­borg gespielt und war in Nor­wegen etwas satt. Ich hatte alles gewonnen, Cham­pions League gespielt und kannte jeden Men­schen im Verein. Es war ein­fach an der Zeit, etwas Neues zu ver­su­chen.

Kannten Sie denn die Bun­des­liga?
Ich habe mit meinem Vater immer viel Fuß­ball geschaut, auch aus Deutsch­land. Ich wusste daher, dass die Bun­des­liga eine der besten Ligen der Welt ist. Hier wird seriös gear­beitet.

In Ham­burg konnten Sie sich nicht durch­setzen. Woran lag das?
Es war schwer. Ich kam aus Nor­wegen, alles war neu, und dann wech­seln andau­ernd die Trainer. Die haben zu mir gesagt: Ich kenne Dich nicht“. Dann ist man erst mal der letzte Mann in der Mann­schaft.

An der Sprache kann es kaum gelegen haben. Sie spre­chen ein per­fektes Deutsch.
Anfangs lief es aller­dings gar nicht gut. Ich war mit ein paar anderen Jungs vom HSV in der Sprach­schule, und die haben sich mit der Sprache sehr schwer getan. Wir mussten täg­lich Kapitel eins wie­der­holen: Guten Tag!“ Am Ende sind wir viel­leicht bis Seite zehn gekommen. (lacht) Ich habe dann für mich gelernt.

Zu Beginn dieser Saison kam das Angebot von Hertha BSC. Was wussten Sie vom Verein?
Die Stadt Berlin ist in Nor­wegen natür­lich allen ein Begriff. Aber auch die Hertha kennt man bei uns. Das liegt mit Sicher­heit vor allem daran, dass Kjetil Rekdal und ein paar andere Nor­weger hier gespielt haben.

Eigent­lich hätten Sie vor der Saison davon aus­gehen müssen, dass Sie mit Hertha gegen den Abstieg spielen. War das kein Wagnis?
Das ist immer das Pro­blem: Im Fuß­ball weiß man gar nichts. Es hätte auch pas­sieren können, dass ich hier das ganze Jahr auf der Bank sitze. Aber in Ham­burg hatte ich keine Chance mehr, also wollte ich es ver­su­chen.

Heute ist vom Abstieg längst keine Rede mehr. Warum läuft es so gut?
Die Mann­schaft zieht mit, gibt immer 100 Pro­zent. Wir hatten auch ein biss­chen Glück, dass es gleich zu Beginn so gut lief. Das gibt Energie. Und der Trainer ist richtig gut.

Was ist die Stärke von Jos Luhukay?
Zum einen ist er gut auf dem Trai­nings­platz. Jeder Tag, jede Ein­heit ist für ihn wichtig. Und er hat eine Aura. Wenn er was sagt, dann will man das machen – egal was es kostet.

Die Saison läuft fast optimal bisher. Was ist am Ende mög­lich?
Wir müssen rea­lis­tisch sein. Wenn der 34. Spieltag gespielt ist, schauen wir auf die Tabelle und sagen dann: War gut oder nicht so gut. Wir müssen von Spiel zu Spiel denken.

Ach, kommen Sie! Moti­viert es nicht unge­mein, die Europa League errei­chen zu können?
Klar. Wenn wir drei, vier Spiel­tage vor Schluss in der glei­chen Posi­tion sind wie heute, dann muss man ver­su­chen, die Chance zu nutzen und die letzten Kraft­re­serven zu mobi­li­sieren. Man will immer in der Posi­tion sein, in der es darum geht, etwas zu gewinnen. Wenn Du im Mit­tel­feld stehst und es geht um nichts mehr, dann sind die letzten paar Spiele immer komisch.