Mats Hummels ist der Elder Statesman beim BVB. Mit klaren Ansichten zu den Gründen für Borussias Mentalitätsproblem, Gangsta-Rap in der Kabine und zur AfD.
Das Ende Ihrer Karriere ist zumindest nicht mehr ganz weit weg, was wird danach passieren?
Ich habe eine tiefe Sehnsucht danach, erst einmal aus dieser Welt der geregelten Abläufe auszubrechen. Unser Leben als Profis ist zwar schön, aber über weite Strecken von anderen vorgegeben. Ich weiß, dass es nicht anders geht. Aber wenn es vorbei ist, wird man mich danach erst einmal nicht viel sehen oder hören. Dann werde ich ein ganz normales Leben führen, viel Vater sein und daneben selber bestimmen, was ich wann mache. Ganz oben steht, Tennisturniere wie die US Open oder Australian Open anzuschauen.
Was am Fußball werden Sie nicht vermissen?
Dass in der Kabine immer die gleichen Deppen die Musik machen dürfen. (Lacht.) Inzwischen werden wir alle von den Gangsta-Rappern unterdrückt.
Freuen Sie sich auch darauf, zu einer weniger öffentlichen Figur zu werden?
So schlimm ist das nicht, die meisten Leute sind sehr nett. Sie glauben nur, dass sie einen kennen. Das führt oft zu einer seltsamen Dysbalance im Umgang. Viele Menschen registrieren gar nicht, dass ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wer sie sind, empfinden mich aber als Kumpel.
Wie gehen Sie damit um?
Früher war ich schroffer, inzwischen versuche ich es etwas entspannter zu sehen. Was ich allerdings überhaupt nicht mag, ist angefasst und festgehalten zu werden. Und auf dem Oktoberfest gehe ich auf niemanden ein, sonst hört es nie auf.
Dann heißt es: „Mensch, der Hummels ist aber arrogant!“
Nach dem Oktoberfest würden es wahrscheinlich immer mehrere Tausend Leute sagen. Aber dadurch, dass es mehrere Tausend sind, weiß man schon, wo das Problem ist.
Wie ist der Effekt, wenn Sie selber auf Prominente treffen, die Sie nicht kennen?
Ich habe in München mal in der Stadt gestanden und gedacht: Den kenne ich doch. Dann habe ich gegoogelt, und es stellte sich heraus, dass es einer von „Die Anstalt“ war, der Satiresendung im ZDF. Und ich habe gedacht: Mensch, das ist er ja!
Sie folgen auf Twitter sehr wenigen Leuten, aber der österreichischen Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl, die vor allem über Rechtsradikalismus publiziert. Drückt sich darin ein politisches Interesse aus?
Ich folge ihr seit einigen Monaten, weil sie meiner Ansicht nach viele richtige Sachen geschrieben hat. Und es ist wirklich so, dass bei mir ein Interesse an Politik entflammt ist. Das war nicht immer so, aber seit einigen Monaten haben sich bei mir einige Sorgen aufgetan.
Welche sind das?
Die Argumentation der AfD und deren Art, politische Gegner zu diffamieren, stößt mir schon lange übel auf. Vorher habe ich lange gedacht, das sind halt ein paar Verirrte, die keinen Einfluss haben. Aber inzwischen sitzt die AfD in zu vielen Landtagen, und wenn so Dinge passieren wie bei der Landtagswahl in Thüringen, dann denke ich: Das ist zu groß geworden, das wird sich nicht einfach von selber regeln. Wir müssen uns politisch mit dieser Partei auseinandersetzen.
Was können Sie tun?
Ich finde es gut, dass sich gerade so viele Spieler äußern, denn wir haben über Social Media eine große Reichweite und Wucht. Leon Goretzka ist da sehr eifrig, Antonio Rüdiger und Jerome Boateng ebenfalls. Wir sind Vorbilder für ganz viele Leute, gerade jüngere. Wir können also für die Zukunft vorbeugen und klarmachen, dass Rassismus grundlegend falsch ist. Fußballmannschaften zeigen das auf perfekte Weise, weil da so viele verschiedene Nationen, Religionen und ganz unterschiedliche Typen zusammenkommen.
Was über Appelle hinaus wäre wichtig?
Die Leute sollten wählen gehen, so unspektakulär das klingt. Es geht mir gar nicht darum, eine Wahlempfehlung zu geben. Nur die, was man aus meiner persönlichen Sicht nicht wählen sollte, nämlich die AfD. Und ich gehe davon aus: Je mehr Leute wählen gehen, umso geringer wird der Anteil von Stimmen für das rechte Lager.