Mats Hummels ist der Elder Statesman beim BVB. Mit klaren Ansichten zu den Gründen für Borussias Mentalitätsproblem, Gangsta-Rap in der Kabine und zur AfD.
Dieses Interview erschien erstmals im April in 11FREUNDE #221. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhältlich.
Mats Hummels, Sie wirken in der letzten Zeit auf dem Platz wie ein Elder Statesman, oder würden Sie widersprechen?
Naja, ich habe das Gefühl, in einer guten Verfassung und mit 31 Jahren weiterhin konkurrenzfähig zu sein. Außerdem versuche ich bei Borussia Dortmund meine Rolle so gut auszufüllen, wie es geht.
Wie würden Sie die beschreiben?
Ich soll als einer der Erfahrenen vorangehen, um Ernsthaftigkeit in unser Training und unser Spiel hineinzukriegen.
Wie macht man das?
Zuerst einmal selber konzentriert spielen, seriös arbeiten, im Training und auf dem Platz fleißig sein. Und die Dinge ansprechen, die nicht richtig laufen.
Dürfen wir dann gleich mal über „Mentalitätsscheiße“ sprechen, auch wenn Ihr Mannschaftskapitän Marco Reus über den Begriff nicht mehr debattieren wollte?
Können wir gerne machen, ich werde es nur auseinanderfusseln.
Nur zu!
Ich sage immer: „Mangelnde Mentalität“ ist der kleine Bruder des Stellungsfehlers. Der Begriff wird dann benutzt, wenn man nicht so genau weiß, was falsch gelaufen ist.
Ist es also falsch, über Mentalität zu sprechen?
Nein, aber das ist ein Oberbegriff für viele Dinge. Mut etwa ist sehr wichtig, vor allem, wenn man gegen die ganz großen Mannschaften spielt. Viele Spieler verlieren den Mut, wenn es eng wird. Weil sie befürchten, dass ein Fehler zu schwere Folgen hätte, verlieren sie ihre spielerische Qualität. Den Begriff „Einstellung“ kann man benutzen, um zu beschreiben, wie man an ein Spiel herangeht. Wirft man alles rein und kämpft um jeden Ball? Konzentration und Zielstrebigkeit sind ebenfalls ganz wichtig. Wenn man ein klares Ziel hat, kommt man viel weiter, als wenn man einfach mal so drauflos zockt.
Bei Borussia Dortmund gab es in dieser Saison etliche tolle Spiele, aber …
… man konnte sich bei uns absolut nicht sicher sein, ob man das in der nächsten Woche wieder bekommt.
Eigentlich ist es nicht möglich, dass Borussia Dortmund im eigenen Stadion zur Pause gegen den SC Paderborn mit 0:3 zurückliegt.
In der Theorie nicht.
Die Praxis war anders.
Das war ein Beispiel dafür, wo wir einfach drauflos gespielt haben und nicht wirklich im Kopf hatten, was wir auf dem Platz so machen wollten.
Das dürfte der Trainer der Mannschaft aber mitgeteilt haben, oder?
Natürlich, aber es wird nicht immer perfekt umgesetzt, denn es gibt Spieler, die gehen ins Spiel und denken: „Machen wir schon.“ Das ist aber nur das Symptom, die Ursache ist, dass wir zu oft riskant gespielt haben. Der mögliche Nutzen und das damit verbundene Risiko standen nicht im richtigen Verhältnis. Wir haben in Bereichen auf dem Platz etwas riskiert, wo noch viel passieren muss, um eine Torchance herauszuspielen, wo aber zugleich nicht viel passieren muss, damit der Gegner eine große Konterchance bekommt.
Wie versuchen Sie gegenzusteuern?
Das sind die Szenen, in denen man mich mit weit ausgestreckten Armen über den Platz rufen sieht. Aber während einer Halbzeit auf das Spielgeschehen Einfluss zu nehmen, ist fast unmöglich.