Warum im Schatten von Paris St. Germain, Barcelona, Real Madrid, Manchester City, Chelsea & Co. auch die englische Championship den fußballerischen Wettbewerb in Europa verzerrt.
So richtig vergessen hat ihn niemand in Bremen. Schließlich half Papy Djilobodji (28) im Mai 2016 maßgeblich, Werders Abstieg zu verhindern. Am letzten Spieltag traf der baumlange Innenverteidiger aus dem Senegal zum 1:0‑Sieg über Eintracht Frankfurt, schickte die Hessen in die Relegation und die Norddeutschen ins Reich der Glückseligkeit. Doch ein Verbleib war nicht möglich. Djilobodjis Stammklub Chelsea pochte auf die Rückkehr – um ihn wenig später für 9,5 Millionen Euro an den Premier-League-Rivalen Sunderland zu verkaufen.
In der vergangenen Spielzeit dann stieg Djilobodji mit den „Black Cats“ ab in die zweitklassige Championship. Dort ist er noch immer, denn Sunderland kann sich die Dienste des Ausnahmeverteidigers auch im englischen Unterhaus locker leisten. In der Championship sind Jahresgehälter von zwei bis drei Millionen Euro – für Leistungsträger – durchaus keine Seltenheit.
Ziemlich wenig Stress
Dirk Nowitzkis Schwager Martin Olsson (29) vom Premier-League-Klub Swansea City spielte selbst zweieinhalb Jahre in der Championship und bestätigt die immensen Zahlen: „Die Gehälter dort sind fast auf Premier-League-Niveau“, erklärt der schwedische Nationalspieler, dessen Zwillingsbruder Marcus bei Derby County in Englands 2. Liga unter Vertrag steht.
„Gewisse Klubs in der Championship bezahlen mehr Geld, als in der Serie A oder in Frankreich gezahlt wird. Natürlich ist das mit ein Grund, warum viele Spieler dorthin gehen.“ Im Gegenzug sei der Job in der 2. Liga ein vergleichsweise einfacher: „Die Qualität dort ist nicht so hoch wie in der Premier League. Wenn du ein bisschen denkst und nicht nur kopflos herumrennst, hast du es dort ziemlich wenig Stress.“
Lieber Hull City als Levante
Für viele Profis, gerade wenn sie im Herbst ihrer Karriere stehen, mag dieses Paket durchaus attraktiv sein. Für den sportlichen Wettbewerb hingegen ist es katastrophal, wenn englische Zweitligisten drei bis vier Mal so viel Geld ausschütten können wie manch ein Europacup-Teilnehmer aus anderen Ländern. Zumal ein Ende dieser Entwicklung nicht absehbar ist.
Der schwedische Nationalspieler Sebastian Larsson (32) hat vor wenigen Tagen ein Angebot von UD Levante aus der spanischen Primera División ausgeschlagen – im allerletzten Moment, nachdem bereits alles besiegelt schien. Plötzlich schwenkte Larsson um und unterschrieb ein viel höher dotiertes Papier bei Premier-League-Absteiger Hull City. Dort soll er künftig rund zwei Millionen Euro pro Jahr kassieren.
Aggressives Investment
Englands 2. Liga rüstet auch deshalb so massiv auf, weil der Geldüberfluss in der klassenhöheren Premier League (2,3 Milliarden Euro TV-Geld pro Saison) sie dazu zwingt. Der Grund: Jeder Premier-League-Absteiger kassiert im ersten Jahr seiner Zweitklassigkeit zusätzlich zu den normalen TV-Einnahmen knapp 50 Millionen Euro „Fallschirm-Geld“ von der höchsten Liga.
Um mit den Absteigern halbwegs mithalten zu können, müssen also auch die übrigen Championship-Vereine aggressiv investieren. Schließlich wollen sie selbst mit aller Macht an die Geldspeicher der Premier League. Koste es, was es wolle.
Die Folge ist ein gnadenloser Wettbewerb, der das Gehaltsgefüge und das Defizit der Championship (allein Sunderland und die Queens Park Rangers haben zusammen rund 500 Millionen Euro Schulden) drastisch nach oben treibt. Mit dem Geld lockt die Liga Stars wie den uruguayischen Nationalmannschafts-Torjäger Abel Hernandez (27/Hull City), Schwedens Nationalverteidiger Pontus Jansson (26/Leeds United), Islands EM-Star Birkir Bjarnason (26/Aston Villa) oder den portugiesischen Nationalstürmer Nelson Oliveira (26) auf die Insel.
„Die Championship ist eine attraktive, hochprofessionelle Liga, die wirtschaftlich sehr gut aufgestellt ist“, sagt auch Altstar John Terry (36), der seine Karriere beim derzeit zweitklassigen Aston Villa FC ausklingen lässt.
Eine weitere Gefahr der Wettbewerbsverzerrung
Laut „Daily Mail“ liegt das durchschnittliche Jahres-Grundgehalt eines englischen Zweitliga-Spielers bei rund 750.000 Euro und damit um einiges höher als das der spanischen Erstligisten (ohne Barca, Real, Atlético, Valencia und FC Sevilla), das bei rund 650.000 Euro angesiedelt ist.
Damit dürften die reicheren Vereine der Championship auch Bundesliga-Klubs wie Freiburg, Mainz oder Augsburg locker übertrumpfen. Und während alle Welt fassungslos auf die jüngsten Geld-Exzesse von Europas zehn reichsten Klubs starrt, entsteht in deren Schatten eine weitere Gefahr der Wettbewerbsverzerrung im internationalen Profi-Fußball.
Huddersfield, oder: Es geht auch anders
Dabei erlebte die Championship in der vergangenen Saison hautnah, dass es auch ohne dicken Geldkoffer funktionieren kann: Huddersfield Town, einer der „ärmsten“ Klubs der Liga, schaffte mit dem deutsch-amerikanischen Coach David Wagner den Sprung in die Premier League.
Mit einem Billig-Kader und beeindruckendem Konzept-Fußball begeistert Huddersfield aktuell auch im Oberhaus, wo die Mannschaft aus Yorkshire nach drei Runden vom dritten Platz grüßt. Einen Rang dahinter liegen Pep Guardiola und das Scheich-reiche Manchester City.
Zu viel für Klubs wie Werder
Für Papy Djilobodji und den AFC Sunderland läuft es in dieser Saison hingegen gar nicht gut. Der hoch gehandelte Premier-League-Absteiger liegt nach fünf Spieltagen – trotz „Fallschirm-Geld“ – auf einem enttäuschenden 19. Platz in der Championship.
Djilobodji kam derweil noch kein einziges Mal zum Einsatz und galt bis zuletzt als heißer Kandidat für einen Lastminute-Transfer. Nur, wohin? Das Problem: Djilobodjis üppiges Gehalt von rund zwei Millionen Euro. Für einen Klub wie Werder Bremen wäre das nicht zu stemmen.