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Seite 3: "Ich bereue nichts"

Sechs Meter vor dem Tor stieg Caniggia zusammen mit seinem Bewa­cher Ric­cardo Ferri hoch. Der Argen­ti­nier bekam so gerade noch den Hin­ter­kopf an den Ball und stupste ihn harmlos in Rich­tung langes Eck. Das heißt, das Ganze wäre harmlos gewesen, hätte Zenga auf der Linie gestanden. Doch das tat er nicht. Aus­ge­rechnet in diesem Moment hatte der Mann, der so ungern rauskam, einen unge­lenken Ver­such gemacht, die Flanke abzu­fangen. Als der Ball ins Netz plumpste, stand Zenga sieben, acht Meter vor dem Tor und dürfte die Blicke seiner Mit­spieler wie Dolche im Rücken gespürt haben.

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Zengas ein­ziger Fehler im ganzen Tur­nier sorgte dafür, dass Argen­ti­nien sich in ein Elf­me­ter­schießen ret­tete, in dem zwei Ita­liener ihre Straf­stöße ver­gaben. Die 517 Minuten, die der Tor­wart bei der End­runde ohne Gegentor geblieben war, sind zwar bis heute Rekord, doch das dürfte ihm eben­so­wenig ein Trost gewesen sein wie die Tat­sache, dass Madonna ihn als sexiest man des Tur­niers bezeich­nete. Zenga war zwar noch zwei wei­tere Jahre Natio­nal­tor­wart, doch weil Ita­lien in der Qua­li­fi­ka­tion zur EM 1992 schei­terte, blieb ihm ein wirk­lich großer Erfolg mit der Squadra Azzurra ver­sagt. Immerhin holte er in den Neun­zi­gern mit seiner großen Liebe Inter noch zweimal den UEFA-Cup, 1991 gegen den AS Rom und 1994 gegen Salz­burg. In den vier Final­spielen (der UEFA-Pokal wurde bis 1997 durch Hin- und Rück­spiel ent­schieden) kas­sierte Zenga nur ein ein­ziges Gegentor.

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Stark ver­än­dert und doch unver­wech­selbar: Walter Zenga als Trainer von Cro­tone 2018.

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Einige Jahre später begann er eine Affäre mit einem 20-jäh­rigen Des­sous-Model und ging nach Ame­rika, um seine Kar­riere in der MLS aus­klingen zu lassen. Dort star­tete er seine zweite Lauf­bahn, zuerst als Spie­ler­trainer 1998 bei New Eng­land Revo­lu­tion. Aber auch seine Zeit als Trainer war bis­lang eher durch­wachsen. Er war einige Jahre lang in Rumä­nien tätig, was ihm seine dritte Ehe­frau, eine zweite Staats­bür­ger­schaft und einen Meis­ter­titel ein­brachte. Danach lief es eher sub­op­timal. Der ara­bi­sche Verein Al-Shaab feu­erte ihn nach zwei Monaten, Sampdoria Genua nach fünf, die Wol­ver­hampton Wan­de­rers nach drei, der FC Cro­tone nach sechs. Am 3. März unter­schrieb er einen Ver­trag bei Cagliari Calcio – sechs Tage später (und noch vor Zengas erstem Spiel) wurde die Saison in Ita­lien unter­bro­chen.

Heute wird Walter Zenga 60 Jahre alt. Wir gra­tu­lieren von Herzen und lassen ihm das Schluss­wort. Als ihn die Zei­tung La Repubblica“ näm­lich vor einigen Jahren nach seinem Ruf als Lebe­mann und seiner schil­lernden Kar­riere fragte, ant­wor­tete er: Die Jour­na­listen beschweren sich immer, dass die Spieler alle lang­weilig und banal sind. Und wenn dann mal einer kommt, der weiß, wie man ein Mikrofon hält, dann werfen sie ihm vor, er würde den Star raus­hängen lassen. Alles, was ich gemacht habe, waren Erfah­rungen. Ich bereue nichts.“