Er ist der, der immer spielt. Nur nicht da, wo er am besten ist. Oder ist Joshua Kimmich doch kein Außenverteidiger?
Kimmich hat beim Klettern vermutlich sogar eine Drehleiter ausgefahren. Er ist schließlich kein Mann für drucksende Selbstbescheidung, sein Ehrgeiz steht dem eines Lothar Matthäus kaum nach. Zum Begriff des Führungsspielers hat er ein komplett unironisches Verhältnis, eines Tages möchte er Kapitän der Nationalmannschaft sein.
Letztlich ist nicht entschieden, welche seine beste Position ist
Faszinierend an seinem Aufstieg ist, dass immer noch gar nicht richtig entschieden ist, auf welcher Position er eigentlich am besten ist. In den Vereinsspielen für RB Leipzig und für den FC Bayern hat er 128 Mal im zentralen Mittelfeld gespielt, meistens in der defensiven Rolle. Sechsmal musste er im rechten Mittelfeld aushelfen, aber 102 Spiele machte er als Rechtsverteidiger. „Als Innenverteidiger kann ich auch spielen“, erinnerte Kimmich das Publikum bei der Pressekonferenz. 20 Spiele machte er auf dieser Position, eingesetzt von Pep Guardiola. Unvergessen ist, wie dieser Kimmich beim 0:0 gegen den BVB im März 2016 direkt nach Spielschluss auf dem Platz schon mit taktischen Hinweisen zutextete.
Auch in der Nationalmannschaft hat Kimmich sieben Mal Innenverteidiger gespielt, zuletzt aber vor zwei Jahren. Nach der WM hingegen ist er von der rechten Abwehrseite auf die Sechs umgezogen. Auch Löws ehemaliger Assistent Hansi Flick, gerade als Krisenbewältiger beim FC Bayern tätig, setzte Kimmich beim triumphalen Sieg im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund als Sechser ein. Das war zwar keine revolutionäre Änderung, denn auch Kovac probierte das hier und da. Allerdings hielt er das für eine Notlösung oder Verschwendung von Fähigkeiten. „Er wird diese Position nicht endgültig verlassen, dafür ist er zu gut. Er kann immer wieder in der Mitte spielen, aber rechts bringt er verdammt viel mit“, sagte Kovac
Zwei Jahre in Folge war Kimmich bester Torvorbereiter der Bayern. Als Mittelfeldspieler bereitete er im Verein nur 15 Tore vor, als Rechtsverteidiger hingegen 36, obwohl er dort insgesamt seltener spielte. Trotzdem hat Löw sich auf Kimmich als Sechser festgelegt. „Das macht er gut, er sorgt für die Symmetrie vor der Abwehr“, sagte Löw nach dem Sieg in Nordirland. Außerdem will er die rechte Abwehrposition für den verletzten Thilo Kehrer freihalten. Aber vielleicht ist es auch einfach notwendig, angesichts der zähen Bastelei wenigstens ein paar Verlässlichkeiten zu schaffen.