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Seite 2: "Dickel würde sogar neben Basler im Doppelpass negativ auffallen!"

Wäre Aki Watzke gerne Uli Hoeneß, Herr Polzin?
Polzin:
Mir kommt der immer vor wie ein regio­naler Hoeneß. Aber der Schlimmste bei Dort­mund ist Nor­bert Dickel. Er ist nicht nur unlustig, er ist ein Prolet aller­erster Güte, der sogar neben Mario Basler im Dop­pel­pass“ noch negativ auf­fallen würde. Er ver­sucht krampf­haft, die Fans über die nie­dersten Motive zu errei­chen. Zum Bei­spiel 2013, als Götze, der kurz zuvor zu den Bayern gewech­selt war, ein Tor gegen Dort­mund geschossen hat und Dickel fast ins Mikrofon gekotzt hätte.

Herr Dürr, Sie haben Götzes Vater danach eine böse Mail geschrieben.
Dürr:
Das war noch zu meiner wilden Zeit. Sein Vater ist ja Pro­fessor an der TU in Dort­mund, seine E‑Mail-Adresse ist öffent­lich. Ich schrieb ihm also, dass ich seinen Sohn nicht mag – um es mal harmlos aus­zu­drü­cken. Er hat mir geant­wortet und ein paar Gründe für den Wechsel genannt. Sein Sohn sei etwa wegen Guar­diola zu den Bayern gegangen, was, wie sich später her­aus­ge­stellt hat, großer Quatsch war. Guar­diola war ja alles andere als ein Götze-Fan.
Polzin: Götze ist wirk­lich hart ange­gangen worden damals. Dass er dann zurück­geht zu dem Verein, wo er gehasst wurde und eigent­lich auch gehasst wird – das hat mich sehr ver­wun­dert.

Drei Jahre später ging Mats Hum­mels zu den Bayern. Ver­gleichbar?
Dürr:
Das sind ganz ähn­liche Cha­rak­tere. Mia-san-mia-Typen. Die E‑Mail-Adresse von Hum­mels’ Vater habe ich damals aber nicht her­aus­ge­funden. (Lacht.)

Jetzt spielt er wieder beim BVB.
Dürr:
Ich weiß nicht, dieses Papa-Aki-holt-euch-nach-Hause-Ding finde ich nicht gut. Wenn die mal bei den Bayern gespielt haben, sollen sie da bleiben oder woan­ders hin­gehen.

Spre­chen wir über Kli­schees. Ist Bayern der arro­gante Eli­te­verein und Dort­mund der volks­nahe Klub?
Dürr:
Ich muss zugeben: Es ist manchmal genau anders­herum. Wenn Bayern trai­niert, dann fährt Thomas Müller mit seinem Golf­caddy an den Fans vorbei und gibt den Kin­dern Auto­gramme. Beim BVB sind schon bei einem Jugend­spiel 80 Ordner, die alles her­me­tisch abschirmen.

Bayern kauft die Liga leer. Noch so ein Kli­schee?
Polzin:
Ach, der BVB macht es längst genauso. Vor zehn, fünf­zehn Jahren war die These tref­fender. Damals stand Bayern finan­ziell weit vor Dort­mund. Es war fast ein Reflex: Ein guter Bun­des­liga-Spieler? Den kaufen wir! Das Scou­ting war noch nicht so inter­na­tional. Bun­des­liga-Talente wären in jener Zeit nie in die Pre­mier League gewech­selt.
Dürr: Es ging bei dem Vor­wurf selten um die Trans­fers an sich, son­dern um die Art und Weise, wie die Bayern Spieler abge­worben haben. Wenn ich an Sebas­tian Deisler denke, dem der Wechsel aus Berlin mit einem son­der­baren Scheck (Deisler erhielt angeb­lich ein Hand­geld von 20 Mil­lionen Mark, d. Red.) schmack­haft gemacht wurde.
Polzin: Die Bayern haben es auch mehr zele­briert, wenn sie Spieler von der Kon­kur­renz geholt haben.
Dürr: Nicht nur das: Manche Geschäfte waren ein­fach frag­würdig. Der Hass, den die Bayern damit auf sich zogen, war ver­bunden mit dem Gedanken: Die dürfen sich alles erlauben. Heut­zu­tage denkt man so vor allem in Bezug auf die Schieds­richter. Werder-Trainer Flo­rian Koh­feldt hat neu­lich erzählt, dass ein bay­ri­scher Ordner vor einem Spiel beim FC Bayern ein­fach in die Bremen-Kabine gegangen sei und sich die Auf­stel­lung ange­guckt hätte. Die Bayern, meinte auch Koh­feldt, hätten eine ganz bestimmte Art, mit den Schiris umzu­gehen.

Es gibt also einen Bayern-Bonus?
Dürr:
Da brau­chen wir gar nicht zu dis­ku­tieren. Dazu kommt noch, dass viele mediale Mul­ti­pli­ka­toren, also Leute, die bei­spiels­weise bei Twitter eine große Reich­weite haben, Bayern-Fans sind. Raphael Honig­stein, die Macher von Col­linas Erben, der Rasen­funk-Typ: Die stellen sich als neu­tral dar, sind aber Bayern-Fans. Das merkt man auch bei deren Bewer­tungen von bestimmten Szenen. Es gibt eine sub­tile Macht der Bayern.

Klingt ver­schwö­re­risch. Wie sehen Sie das, Herr Polzin?
Polzin:
Ich glaube nicht an den Bayern-Bonus. Es gibt eher eine Art natür­li­chen Bonus für die erfolg­rei­chere Mann­schaft. Und den sehe ich bei Dort­mund-Spielen auch. Wenn der BVB 90 Minuten lang anrennt, es im Spiel schon vier strit­tige Szenen gab, und kurz vor Schluss fällt wieder einer im Straf­raum, dann gibt der Schiri eben eher einen Elfer.

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Mia san echte Liebe.

Jan Philip Wel­che­ring

Im Pokal­fi­nale 2018 wurde dem FC Bayern gegen Frank­furt ein Elf­meter ver­wehrt.
Polzin:
Wäre das den Dort­mun­dern pas­siert, hätte Nor­bert Dickel diese Szene so hoch­ge­kocht, dass sie medial viel prä­senter gewesen und aus­gie­biger dis­ku­tiert worden wäre. Oder anders: Wenn die Bayern Glück haben, bekommt es jeder mit. Haben sie Pech, hört fast keiner davon.
Dürr: Wären die Schieds­richter kon­se­quent gewesen, hätte Franck Ribéry in seiner Bun­des­li­ga­kar­riere mehr auf der Tri­büne gesessen als Fuß­ball gespielt.
Polzin: Stimmt schon.
Dürr: Soweit ich weiß, hat der in der Bun­des­liga nie glatt Rot gesehen. Das ist ein Wunder.
Polzin: Aber das ist ein Ribéry-Bonus. Kein Bayern-Bonus.

Hatte auch Oliver Kahn den Bonus?
Dürr:
Es gab 1999 das legen­däre Spiel gegen den BVB, bei dem er in Kung-Fu-Manier auf Sté­phane Cha­puisat zufliegt und Heiko Herr­lich anknab­bert. Ich habe es in einer Kneipe auf Sylt gesehen. Mit meiner Mutter, die sich als Bayern-Has­serin extrem dar­über auf­ge­regt hat. Eigent­lich wäre sie für dieses Inter­view auch eine tolle Gesprächs­part­nerin gewesen. (Lacht.) Bernd Heyne­mann war jeden­falls Schieds­richter und hat, wenn ich mich nicht täu­sche, Kahn erst in der Nach­spiel­zeit eine Karte gegeben: Gelb wegen Zeit­spiels. (Richtig ist: Kahn bekam in diesem Spiel über­haupt keine Karte, d. Red.)

Zemen­tierte Kahn den Bayern-Hass bei einem her­an­wach­senden Dort­mund-Fan?
Dürr:
Er war defi­nitiv ein Feind­bild. Aber nicht nur in Dort­mund. Den Golf­ball hat er zum Bei­spiel in Frei­burg abbe­kommen. Auch wenn das natür­lich über­haupt nicht in Ord­nung war. Aber Kahn hat oft betont: Es war das Schönste für ihn, wenn ein kom­plettes Sta­dion gegen ihn war.