Abstiegskampf, Sekt oder Selters. Aber wie bereiten sich die Abstiegskandidaten auf den letzten Spieltag vor? Und was sollten sie stattdessen tun?
Platz 18: SC Paderborn
Was der Klub macht:
Das einzig Vernünftige: Er setzt auf die glücksbringende Kraft der Paderborner Schornsteinfeger. Im Heimspiel gegen Stuttgart werden sämtliche Schornsteinfeger des Kreises Paderborn im Stadion sein, um der Mannschaft von André Breitenreiter Glück zu bringen. „Bei so vielen Glücksbringern kann im letzten regulären Meisterschaftsspiel der Saison 2014/2015 eigentlich nichts mehr schief gehen!“, ließ der Verein wissen. Klingt irgendwie dämli.… äh, toll.
Was der Klub machen sollte:
Hufeisen auslegen. Vierblättrige Kleeblätter suchen. Sämtliche schwarzen Katzen Paderborns der Stadt verweisen. An den Ticketkassen nur Glückspfennige akzeptieren. Leitern vor der Gästekabine aufstellen, unter denen die Stuttgarter dann durchgehen müssen. Glücksschweine durchs Dorf treiben. Auf Holz klopfen bis die Hände bluten. Oder aber, nur so eine Idee, ordentlich Fußball spielen.
Was passieren wird:
Tja, da können sich die Schornsteinfeger gegenseitig mit Fliegenpilzen füttern, bis sie Glückspfennige kotzen, der SC Paderborn wird absteigen. Alles andere wäre eine Sensation, denn der SCP ist mit Abstand der underdoggigste Underdog der jüngeren Ligageschichte und hat sich im Premierenjahr gut verkauft. Für die Paderborner Glücksritter aber auch kein Beinbruch, denn wahres Glück findet man ja bekanntermaßen in den kleinen Dingen. Und was ist kleiner als die Erste Liga? Richtig…
Platz 17: Hamburger SV
Was der Klub macht:
Den Geist von Malente beschwören. Vor dem letzten Saisonspiel gegen Schalke zieht es den HSV in die jugendherbgerige Abgeschiedenheit der legendären Sportschule, in der Hoffnung, Beckenbauer, Breitner und Co. mögen ein paar Krümel des legendären Geistes von Malente dort übrig gelassen haben. Jener verhalf der Nationalmannschaft 1974 schließlich zum Weltmeistertitel. Da dürfte ein erfolgreich bestrittener Abstiegskampf ja wohl kein Problem sein.
Was der Klub machen sollte:
Absteigen. Niemals zuvor in der langen und illustren Geschichte des Missmanagements ist ein Klub derart konsequent und über Jahre für jeden ersichtlich an die Wand gefahren worden. Ein Aufsichtsrat von der Größe einer Big Band, Trainerwechsel im Monatstakt und eine Einkaufspolitik wie ein Kleinkind im Süßwarenladen – der HSV ist bloß noch ein Schatten jenes großen Vereins, der er einmal war. Vielleicht, ganz vielleicht, könnte ein Abstieg einen kathartischen Effekt haben und dem Klub die Möglichkeit geben, sich rundzuerneuern. Vielleicht dann nicht mehr mit Dino als Maskottchen, dafür mit Phönix.
Was passieren wird:
Gibt es jemanden im Großraum Hamburg, der sowohl eine Ausbildung zum Bestatter als auch zum Uhrmacher hat? Falls ja, möge er oder sie sich bitte bei den HSV-Verantwortliche melden. Denn am Samstag wird der HSV absteigen, und das Abschalten der Uhr wird sich wie eine Beerdigung anfühlen. Traurig aber wahr.
Platz 16: VfB Stuttgart
Was der Klub macht:
Optimistisch denken. Derzeit prüft der VfB Optionen für ein Public Viewing in Stuttgart im Falle der Relegation, was irgendwie überheblich klingt, irgendwie aber auch angebracht. Denn trotz der übelsten Saison der jüngeren Vereinsgeschichte hat es der VfB wohl doch noch geschafft, das Ruder im letzten Moment herumzureißen. Nun folgt die Kür, um anschließend im Relegations-Derby gegen den KSC halb Süddeutschland abzureißen.
Was der Klub machen sollte:
Vielleicht einen Ausflug in den Stuttgarter Zoo, mit ausgedehnter Tour durch das Affenhaus. Schließlich hat die Affen-Taktik im Spiel gegen den HSV ganz prima(t) geklappt.
Was passieren wird:
Affenkönig Huubs treue Silberrücken werden die Paderborner zerfleischen wie einst die Mutantengorillas den arglosen Forschertrupp in „Congo“. Nachdem der VfB mit einem 4:0 die Klasse gehalten und die Zuschauer mit Fäkalien beworfen hat, wird das Team im Schatten an der Eckfahne zusammenkommen, sich ausgiebig lausen und bei ein paar Bananen den Klassenerhalt feiern. Vielleicht.
Platz 15: Hannover 96
Was der Klub macht:
Ins Kloster gehen. Was genau dort dann passiert, wissen wir allerdings nicht. Aber in unserer Fantasie sehen wir Hohepriester Michael Frontzeck in Talar in einem kerzenbeschienenen Raum stehen, wie er die heilige Kommunion in Form einer Voltaren-Tablette und eines Schluckes Isostar an seine Jünger verteilt, während draußen vor dem Kloster Martin Kind seine 50+1 Thesen an die Tür schlägt. Amen.
Was der Klub machen sollte:
Beten geht schon in Ordnung, denn wenn die 96 nach dieser lausigen Rückrunde tatsächlich noch die Klasse halten, grenzt das an ein Wunder. Sollte sich erneut Lars Stindl zum Matchwinner aufschwingen, dürfte er zudem in Sankt Lars, Schutzpatron der Stadt Hannover umbenannt werden.
Was passieren wird:
Tja, die Wege des Fußballgottes sind unergründlich. Ihn mit Opfergaben milde zu stimmen – etwa durch literweise Bier – haben wir selber schon oft genug versucht, leider aber nur selten mit Erfolg. Zudem kommt mit Freiburg ein wahrlich irdischer Gegner, der eher unspirituell genau das tun wird, was er kann, nämlich kämpfen bis zum Umfallen. Letztlich aber auch egal, denn als fußballgottesfürchtige Menschen wissen die Hannoveraner: Auch jenseits der ersten Liga geht das Leben weiter, und Wiederauferstehungen sind durchaus möglich.
Platz 14: SC Freiburg
Was der Klub macht:
Kuscheln. „Wir brauchen kein Kurztrainingslager oder Teambuilding-Maßnahmen, wir sind ohnehin schon alle ganz eng beieinander“, säuselte Wieder-Torjäger Admir Mehmedi unlängst. Wie das dann aussieht, das Eng-Beieinandersein, wissen wir leider nicht genau. Aber wir haben mal gelesen, dass eine Umarmung, die länger als 20 Sekunden dauert, eine therapeutische Wirkung auf Körper und Geist hat. Verantwortlich dafür ist das Hormon „Oxytocin“, das dann vermehrt ausgeschüttet wird und einem dabei hilft, sich zu entspannen und sicher zu fühlen. Und das sind ja schonmal gute Vorraussetzungen.
Was der Klub machen sollte:
Einfach so weiter. Keiner der abstiegsbedrohten Klubs ist derart erfahren im Umgang mit dieser Ausnahmesituation wie der SCF, der ja quasi traditionell jedes Jahr als sicherer Abstiegskandidat gehandelt wird. Und ebenfalls traditionell sind mittlerweile die Rettungen auf der Zielgerade, die die Breisgauer Jahr für Jahr dann doch hinlegen. Also: cool bleiben, weitermachen, drinbleiben.
Was passieren wird:
Christian Streich wird 90 Minuten lang an der Seitenlinie stehen und sämtliche der Menscheit bekannte Grimassen und Verrenkungen vorführen, nur um seinen Spielern dann nach Schlusspfiff vor Freude weinend in die Arme zu fallen. Große Gefühle im Breisgau und ein weiteres Jahr Streichsche Verschwörungstheorien für die Liga. Juhu.
Platz 13: Hertha BSC
Was der Klub macht:
Reine Poesie. Im Interview mit der „B.Z.“ gab Trainer Pal Dardai so wunderschöne Sätze von sich wie: „Ich bin reingeworfen worden ins tiefe Wasser. Und am letzten Spieltag sind die Krokodile noch da. Wir nehmen Messer und alles mit.“, oder auch „ Ich rechne immer damit, frage mich, wo liegt der Teufel? Wo liegt der Teufel, wenn etwas schiefgeht?“ Tja, wissen wir auch nicht, wo der Teufel liegt oder warum die Krokodile noch da sind. Klingt aber ziemlich cool, wie eine Mischung aus „Indiana Jones“ und „Der Exorzist“. Also: Samstag Kinoabend bei uns, wir besorgen die Filme, ihr bringt Popcorn mit.
Was der Klub machen sollte:
Endlich mal seine Chancen verwerten. Gegen die Eintracht am vergangenen Samstag versiebten die „blinden Stürmer“ (O‑Ton Thomas Kraft) die Gelegenheit, den Klassenerhalt endlich einzutüten. Aber wer lieber arrogante Fantasie-Lupfer probiert oder den Ball aus fünf Metern neben das Tor setzt, darf sich nicht beschweren, wenn noch gezittert werden muss. Andererseits: Als graumäusigster aller europäischen Hauptstadtklubs muss man seinen Fans auch ab und an ein wenig Spannung bieten. Und das hat ja immerhin geklappt.
Was passieren wird:
Nichts. Kann auch gar nicht, schließlich hat die Stadt Berlin, sollte die Hertha tatsächlich noch auf den Relegationsrang rutschen, ein Problem: Innerhalb von zehn Tagen wären drei Endspiele im Olympiastadion auszutragen, die Relegation, das DFB-Pokalfinale und das Finale der Champions League. Und wer mit der Berliner Arbeitsmoral vertraut ist, die sich zum Beispiel am Bau des BER-Flughafens, auf dem Amt oder auch alltäglich in der S‑Bahn zeigt, der weiß: das wird das pure Chaos.