Emil Walter aus Pforzheim spielte zehn Jahre für den FC Barcelona, war Kapitän, gewann dreimal die Copa del Rey und die erste Meisterschaft des Klubs. In Deutschland ist er nahezu unbekannt. Warum nur?
Emil Walter – in einigen Artikeln auch Emil Walter Buckhard genannt – erlebte somit die vielleicht wichtigsten Meilensteine in der Geschichte des spanischen Fußballs mit. Er gewann fünf katalanische Meisterschaften, er war dabei, als 1926 der Profifußball eingeführt wurde, als 1928 die Primera Division startete und als der FC Barcelona 1929 die erste Meisterschaft überhaupt gewann. Zwischenzeitlich gewann er noch dreimal die Copa del Rey und nahm an Länderspielen der katalanischen Nationalelf teil. Bis Anfang der dreißiger Jahre kam er auf 242 Spiele für den FC Barcelona – am Ende lief er sogar als Kapitän auf.
Die große Frage war: Warum kannte ihn niemand in Deutschland?
Der Autor Andreas Wittner, ein Fußballarchivar aus Unterfranken, nahm bereits vor einigen Jahren die Spurensuche auf. Auf der Website fussball-kultur.org erklärte er, warum der Spieler in Deutschland auch nach seinen Triumphen mit Barcelona unbekannt blieb: „Es lag auch daran, dass der konservativ orientierte DFB seinen Vereinen aus sport-ethischen Gründen untersagt hatte, Spielverkehr mit ausländischen Profimannschaften zu betreiben.“
„Ein ebenso guter Fußballspieler wie patenter Mensch“
Dennoch tauchte Walters Name gelegentlich in der deutschen Presse auf. Als „Kicker“-Gründer Walther Bensemann bei einem Spiel gegen den englischen FA-Cup-Sieger im Stadion war – die katalanische Auswahl gewann vor 60.000 Zuschauern im Camp de Les Corts mit 4:0 – schwärmte er danach: „Der beste Mann auf dem Platz war der in Barcelona ansässige Emil Walter aus Brötzingen bei Pforzheim, ein ebenso guter Fußballspieler wie patenter Mensch. Nichts hat mich in Barcelona so gefreut, als bei diesem Spiel einen Landsmann in so angenehmer Rolle wirken zu sehen.“
1930 oder 1933 – dazu gibt es verschiedene Quellen – beendete Walter seine Karriere wegen eines Knieschadens. Vergessen wurde er nie. Als der Klub 1949 sein 50-jähriges Bestehen feierte, wurde Walter als Ehrengast eingeladen. Die spanische Post soll sogar eine Sonderbriefmarke herausgegeben haben, nach der Sammler noch heute suchen.
Tausende jubelten ihm zu, von überall
Die deutschen Besatzungsmächte verhinderten aber eine Ausreise, und so musste Walter noch ein weiteres Jahr warten, bis er wieder nach Barcelona reisen durfte. Es war der Tag vor dem Derby gegen Espanyol. „Schon an der Grenzstation jubelten ihm Tausende zu, die von überall herbeigeströmt waren“, schrieb eine deutsche Sportzeitschrift. „Auf jedem Bahnhof standen die Menschen, um auch nur für einen Augenblick den Mann zu sehen, dem Fußballspanien einst zu Füßen lag.“
Als Walter im Jahr 1952 nach schwerer Krankheit starb, stand der FC Barcelona am Vorabend einer goldenen Ära. Gerade war der Ungar László Kubala nach Barcelona gewechselt, bald sollte Sándor Kocsis folgen. Der Klub gewann in den nächsten Jahren fünf Mal die Copa del Rey, vier Meisterschaften und zwei Mal den Messepokal. 1958 eröffnete das Camp Nou mit 100.000 Plätzen, alles wurde größer, schillernder, bombastischer. Am 1. März 1952 aber hängte der Klub die Fahne für einen Spieler auf Halbmast, den immer noch kaum jemand kannte: ihren Gott Walter.