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Edu­ardo Otero, Sie sind Fan von San Lorenzo und haben ein Crowd­fun­ding ins Leben gerufen, um den Verein nach Hause zu holen. Haben Sie auch schon einen Qua­drat­meter des Grund­stü­ckes für das neue Sta­dion gekauft?
Selbst­ver­ständ­lich! Fast jeder Lorenzo-Fan hat das.

Wie kamen Sie auf die Idee, selbst Spenden zu sam­meln?
Ich lebe seit vier Jahren in London und wollte auch den Men­schen in Europa die Sache ans Herz legen. Es gibt ein ganz ähn­li­ches Pro­jekt in Argen­ti­nien, das mich inspi­riert hat. Da sam­meln die Men­schen schon lange für San Lorenzo. Jeder Qua­drat­meter kostet etwa 160 Euro, das ist eine Menge für einen durch­schnitt­li­chen Argen­ti­nier, aber das ist es uns wert. Es geht schließ­lich darum, nach Hause zurück­zu­kehren.

Zuhause – das ist Boedo, ein Stadt­teil von Buenos Aires. 1979 ver­loren der Verein und seine Fans dort ihr Sta­dion. Wie konnte das pas­sieren?
Wäh­rend der Mili­tär­dik­tatur in den späten sieb­ziger und frühen acht­ziger Jahren litt Argen­ti­nien unter einer poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Krise. San Lorenzo ging es in dieser Zeit finan­ziell sehr schlecht, was die Regie­rung zum Anlass nahm, den Verein zu ent­eignen und das alte Gasó­metro-Sta­dion in Boedo abzu­reißen. Und das alles unter dem Vor­wand, das Gebiet reur­ba­ni­sieren zu wollen, also neue Straßen und Wohn­blöcke zu bauen. Dagegen konnte sich der Verein nicht wehren. Man muss dazu sagen, dass das Gasó­metro seit den Zwan­zi­gern eines der größten Sta­dien in Buenos Aires war. Sogar die Natio­nal­mann­schaft spielte dort. Trotzdem ent­hielt San Lorenzo nur eine trau­rige sym­bo­li­sche Summe als Ent­schä­di­gung.

Sie spre­chen von einem Vor­wand. Der Plan wurde nie umge­setzt?
Nein, nur zwei Jahre später wurden die rund 35.000 Qua­drat­meter Land für umge­rechnet sieben Mil­lionen Euro an Car­re­four wei­ter­ge­reicht, einen fran­zö­si­schen Han­dels­kon­zern. Die haben auf unserem Boden einen ver­fluchten Super­markt gebaut!

Ist der Verein also der Dik­tatur zum Opfer gefallen?
Meiner Mei­nung nach ja. Finan­ziell ging es dem Verein nach dem Umzug zwar besser und im Nuevo Gasó­metro stieg er nach kurzer Zeit in der zweiten Liga auch wieder in die Pri­mera Divi­sión auf. Aber den Grund für den Orts­wechsel konnte nie­mand ver­gessen. Nicht nur der Verein, son­dern gefühlt der ganze Stadt­teil wurde übers Ohr gehauen, und der Fuß­ball ist seitdem auf fatale Weise mit der Politik ver­flochten.

Wie fühlt es sich für einen Fan an, sein Zuhause ver­loren zu haben?
Ich bin viel zu jung, um dabei gewesen zu sein, aber der Groß­vater eines Freundes hat oft vom alten Sta­dion erzählt. Die Men­schen haben sich damals gefühlt, als habe man ihnen etwas Wert­volles weg­ge­nommen, als habe man ihnen einen Teil der Heimat gestohlen. Und hei­matlos fühlen wir uns noch heute. Die Ver­eine in Buenos Aires sind so tief in ihrem jewei­ligen Stadt­teil ver­wur­zelt, dass er einen großen Teil ihrer Iden­tität aus­macht. Es geht mir als Fan ja längst nicht nur um das Spiel an sich. Es geht darum, mein Viertel zu reprä­sen­tieren und voller Stolz mein Trikot zu den Spielen aus­zu­führen. Wir cuervos“ – so nennen wir uns tra­di­tio­nell – sind wie eine große Familie.

Der soziale Aspekt wiegt also fast schwerer als der sport­liche?
Zumin­dest ist er ebenso wichtig. Zum alten Gasó­metro gehörten auch ein Schwimmbad und eine Turn­halle, es gab Tanz­stunden und den Tango, der in der Iden­ti­fi­ka­tion der Ein­wohner mit ihrem Stadt­teil min­des­tens genauso bedeu­tend ist wie der Fuß­ball. Seit Jahren wird des­halb auch ver­sucht, das Ver­eins­leben auf­recht­zu­er­halten. Da gibt es immer noch dieses kleine Ver­eins­ge­bäude neben dem Super­markt, wo die Men­schen aus Boedo ver­su­chen, gegen den Ver­lust ihrer Iden­tität anzu­tanzen.