Am Samstag empfängt der FC Bayern München den VfL Bochum. Im Tor der Bochumer: Manuel Riemann. Ratter, ratter, ratter: Bayern und Riemann – da war doch mal was!? Genau! Vor 14 Jahren machte der damals 18-jährige Keeper von Wacker Burghausen gegen den FCB das Spiel seines Lebens.
Es ist der 6. August 2007. Der SV Wacker Burghausen trifft im DFB-Pokal auf den FC Bayern München. Es ist das letzte Spiel der ersten Runde, ein Montagabendspiel. Die Bayern haben ordentlich aufgerüstet und ihre neuen Stars allesamt im Gepäck. Franck Ribery bestreitet sein erstes Pflichtspiel für den Rekordmeister, Miroslav Klose ebenfalls. Alles andere als ein deutlicher Sieg gegen die gerade aus der zweiten Liga abgestiegenen Burghausener scheint ausgeschlossen. Doch es kommt natürlich anders.
Weil sich Manuel Riemann, der gerade erst Stammkeeper in Burghausen geworden ist, den unzähligen Angriffen des Rekordmeisters mit allem entgegenwirft, was er zu bieten hat. Der „kicker“ zählt fünf Paraden des gerade einmal 18 Jahre alten Wacker-Torhüters – zwischen der 17. und 27. Minute. Auch nach dem Seitenwechsel geht es so weiter, Riemann scheint einfach nicht zu überwinden.
Zwei Paraden, ein Treffer – gegen Kahn
„Es waren auch viele Bälle dabei, die ich einfach halten musste“, sagte Riemann später nüchtern zu seiner Leistung. „Und wenn man einmal drin ist in so einem Spiel“, sagt er, „wenn ein Angriff nach dem nächsten auf einen zurollt, dann ist es für einen Torhüter auch einfacher, über sich hinauszuwachsen.“
Als Burghausen dann durch Thomas Neubert überraschend in Führung geht, liegt plötzlich sogar eine Sensation in der Luft. Einmal jedoch ist Riemann machtlos. Miroslav Klose köpft den Ausgleich. Es geht in die Verlängerung. Danach ins Elfmeterschießen. Und die Riemann-Show geht in die finale Phase. Er pariert die Elfmeter der Argentinier José Sosa und Martin Demichelis. Schließlich schreitet er selbst zum Punkt – und lässt Oliver Kahn keine Chance.
Der fünfte Wacker-Schütze Markus Pallionis kann Burghausen eine Runde weiter schießen, die Sensation ist zum Greifen nahe. Doch nun fühlt sich Oliver Kahn angestachelt, pariert erst diesen, dann den nächsten Elfmeter. Weil Christian Lell zwischendurch getroffen hat, schrammt der FC Bayern haarscharf an einer Blamage vorbei und kommt eine Runde weiter. Ein paar Monate später gewinnt er den Pokal. Und Riemann? Der ist irgendwie der Held des Abends, doch auch einer der Verlierer. Er schüttelt sich, wird für seine Paraden im Stadion gefeiert, grüßt vor laufenden Kameras seine Freundin und seine Familie und fährt nach Hause.
Als Riemann einen Tag später vor dem Training die Kabine betritt, traut er seinen Augen nicht. „Plötzlich lagen da knapp 200 Briefe, allesamt an mich gerichtet. Fanpost“, erzählt der junge Torwart. „Da wurde mir so langsam klar, dass die Sache doch noch nicht zu Ende war.“ In der Folge prasselt ein ungeahnter Medienansturm auf den Drittliga-Torhüter ein. Die „Bild“ wittert die Möglichkeit, mit der Geschichte des neuen Torwarttalents für die kommenden Wochen ihre Seiten zu füllen, auch die „Süddeutsche Zeitung“ macht ihn zum Thema, der „Spiegel“ ebenso. Und Riemann macht mit. Bereitwillig gibt er Auskunft, behauptet frech, dass die Nationalmannschaft sein Ziel ist, holt seine Freundin Tina zu einem Fotoshooting hinzu und vermittelt ihr ein Interview mit der „Bild“-Zeitung.
Das Lob kommt sogar von höchster Stelle: „Da stand einer im Tor, der hat einen Magneten im Handschuh“, sagt Uli Hoeneß. In Burghausen erzählt man sich hernach lange, der Münchener Macher habe sich eigenhändig die Nummer Riemanns besorgt. „Mein Ziel ist die Bundesliga. Wenn’s irgendwann mit den Bayern klappt, hätte ich nichts dagegen“, sagt Riemann zu seinen weiteren Karriereplänen. Doch Hoeneß ruft nie an.