Der FC Bayern hat aufgerüstet, um international den Anschluss nicht zu verlieren. Die deutsche Meisterschaft ist damit wieder mal entschieden. Oder?
Was ist neu? Die Transferstrategie. Nachdem sich die Bayern im internationalen Vergleich über Jahre dem Trend verwehrt hatten, internationale Superstars für viel Geld an die Säbener Straße zu locken und stattdessen – neben wenigen Großinvestitionen wie Leroy Sané oder Lucas Hernandez – vor allem auf entwicklungsfähige, beinahe unbekannte Spieler wie Bouna Sarr oder Tanguy Nianzou sowie altgediente Bundesligaprofis (Sabitzer, Goretzka, Pavard) setzten, drehte der Rekordmeister in diesem Sommer am großen Rad. Sadio Mané, Matthijs de Ligt, Mathys Tel, Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui, alles Namen, die die Fantasie anregen. Denn auch wenn das letztjährige Viertelfinal-Aus gegen Villarreal in der Champions League eher als Betriebsunfall zu bewerten sein dürfte, sind die namhaften Neuzugänge ein klares Zeichen an die Konkurrenz. Also an die internationale. Denn der Bundesliga sind die Bayern ohnehin längst entwachsen.
Was ist so geblieben (verdammt nochmal)? Womit wir bei der Beantwortung dieser Frage wären. Denn natürlich ist es nur schwer vorstellbar, dass der FC Bayern in dieser Saison und also nicht zum elften Mal in Folge die deutsche Meisterschaft feiern dürfte. Mal wieder drängt sich der Verdacht auf, dass die Bayern in der ersten Saisonhälfte nur interessant sind, sollten sie drohen, ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden, um dann erst so richtig in der zweiten Saisonhälfte interessant zu sein, wenn sie ihre eigenen Ansprüche dann tatsächlich nicht vollumfänglich erfüllen. Ein Transferminus von 58,1 Millionen Euro haben die Bayern bislang erzielt. Nur sieben andere Bundesligisten stehen ebenfalls in den roten Zahlen – sie haben zusammengerechnet nur eine wenig schlechtere Bilanz als die Münchener allein. So viel zu den Verhältnissen. Aber die Bayern haben eben andere Ziele. Als beim letzten Mal jemand aus dem Großbereich Wien derart rücksichtslos an die Spitze wollte, rappte Money Boy vom Swag.
Seit einem Jahr ist Oliver Kahn Vorstandschef des FC Bayern. Hier zieht er Zwischenbilanz und erklärt, ob die Bundesliga jemals wieder spannend wird.
Was fehlt? Der Zielspieler. Bisher war das Spielprinzip des FC Bayern auf seine Grundprinzipen heruntergebrochen doch einfach: Irgendwie muss die Pille zu Robert Lewandowski. Der Superstürmer traf dann meist oder schaffte zumindest Räume für seine Mitspieler, die diese zu nutzen wussten. Nun hofft der amtierende Meister, die 30 bis 40 fehlenden Tore des zum FC Barcelona abgewanderten Weltklassestürmers auf mehrere Schultern zu verteilen. Sadio Mané, Leroy Sané, Serge Gnabry sowie Thomas Müller und Jamal Musiala werden häufiger treffen müssen, um den Polen vergessen zu machen. Immerhin: Dass der FC Bayern sich in einer gewissen Weise wird neu erfinden müssen, ist eine spannende Fußnote in einer ansonsten absehbar langweiligen Bundesligasaison.
Wenn dieser Verein ein Getränk wäre: stilles Mineralwasser. Die absolut passende Wahl in jeder Lebenslage, um sich gesund und richtig zu ernähren. Makellos. Professionell. Super super. Doch spätestens nach dem zehnten Glas fällt einem auf, dass das auf Dauer ziemlich langweilig ist. Und zumindest zwischendurch etwas Sprudel (erzürnte Hoeneß-Anrufe im Doppelpass, o.ä.) ins Nass gehört, solange nicht irgendjemand die Hoffnung erfüllt, das Wasser endlich in Wein (irgendein anderer Verein) zu verwandeln.
Das 11FREUNDE-Orakel: Der FC Bayern München wird Deutscher Meister. An dieser Stelle ließe sich das Für und Wider zu dieser These diskutieren, aber wozu? Als der FC Bayern zum letzten Mal nicht die Schale am Saisonende in der Hand hielt, tagte in Rio de Janeiro die Konferenz der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung. Passiert ist seitdem: nichts. Und also gilt im Klimaschutz derselbe Grundsatz wie in der Bundesliga: Damit sich hierzulande etwas ändert, wird man die Bayern auf die Knie zwingen müssen.