Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, mit dem Tischkicker auf große Fahrt zu gehen?
Stefan Perlebach: Als feststand, dass wir mit dem VW-Bus diese alte Hippieroute abfahren wollen, suchten wir noch nach einem Medium, um mit Leuten vor Ort einfach in Kontakt zu kommen, auch wenn wir die Sprache nicht beherrschen. Der Tischkicker ist dafür perfekt geeignet. Erstens spielen wir ja selbst sehr gerne, zweitens begreift jeder das Spielprinzip sehr schnell und kann sich leicht verbessern. Und das beste: Egal wo wir auftauchen, das Spiel sorgt sofort für Sympathien und baut mögliche Skepsis schnellstmöglich ab.
Wie transportiert man denn so einen Tisch?
Simon Striegel: Das Besondere an unserem Tischkicker ist, dass er sich trotz seiner 75 kg innerhalb weniger Minuten auf- und abbauen lässt. Da es zu zweit in unserem T3-Bus schon mal eng werden kann, waren wir natürlich sehr froh, das passende Modell für unsere Zwecke gefunden zu haben. Wir haben nun seit fünf Monaten alle Leute, die uns begegnet sind, auf dem Tisch unterschreiben lassen. So haben sich pakistanische Grenzsoldaten, indische Slumkinder und viele andere inzwischen darauf verewigt und kleine Kunstwerke hinterlassen. Den Tisch wollen wir dann nach Ende unseres Projektes für einen guten Zweck versteigern.
Wie habt ihr die Route ausgewählt?
Stefan: Als der Entschluss feststand, eine Reise mit einem Auto zu machen, stand die Route eigentlich bereits fest. Will man aus Europa raus, ist die Südroute nach Indien wohl die naheliegendste, wohl aber auch die spannendste Strecke. Wir wollten natürlich auch etwas Ungewöhnliches machen und da hörten sich die Länder Türkei, Iran, Pakistan und Indien sehr interessant an.
Wie war es in Pakistan?
Stefan: Ich muss sagen, dass ich vor Pakistan doch etwas Respekt hatte, zumal überall gesagt wurde, wie gefährlich es dort ist. So planten wir beispielsweise, in 2 Tagen schnellstmöglich dort durchzufahren. Am Ende blieben wir 3 Wochen, wanderten im pakistanischen Hindukusch und fühlten uns zu keiner Zeit unsicher. Das vermittelte Medienbild eines Landes hat dann oft nicht viel mit der Realität zu tun, wobei es sicherlich bestimmte Ecken gibt, denen man lieber fern bleibt.
Wie lange seid Ihr unterwegs?
Simon: Unseren Trip haben wir am 15. Februar von Wismar an der Ostsee aus gestartet – wir sind nun also bereits seit fünf Monaten unterwegs. Mit den größeren Schlenkern, die wir vor allem in Pakistan und Indien nach Norden in den Himalaya gemacht haben, haben wir inzwischen eine Strecke von 17000km zurückgelegt und auf dem Weg so manches gesehen und erlebt. Bei einem durstigen Bulli, der zudem noch mit dem Kickertisch beladen ist, haben wir bestimmt 2 000 Liter Benzin verfeuert. Dafür konnten wir aber bei Übernachtungen sparen. Schlafen tun wir entweder im Bus – darin gibt es ein komfortables Bett – oder kommen bei Locals zu Hause unter.
Wonach entscheidet Ihr, wo Ihr Euren Kicker aufstellt?
Stefan: In Europa haben wir den Kicker meistens vor berühmten Gebäuden, wie das Münchner Olympiastadion, das Schloss Schönbrunn in Wien oder die Parlamente in Budapest und Bukarest aufgebaut. Später haben wir dann immer nach Lust und Laune aufgebaut, meistens dort, wo gerade viel los war, wo es ungewöhlich zuging oder auch mit Vorliebe dort, wo gerade viele Kinder herumturnen.
Wie reagieren die jeweiligen Locals auf Euer Spielangebot?
Simon: Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. In einigen Teilen Europas sind wir zunächst einer großen Zurückhaltung begegnet – die Menschen schauten zwar neugierig, hielten aber zumeist Sicherheitsabstand. Spätestens ab der Türkei sind die Menschen viel aufgeschlossener auf uns zwei und das unbekannte Spielobjekt zugegangen. Vor allem in Indien war gar kein Schamgefühl mehr auszumachen und es wurde um die einzelnen Stangen gerungen oder Kinder fingen einfach an, am falschen Ende der Stangen zu drehen. Wenn man die strahlenden Augen und den Spaß der Kinder sieht, ist ja eigentlich auch egal, was genau am Tisch passiert.
Was war das bizzarste Erlebnis?
Simon: Da war in jedem Fall von allem etwas dabei. Im Iran hat man uns mal für westliche Spione gehalten, weil wir mit unserem Bus zufällig in die Nähe eines streng bewachten Atomprogramms geraten waren. Da gab es dann erstmal ein Verhör einschließlich Durchsuchung. Das Ganze ging dann glimpflich aus – man muss ja auch schon ein paar zu viele Filme gesehen haben, um zwei Jungs im quietschgrünen Bus mit Kicker an Bord für James Bond und Co. zu halten. In Pakistan ging es dann weiter mit den Überraschungen: Zwei Tage vor der Ermordung Osama Bin Ladens sind wir auf dem Weg in den Hindukusch durch das beschauliche Örtchen Abbottabad gefahren, wo er sich häuslich eingerichtet hatte. Das war dann schon ein bizarres Gefühl, dem ganzen Geschehen so nahe gewesen zu sein.
Wie kam es zum Spiel mit der iranischen Nationalmannschaft?
Simon: Im Vorfeld unserer Reise ist Volker Gröschl vom Tischfußballverband Hessen auf unser Projekt aufmerksam geworden und war schier begeistert von unserem Plan. Er hat dann unsere Idee in der deutschen Tischfußball-Community beworben und im Reiseverlauf über uns berichtet (zu sehen ist das ganze unter https://www.tfv-hessen.de/). Zwischen Volker und den Nationalteams des Iran und Indiens gab es bereits persönliche Kontakte, die dann für unser Projekt wieder reaktiviert worden sind. So wurde uns dann in Tehran und Chandigarh ein großartiger Empfang bereitet, wo wir dann in Kicker-Clubs oder Schulen mit unserem Tisch aufgeschlagen sind. Gegen das iranische Nationalteam haben wir leider nicht viel Land gesehen, selbst auf unserem Tisch sahen wir dann doch eher wie Schönwettertischfußballer aus.
Wie viele Bälle habt Ihr schon eingebüßt; wie viele Ersatzbälle habt Ihr dabei?
Stefan: Wenn ich mich richtig erinnere, hatten wir am Anfang der Reise bestimmt 4 – 5 Bälle dabei, die letzten Tage wurde es aber tatsächlich schwierig, überhaupt noch einen Ball im Auto zu finden. Ich weiß, dass uns ein Ball vor dem Taj Mahal in Agra geklaut wurde, manchen Kindern verschenkten wir welche als Andenken, der Rest wird sicherlich irgendwo zwischen Deutschland und Indien sein. Handschuhe fanden wir eigentlich immer albern und so zu sehr auf dicke Hose gemacht, haben daher nie welche benutzt. Als wir allerdings bei fast 50 Grad in Pakistan und Indien geradezu zerlaufen sind, hätten wir uns beim Spielen ein bisschen mehr Gripp an der Stange gewünscht. mehr Infos unter: www.globekicker.de