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Rudi Völler, am 15. November 1980 spielten Sie als Stürmer von 1860 Mün­chen zum ersten Mal im Ulrich-Haber­land-Sta­dion. Welche Erin­ne­rungen haben Sie an dieses Aus­wärts­spiel in Lever­kusen?
Alles wirkte ein biss­chen grau, fast leblos. Viel­leicht lag es daran, dass das Lever­ku­sener Sta­dion in jener Zeit fast immer halb­leer war. Nur hier und da ver­irrten sich ein paar Zuschauer.

Der Pil­len­dre­her­klub“ war alles andere als en vogue.
Unter einem Fir­men­label wie dem Bayer“-Kreuz auf­zu­laufen war zu dieser Zeit noch recht unge­wöhn­lich. Als Spieler eines anderen Ver­eins blickte man mit­unter etwas von oben herab auf den Klub. Mög­lich, dass es – ich will nicht sagen pein­lich – aber für einige Kicker nicht gerade das Größte war, aus­ge­rechnet für Bayer Lever­kusen zu spielen.

Sie kennen Bayer 04 als Gegen- und Mit­spieler, aus der Per­spek­tive des Trai­ners und nun schon lange als Sport­di­rektor. Wann fing der Verein an zu glänzen?
Den kon­kreten Zeit­punkt weiß ich nicht, es muss irgend­wann zur Zeit der Wende gewesen sein. Die Mann­schaft holte 1988 den UEFA Pokal und der Verein ver­pflich­tete Spieler wie Ulf Kirsten, Andreas Thom…

…und 1994 dann auch Sie. Haben Sie es sich damals zweimal über­legen müssen, ob Sie zum Werks­klub“ wech­seln sollen?
Nein, über­haupt nicht. Als ich kam, hatte sich schon einiges getan: Bernd Schuster war ein Jahr zuvor von Atlé­tico Madrid geholt worden, der Verein befand sich längst in einer Art Umbruch – es herrschte Auf­bruch­stim­mung.

Es war nie mein Wunsch, Trainer zu werden.“

Seither ist Bayer 04 in steter Ver­än­de­rung.
Wobei Ver­än­de­rung hier anders defi­niert wird. In Lever­kusen war man schon immer darauf bedacht, Dinge nie­mals nur um des Ver­än­derns­willen zu ver­än­dern. Wir stellen hier nicht – wie einige andere Klubs – alles um, nur weil es viel­leicht gerade schick ist, den Medien ver­meint­lich inno­va­tive Ideen zu prä­sen­tieren.

Welche Idee war denn fort­schritt­lich und sinnig zugleich?
Unsere Werkself“-Kampagne. Das war die beste Idee, die man hier je hatte.

Dabei galt dieser Begriff in Lever­kusen lange als Unwort.
In den 80er und 90er Jahren lag der Werks­cha­rakter wie eine Zent­ner­last auf den Schul­tern des Ver­eins. Anstatt aber offensiv mit dieser Beson­der­heit umzu­gehen, war der Klub inmitten der tra­di­ti­ons­rei­chen natür­li­chen“ Fuß­ball­klubs der Bun­des­liga mit dieser Bezeich­nung unglück­lich. Dass wir uns nach außen nun als Werkself“ prä­sen­tieren, setzt einen ursprüng­lich negativ besetzten Cha­rak­terzug auf krea­tive Art in ein posi­tives, strah­lendes Licht.

Auch die Fans haben sich mit dem Werks­cha­rakter arran­giert.
Die sind sogar stolz darauf: Vor einiger Zeit hieß es, dass das rie­sige Bayer-Kreuz in der Nähe des Werks abge­rissen werden sollte. Was früher ver­mut­lich Freu­den­tänze bei den Anhän­gern her­vor­ge­rufen hätte, ver­an­lasste die Fans nun zu Pro­testen. Sie haben bewirkt, dass das Kreuz bleibt.

Eine para­doxe Reak­tion.
Wieso? Es zeigt doch nur, dass der Werks­cha­rakter für die Fans inzwi­schen Kult­cha­rakter besitzt und Teil der Klub­tra­di­tion geworden ist.

Uli Hoeneß sagte einmal über den FC Bayern: Dieser Verein ist mein Leben.“ Können Sie diesen Satz auch über Bayer Lever­kusen sagen?
Hätte mir Anfang der 90er jemand gesagt, dass ich hier mit Unter­bre­chungen 14 Jahre arbeite, hätte ich das wohl nicht geglaubt. Aber heute kann ich über­zeugt sagen: Ich fühle mich hier zu Hause. Wenn man so lange an und mit einer Sache arbeitet, hängt man auch an ihr.

Sie waren Spieler, Ver­eins- und Natio­nal­trainer. Heute bekleiden Sie die Posi­tion des Sport­di­rek­tors. Geht Ruuudi“ in der Rolle des Funk­tio­närs wirk­lich auf?
Viel­leicht ver­wun­dert es Sie, aber es ist die Rolle, die mir am nächsten kommt. Es war nie mein Wunsch, Trainer zu werden. Schon bei meinen letzten Spie­ler­sta­tionen schaute ich den Mana­gern und Prä­si­denten immer wieder über die Schulter. In Rom bekam ich einen guten Ein­blick, wie Trans­fers abge­wi­ckelt werden. Und in Lever­kusen wurde Reiner Cal­mund dann zu meinem Lehr­meister.