Heute wird Walter Zenga 60 Jahre alt. Er war einer der besten Torhüter, die Italien je hatte. So richtig berühmt wurde er aber nicht durch seine Paraden, sondern durch einen Fehler. Und seinen Lebenswandel.
Sechs Meter vor dem Tor stieg Caniggia zusammen mit seinem Bewacher Riccardo Ferri hoch. Der Argentinier bekam so gerade noch den Hinterkopf an den Ball und stupste ihn harmlos in Richtung langes Eck. Das heißt, das Ganze wäre harmlos gewesen, hätte Zenga auf der Linie gestanden. Doch das tat er nicht. Ausgerechnet in diesem Moment hatte der Mann, der so ungern rauskam, einen ungelenken Versuch gemacht, die Flanke abzufangen. Als der Ball ins Netz plumpste, stand Zenga sieben, acht Meter vor dem Tor und dürfte die Blicke seiner Mitspieler wie Dolche im Rücken gespürt haben.
Zengas einziger Fehler im ganzen Turnier sorgte dafür, dass Argentinien sich in ein Elfmeterschießen rettete, in dem zwei Italiener ihre Strafstöße vergaben. Die 517 Minuten, die der Torwart bei der Endrunde ohne Gegentor geblieben war, sind zwar bis heute Rekord, doch das dürfte ihm ebensowenig ein Trost gewesen sein wie die Tatsache, dass Madonna ihn als sexiest man des Turniers bezeichnete. Zenga war zwar noch zwei weitere Jahre Nationaltorwart, doch weil Italien in der Qualifikation zur EM 1992 scheiterte, blieb ihm ein wirklich großer Erfolg mit der Squadra Azzurra versagt. Immerhin holte er in den Neunzigern mit seiner großen Liebe Inter noch zweimal den UEFA-Cup, 1991 gegen den AS Rom und 1994 gegen Salzburg. In den vier Finalspielen (der UEFA-Pokal wurde bis 1997 durch Hin- und Rückspiel entschieden) kassierte Zenga nur ein einziges Gegentor.
Einige Jahre später begann er eine Affäre mit einem 20-jährigen Dessous-Model und ging nach Amerika, um seine Karriere in der MLS ausklingen zu lassen. Dort startete er seine zweite Laufbahn, zuerst als Spielertrainer 1998 bei New England Revolution. Aber auch seine Zeit als Trainer war bislang eher durchwachsen. Er war einige Jahre lang in Rumänien tätig, was ihm seine dritte Ehefrau, eine zweite Staatsbürgerschaft und einen Meistertitel einbrachte. Danach lief es eher suboptimal. Der arabische Verein Al-Shaab feuerte ihn nach zwei Monaten, Sampdoria Genua nach fünf, die Wolverhampton Wanderers nach drei, der FC Crotone nach sechs. Am 3. März unterschrieb er einen Vertrag bei Cagliari Calcio – sechs Tage später (und noch vor Zengas erstem Spiel) wurde die Saison in Italien unterbrochen.
Heute wird Walter Zenga 60 Jahre alt. Wir gratulieren von Herzen und lassen ihm das Schlusswort. Als ihn die Zeitung „La Repubblica“ nämlich vor einigen Jahren nach seinem Ruf als Lebemann und seiner schillernden Karriere fragte, antwortete er: „Die Journalisten beschweren sich immer, dass die Spieler alle langweilig und banal sind. Und wenn dann mal einer kommt, der weiß, wie man ein Mikrofon hält, dann werfen sie ihm vor, er würde den Star raushängen lassen. Alles, was ich gemacht habe, waren Erfahrungen. Ich bereue nichts.“