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Seite 2: Der Corona-Taifun peitschte die stürmische See bei Werder noch an

Bau­mann stand in diesen Monaten für seine Trans­fer­po­litik schwer unter Beschuss, Koh­feldt war als Übungs­leiter prak­tisch aus­ge­zählt – und wäre ver­mut­lich bei jedem Bun­des­li­gisten, vom SC Frei­burg mal abge­sehen, längst ent­lassen worden. Statt­dessen aber nah­menin der medi­zi­ni­schen Abtei­lung des Klubs meh­rere Per­sonen ihren Hut. Doch der Auf­sichtsrat, der Vor­stand, die Mit­ar­beiter der Geschäfts­stelle und die sport­liche Lei­tung hielten in dieser stür­mi­schen See zusammen – die der Corona-Taifun mit seinen wirt­schaft­li­chen Hiobs­bot­schaften noch anpeitschte – und standen es durch.

Eine Folge dieser Extrem­erfah­rung ist die selbst­si­chere Hal­tung des Auf­sichts­rats – nicht nur in der Bau­mann-Causa. Das Kol­le­gium um Marco Bode hat offenbar ver­standen, dass die Her­aus­for­de­rungen der Gegen­wart zu viel­fältig sind, um das Wagnis ein­zu­gehen, auf der Mana­ger­po­si­tion nicht für klare Ver­hält­nisse zu sorgen. Der Klub geht inner­lich gestärkt durch die Krise. Und glaubt, einmal mehr, an die Magie der Kon­ti­nuität. Das unmiss­ver­ständ­liche Bekenntnis zum Trainer zeigt sich nun auch wieder im Auf­tritt der Mann­schaft. Werder hat sich nach acht Spiel­tagen in der oberen Tabel­len­hälfte ein­ge­richtet. Und ver­liert trotz fünf 1:1‑Unentschieden in Folge (sic!) nicht die Über­zeu­gung an die eigene Stärke.

Werder knickte nicht wie die ver­schü­terte Liga­kon­kur­renz ein

Nachdem der Klub in der ver­gan­genen Saison mehr als 2000 Kran­ken­tage seiner Spieler zu ver­zeichnen hatte, bietet Flo­rian Koh­feldt der­zeit mit Aus­nahme von Niclas Füll­krug und Milos Vej­kovic seine Best­be­set­zung auf. Wozu das Team imstande ist, zeigte der SVW am Wochen­ende beim FC Bayern. Die Bremer waren bei­leibe nicht die ersten, die mit einer 5 – 4‑1-Beton­taktik ver­suchten, in Mün­chen zum Erfolg zu kommen. Doch anders als die ver­schüch­terte Liga­kon­kur­renz knickte Werder weder vor der Impo­sanz der ver­waisten Allianz Arena ein, noch vor dem stetig wach­senden Angriffs­druck des sie­ges­ge­wissen Rekord­meis­ters. Im Gegen­teil: Am Ende konnten die Bayern fast froh sein, dass der SVW ihnen mit seinem laus­bu­ben­haften Aus­hilfs­stoß­stürmer Josh Sar­gent nicht die erste Heim­nie­der­lage seit gefühlten Jahr­hun­derten zufügte.

Es war der erste Punkt­ge­winn der Bremer in der baye­ri­schen Lan­des­haupt­stadt seit zehn Jahren. Solche Nega­tiv­se­rien können ein Eigen­leben ent­wi­ckeln und die Beleg­schaft eines Ver­eins in ihrer men­talen Bewe­gungs­frei­heit ein­schränken. Dass es Koh­feldts Team gelingt, derlei sinn­freie Mythen voll­ends zu igno­rieren, ist ein gutes Zei­chen. Und ein Signal an schlin­gernde Tra­di­ti­ons­klubs wie den FC Schalke 04 und den 1. FC Köln, die aktuell Woche für Woche ängst­li­cher, ver­krampfter und spaß­be­freiter im Ange­sicht des dro­henden Abstiegs auf­treten. Werder zeigt ihnen, wie man trotz einer Krise mit sport­li­chen, wirt­schaft­li­chen und medi­zi­ni­schen Pro­blem­stel­lungen zurück in die Spur finden kann:

Indem eine Ver­eins­füh­rung ihr Anspruchs­denken den Rea­li­täten anpasst! Sich ein Klub auf Werte wie Soli­da­rität und Zusam­men­halt besinnt! Nicht an gute Rat­schläge von außen, son­dern nur an die intern mess­baren Ergeb­nisse auf dem Trai­nings­platz glaubt! Und daran, dass es viele Vor­teile hat, wenn Men­schen in einem sozialen Kon­strukt zusam­men­ar­beiten, die sich auch lang­fristig mit ihrem Arbeit­geber und dem Umfeld iden­ti­fi­zieren!

So wie Bau­mann und Koh­feldt es tun. Da wird auch Willi Lemke nicht wider­spre­chen.