Marvin Pourié wechselt leihweise zu Eintracht Braunschweig. Wir sprachen einst mit ihm über sein Leben als Wandervogel und Fußball in der 3. Liga.
Marvin Pourie, Sie spielten in fünf verschiedenen Ländern, auf mehr als zehn Stationen. Wann begann Ihre Tour als Weltenbummler?
Ich bin in der U15 von meinem Heimatort Hamm im Ruhrgebiet rüber nach England auf die Insel. Zum FC Liverpool. Vorher hatte ich aber schon mal drei Jahre bei Borussia Dortmund verbracht.
Wie ist es für einen Vierzehnjährigen, nach England zu ziehen?
Ganz ehrlich: Die ersten Wochen in Liverpool waren schlimm. Ich habe wirklich kein einziges Wort verstanden. Mein Schulenglisch konnte ich da drüben komplett vergessen. Alles, was ich bis dahin gelernt hatte, war nutzlos. Dieser Scouse-Akzent hat es mir sehr schwer gemacht. Ich lebte zwar in einer Gastfamilie, war in dieser Zeit aber sehr oft allein. Ich hatte unglaubliches Heimweh.
Gibt es trotzdem ein Highlight, das Sie aus England noch immer im Gedächtnis haben?
Das war natürlich auf dem Rasen. Sobald der Ball rollt, vergesse ich vieles drumherum. Im Youth-Cup-Finale spielten wir mit Liverpool gegen Arsenal in der heiligen Stätte Anfield. Ich erinnere mich noch, wie nah die Fans am Spielfeld saßen. Die fassen dich quasi an.
In Deutschland spielten Sie dann für Schalke und 1860 München.
Ich hatte in England gelernt, dass ich schnell erwachsen werden musste. Zurück in Deutschland bin ich dann mit einem übertriebenen Selbstbewusstsein aufgetreten. Ich glaube, dass das ein reiner Schutzmechanismus war. Auf andere wirkte ich aber arrogant. Ich bin auf Schalke und in München deswegen oft angeeckt.
In Ihrer Zeit in Silkeborg war es nicht anders. Sie sagten einmal: „50 Prozent der Mannschaft haben mich gehasst, der Rest geliebt.“
Ja, das war so eine Äußerung … Wissen Sie, ich habe schon immer frei heraus meine Meinung gesagt. Damit können nicht alle umgehen. In meinem letzten Jahr beim dänischen Klub Randers FC hatte ich beispielsweise die totale Ladehemmung und habe nichts getroffen. Meine Art kommt dann nicht gut an, wenn der Klub zusätzlich in der Krise steckt. Viel hängt vom Umfeld ab, hier in Karlsruhe ist das anders.
Wie meinen Sie das?
Wir haben einen überragenden Charakter in der Truppe. Als wir im Sommer in der Relegation gegen Aue gescheitert sind, habe ich bereits in der Kabine gemerkt: Da ist ein Wille in der Mannschaft, dass wir den Traum direkt noch einmal angehen.
Sie sind der zweitbeste Torschütze der Liga. Welche Rolle spielen Sie in der Mannschaft?
Ich sehe mich nicht als Führungsspieler, aber meine Stimme hat intern sicherlich Gewicht. Was die Tore angeht: Ich hatte wahrscheinlich Möglichkeiten für mindestens 20 Treffer. So selbstkritisch muss ich sein.
Was macht den KSC in diesem Jahr so stark?
Bei unserem Sieg gegen Osnabrück waren wir noch etwas wackelig. Aber danach haben wir den Tabellenführer Uerdingen an die Wand gespielt. Da war mir klar, dass wir zusammen als Team funktionieren. Wir haben zwölf Punkte in 14 Tagen gesammelt und sind plötzlich oben rangerückt. Der Wille ist entscheidend, in der Kabine haben wir gesagt: „Ab jetzt können wir uns nur selbst schlagen.“
Sie sind viel rumgekommen. Wie schätzen Sie den Fußball in der Dritten Liga ein?
Er ist sehr physisch. Im Grunde ist es Fußball, wie man ihn von früher kennt. Es wird an der Grasnarbe gekämpft. Das mache ich auch. Ich habe keine Probleme damit, mich in die Zweikämpfe reinzuwerfen. Das ist meine Philosophie.