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Sein Zimmer sieht aus wie das eines 12-jäh­rigen Jungen aus der Nach­bar­schaft: An den Wänden hängen Poster der deut­schen Natio­nalelf, auf dem Regal reihen sich alte Panini-Bilder an Mini-Pokale und Spieler-Figuren, auf dem Bett liegt eine Tages­decke des FC Bayern Mün­chen. Nur ein Detail stört das Bild vom deut­schen Kin­der­zimmer – die Kli­ma­an­lage, die Tsvika Riz davor bewahrt, ins Schwitzen zu geraten. Denn der 35-jäh­rige Israeli ist auf­ge­bracht. Wir haben haus­hoch ver­loren“, sagt er. So eine Ent­täu­schung, so eine Bla­mage!“
 
Mit wir“ meint Riz, der in Tel Aviv lebt und als Con­tent Manager arbeitet, die deut­sche U21-Natio­nalelf. Bei beiden bis­he­rigen Vor­run­den­spielen war er im Sta­dion dabei. Mona­te­lang hatte Riz darauf hin gefie­bert, schließ­lich war es das erste große inter­na­tio­nale Tur­nier in Israel. Das Land gilt nicht gerade als Fuß­ball-Nation. Des­halb ist es keine Sel­ten­heit, dass Israelis für die Mann­schaften anderer Länder jubeln. Spa­nien, Eng­land, klar. Aber Deutsch­land? Nur langsam steigt die Zahl der Fans – und die müssen sich erklären. Das weiß auch Riz. Seit ich mit 12 Jahren die WM 1990 ver­folgt und gesehen habe, wie Deutsch­land den Titel holt, bin ich fas­zi­niert“, sagt er. Obwohl ich weiß, dass mein Opa ein Pro­blem damit hätte.“

Sein Opa kämpfte als Par­tisan gegen die Deut­schen
 
Riz, ein Mann von kom­pakter Statur und mit starker Gestik, trägt den Namen seines Groß­va­ters. Der wurde in Ungarn geboren, kämpfte im Zweiten Welt­krieg als Par­tisan gegen die Deut­schen und über­lebte als ein­ziger in seiner Familie den Holo­caust. Des­halb wollte er später nie deut­sche Pro­dukte im Haus haben“, erzählt Riz. Und das ver­stehe ich auch.“

Stun­den­lang und ohne Pause könnte Riz über den deut­schen Fuß­ball fach­sim­peln. Löw hätte doch die besten Nach­wuchs­spieler schi­cken sollen, über­haupt stelle sich die Frage, ob der DFB sich nicht einen neuen Natio­nal­trainer suchen solle. Einen Per­fek­tio­nisten wie Sammer.“
 
Auf Fan-Seiten bei Face­book betei­ligt sich der 35-Jäh­rige intensiv, ver­öf­fent­licht Fotos und kom­men­tiert Bei­träge. Beson­ders aus­führ­lich geht er dabei auf Pos­tings ein, in denen die deut­schen Natio­nal­spieler ange­feindet werden. Dumme Witze wie: ›Weißt du, was Mario Götzes Opa vor 70 Jahren getan hat?‹ regen mich tie­risch auf“, sagt er. Dank seines Jobs kennt er sich mit Online-Kom­mu­ni­ka­tion aus und ver­sucht, auf diesem Weg seine Bot­schaft zu ver­breiten. Die anderen Fans sagen, dass ich mit meinen beleh­renden Kom­men­taren nerve. Aber das ist mir egal.“
 
Die U21-Kicker äußern sich nur ungern zur deutsch-jüdi­schen Geschichte

Neben der Natio­nalelf begeis­tert sich Riz auch für den FC Bayern Mün­chen – weil dort die meisten Natio­nal­spieler unter Ver­trag sind. Die Bun­des­liga-Spiele guckt er über das Internet, die Hin­ter­grund­infos über­setzt er sich von deut­schen Online-Maga­zinen. Des­halb hat er auch mit­be­kommen, dass sich die U21-Kicker ungern zur poli­ti­schen Lage im Nahen Osten oder zur deutsch-jüdi­schen Geschichte äußern wollten. Er sagt: Die sind jung und können nichts dafür. Was will man da erwarten?“
 
Tsvika Riz dagegen ist sich bewusst, was es heißt, als Israeli für die Deut­schen zu jubeln. Es geht dabei um als Fuß­ball, es geht um Ver­söh­nung“ sagt er und schaut dabei auf seine Arm­banduhr. Meis­tens zumin­dest.“ Dann muss er los Rich­tung Net­anya – um dem deut­schen Team bei seinem letzten, bedeu­tungs­losen, Vor­run­den­spiel bei­zu­stehen. Immerhin hat er an diesem Abend Grund zum jubeln: Deutsch­land gewinnt das letzte Grup­pen­spiel gegen Russ­land mit 2:1.

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Dieser Text wurde uns net­ter­weise zur Ver­fü­gung gestellt von Zenith online.