Nachdem ein Zeckenbiss für eine Blutvergiftung sorgte, hatte Andreas Neuendorf seinen Spitznamen weg. Hier spricht „Zecke“ über brasilianische Abende, das Aus von Huub Stevens und Hans Meyers Duz-Angebot.
Und Sie kamen ja dann auch.
Meyer hatte damals durchgesetzt, dass wir immer mittwochs vor Heimspielen ins Olympiastadion durften für ein Spiel elf gegen elf. Das war meine Chance. Das erste Spiel mit mir gewannen wir gegen Stuttgart, von da an war ich dabei. Aber wissen Sie was? In den Zeitungen hatte damals gestanden, dass Meyer für den Klassenerhalt 500.000 Euro erhalten würde. Ich bin dann zu ihm hin: „Herr Meyer, nur kurz, was kriegen wir eigentlich davon ab, wenn wir drin bleiben?“ Er sagte: „Die Belohnung ist, du darfst mich eine Woche lang Hans nennen.“
Aber dafür musste 1860 München am letzten Spieltag in Berlin noch einen Elfmeter verschießen…
Stimmt, deren Stürmer Kioyo, dieser Teufelskerl. Ich habe danach im Bus auf Hans Meyer gewartet. „Du Hans, ist jetzt hier rauchfrei?“ Er: „Wie bitte?“ Ich: „Hans, du hast mich schon verstanden.“ Dann klärte ihn einer auf, unser altes Abkommen. Er nahm sich das Bordmikro und sagte: „Zecke, du darfst mich eine Woche Hans nennen, die anderen nicht. Aber Zecke, nur eine Woche!“ Wenn wir uns heute sehen, dann muss ich immer wieder staunen, was der Hans für große Hände hat. Aber er hat es neben Huub in mein Herz geschafft.
Wie haben Sie Herthas Abstieg verfolgt?
Zwischen 2007 und 2010 war ich in Ingolstadt. Ich wollte nie weg von Hertha. 2006 wollte mich Klopp nach Dortmund holen, aber Hoeneß sagte nein. Doch dann bot Hoeneß mir im April 2007 nur einen Vertrag als Stand-by-Profi an. Wir stritten uns. In Ingolstadt angekommen, hörte ich von zwei Hertha-Spielern, dass Lucien Favre nach dem Videostudium gefragt hat, wo ich denn sei? Er bräuchte so einen, der giftig ist und mit dem Ball schnell in die Spitze kommt. Ja, schade, habe ich mir gedacht. Ich habe meine Hertha nie aus den Augen verloren. 2009 wäre sie ja beinahe Meister geworden. Am Ende wurde Hertha wieder nur Vierter und verlor anschließend Typen wie Simunic, Friedrich, Woronin und Pantelic. Und Favre ging.
Ihr bitterster Moment mit Hertha?
Ich musste einmal gegen Hertha spielen. Mit Leverkusen. Das war im Dezember 2000, als gerade Berti Vogts Trainer geworden war. Ich musste dieses eine Jahr in Leverkusen spielen. In einem Interview vor diesem Spiel hatte ich gesagt, dass ich für Hertha bin, und dass ich mich, wäre ich Trainer, nicht aufstellen würde. Ich spielte dann doch, wir gewannen 4:0. Trotzdem hatte der Berliner Fanblock mich sowohl beim Warmmachen als auch nach dem Spiel gefeiert: „Zecke olé, Zecke olé!“ Das fühlte sich falsch an und ich sagte mir, ich möchte nie wieder gegen Hertha spielen.
Und für das Rückspiel in Berlin haben Sie sich versteckt?
Na fast. Es war der vorletzte Spieltag, für beide ging es um Europa. 1:1 ging das Spiel aus. Ich hatte zu Vogts gesagt, dass ich auf keinen Fall spielen werde. Dann wollten er und sein Co-Trainer Pierre Littbarski mich einwechseln. Ich sagte: „Leute, in wenigen Wochen bin ich wieder bei Hertha, bringt mich doch nicht rein, ich werde nur rumstehen, ich will doch mit Hertha international spielen.“ Dann habe ich mich sicherheitshalber hinter die Einwechselbank gestellt. Littbarski war stinksauer. Hinterher sagte er mir, dass er mich verstehen kann.