„Football Leaks“ veröffentlicht geheime Dokumente aus der Fußball-Welt. Durch die Enthüllungen wurde Twente Enschede gesperrt und Gareth Bales Vertrag publik. Erstmals spricht die Gruppe ausführlich über ihre Seite.
Ihr Hauptthema scheint die Beteiligung von Investoren an Transferrechten zu sein, also das Third-Party Ownership. Warum?
Unserer Meinung nach ist zu wenig über diese Investmentfonds bekannt. Ihre Existenz im Fußball wirft große Fragen auf, etwa jene nach möglichen Interessenskonflikten und Spielmanipulationen. Natürlich besteht auch das Risiko der Geldwäsche oder anderer krimineller Machenschaften. Diese Fonds haben nur finanzielle Absichten, das führt zu einer schiefen Vertragslage zwischen Vereinen und Spielern.
Haben Sie Beweise für Geldwäsche im Fußball?
Wir wollen niemanden ohne genügend Beweise beschuldigen, doch – nur als Beispiel – scheint die Struktur von Doyen Sports Group sehr anfällig für Geldwäsche.
Sie wurden erstmals bekannt, als Sie die Verträge zwischen der Doyen Sports Group und Twente Enschede aufdeckten. Doyen wurde Investor bei dem Verein und sicherte sich dafür Transferrechte der Spieler. Ist der Vorgang in Enschede ein typischer Fall für einen Regelbruch?
Ja. Er zeigt den unheilvollen Zusammenhang des Third-Party-Ownership in der Vereinspolitik mit kriminellem Management und einem unverantwortlichen Präsidenten. Was Doyen macht, ist kriminell und schädlich für die Vereine. Nicht nur bei Twente, sondern auch bei anderen Klubs. Sie benutzen finanziell angeschlagene Vereine und stülpen ihnen unfaire Bedingungen über. Deshalb nennen wir sie Kredithaie. Außerdem verstößt das Vorgehen wohl gegen Fifa-Regeln. Viele dieser Vereine werden Probleme bekommen und wahrscheinlich bestraft werden.
Ein Dokument besagt, dass Twente bei einem abgelehnten Angebot 50 Prozent an den Fonds zahlen musste. Doch wie hätte Doyen davon wissen sollen?
Weil sie für gewöhnlich diejenigen sind, die Angebote heraus suchen. Der Verein hat dann keine andere Wahl, als die Spieler dafür zu verkaufen. Doyens Verträge beinhalten in der Regel sehr aggressive Klauseln.
Demnach könnte der Investor den Verein dazu drängen, die Spieler so schnell wie möglich zu verkaufen.
Richtig, das ist gängige Praxis und geschieht hinter den Kulissen. Die Investoren platzieren die Spieler in bestimmten Vereinen mit dem Versprechen, sie ein oder zwei Jahre später weiter zu verkaufen. Das rentiert sich für den Investmentfonds und deren befreundete Berater.
Die Vereinbarungen mit Investoren sind fast schon gängige Praxis im internationalen Fußball. Wie passt das zum Verbot der Fifa?
In Europa geschehen diese Deals hinter den Kulissen, getarnt als „Scouting-Vereinbarungen“ oder „Vermittler-Vereinbarungen“. Da ist so viel Geld im Umlauf, dass nicht einmal die Fifa eine leise Idee davon hat. Der Einfluss von Beratern wächst, die Beteiligungen von Offshore-Gesellschaften nehmen zu – das kann problematisch werden.
Können Sie sagen, wie viel Geld Doyen durch Transferrechte in den vergangenen fünf Jahren verdient hat?
Ihren internen Dokumenten zufolge sind es mehr als 70 Millionen Euro.
Warum veröffentlichen Sie Ihre Informationen ungefiltert auf einem Blog. Sie hätten diese auch an Medien geben können.
Die portugiesischen Medien verschweigen häufig belastende Informationen über den Fußballverband oder bestimmte Vereine. Die Lobby ist zu groß, und selbst der Verband und die Klubs sind mitschuldig an Verträgen rund um das Third-Party-Ownership. Die Website war für uns einfach die beste Lösung. Eine Menge Leute sind so darauf gestoßen und die sozialen Netzwerke haben den Rest erledigt.
Sie haben mit Ihren Veröffentlichungen unter anderem gegen das Bankgeheimnis verstoßen. Wie rechtfertigen Sie das?
In den vergangenen vier Jahren war Doyen umgeben von Rätseln, sie haben nie mit der Presse gesprochen und nicht das geringste Anzeichen von Transparenz vermittelt. Niemand wusste von den Third-Party-Ownership-Geschäften, den geheimen Klauseln oder den echten Geldgebern. Jeder sieht, dass Doyen eine Offshore-Struktur aufweist und Treuhänder nutzt, um den eigentlich profitierenden Besitzer zu verschleiern. Die Veröffentlichung der Bankmitteilungen dient nur dazu, der Fifa bei ihren Compliance-Aktivitäten und den Finanzbehörden von Malta bei ihren Ermittlungen gegen Doyen zu helfen.
Warum leiten Sie diese Infos dann nicht direkt an die Fifa, sondern betreiben eine Plattform?
Jeder weiß, dass die Fifa gerade mit ihrem eigenen Skandal beschäftigt war. Wir waren uns nicht sicher, ob es wirklich einen Unterschied gemacht hätte, ihnen die Dokumente zuzusenden. Unsere Plattform war die beste Lösung, aber wenn die Fifa uns fragt, würden wir sicher direkt mit ihr zusammenarbeiten.
Ihnen wurde vorgeworfen, Dokumente „gehackt“ zu haben. Stimmt das?
Die Vorwürfe stammen von der Doyen Sports Group. Das sind die gleichen Leute, die den niederländischen Verband belogen und betrogen haben. Dieselben Leute, die erklärten, das geheime TPO-Dokument sei falsch. Das sagt doch alles über Doyen Sports und das Vorgehen der Gruppe.
Noch einmal: Haben Sie Informationen oder Dokumente „gehackt“?
Ganz sicher nicht. Und wir können Ihnen auch ein Beispiel geben. Doyen Sports hat uns beschuldigt, einen Cyberangriff verübt haben. Sie teilten mit, dass sie die Polizei am 4. Oktober darüber informiert hätten. Unsere letzten Veröffentlichungen über Doyen datieren aber vom November und Dezember. Wie sollte das ein Cyberangriff gewesen sein?
Die Fußballwelt rätselt, woher Sie Ihre Informationen und Dokumente bekommen. Sportings Präsident hat Ihnen vorgeworfen, im Sinne des Erzrivalen Benfica zu handeln und vorsätzlich seinem Klub zu schaden. Was können Sie dazu sagen?
Wir haben keine Agenda, wir kämpfen lediglich für das Wohl des Sports. Wir können das nicht alleine schaffen. Zum Glück hat uns der Bale-Leak eine breitere Leserschaft beschert. Nun können viel mehr Leute die umstrittenen Dokumente lesen.
Sie haben also keine Verbindungen zu Vereinen?
Nein, wir sind absolut unabhängig.