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CNN hat Ros­tock welt­be­rühmt gemacht“, sagte Jona­than Akpo­borie, kurz nachdem er 1996 zum FC Hansa gewech­selt war. Der Nige­rianer spielte auf die Neo­nazi-Pogrome im Stadt­teil Lich­ten­hagen vier Jahre zuvor an, von denen selbst seine Freunde in Lagos mit­be­kommen hatten. Warum gehst du dahin?“, fragten sie ihn. Bist du ver­rückt?“ Aber Akpo­borie sagte, alles okay, die Bananen und Affen­ge­räu­sche seien nicht so schlimm, solange die Neo­nazis ihn und seine Familie in Ruhe ließen.

Ein Stern“-Reporter besuchte ihn damals bei einem Hansa-Heim­spiel und inter­viewte auch Neo­nazis in der Fan­kurve. Einer sagte: Akpo­bo­ries Tore sind unsere Gegen­tore.“ Trotzdem erfülle der Stürmer eine poli­ti­sche Mis­sion, schrieb der Jour­na­list. Seine Popu­la­rität könnte Vor­ur­teile abbauen; er könnte den Men­schen, die sich gegen Ras­sismus enga­gieren, Kraft geben.

Das ist knapp 25 Jahre her. Seitdem hat sich einiges geän­dert im deut­schen Fuß­ball. Die Kurven sind bunter geworden, vie­ler­orts haben linke Ultra­gruppen die rechten Hoo­li­gans ver­drängt, und auch in Ros­tock enga­gieren sich immer mehr Fans gegen Rechts.

Und trotzdem, an man­chen Tagen wirkt es, als sei die Zeit 1996 stehen geblieben. Denn an man­chen Orten scheint es immer noch schwierig, Fuß­ball zu spielen, wenn man Affen­ge­räu­sche doch sehr schlimm findet und eher links als rechts steht.

Am ver­gan­genen Samstag ging die zweite Mann­schaft des Inter­na­tio­nalen Fuß­ball­clubs Ros­tock, kurz IFC, beim Heim­spiel gegen die Schwa­aner Ein­tracht geschlossen vom Platz. Der Grund waren zwei Zuschauer, die der IFC der rechts­extremen Szene zuge­ordnet hatte. Die hei­mi­schen Ordner for­derten die beiden Männer zum Gehen auf, wor­aufhin die uner­wünschten Gäste gedroht hätten, Ver­stär­kung zu holen. Daher ent­schieden wir uns, den Platz zu ver­lassen“, sagt IFC-Vor­stand Eike Dett­mann. Solche Typen wollen wir bei uns nicht haben.“

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Nun könnte man die Geschichte als regio­nalen Ein­zel­fall abtun; zwei Idioten pro­vo­zieren bei einem Kreis­klas­se­kick, es kommt zu einem Spiel­ab­bruch, so was ist blöd, aber es kommt leider vor. Nur, die Sache ist etwas kom­pli­zierter. Denn es geht um Kon­flikte, die sich so ähn­lich auch in anderen Regionen zuspitzen. Es geht um Ter­ri­to­ri­al­kämpfe, die bis in die Fan­kurve des Ost­see­sta­dions rei­chen. Es geht um die Frage, ob Neo­nazis in Fuß­ball­ver­einen aktiv sein dürfen. Und es ist auch kein Ein­zel­fall, son­dern die Rea­lität, mit der sich viele Fuß­ball­fans, die sich gegen Ras­sismus stark machen, aus­ein­an­der­setzen müssen. Vor allem wenn sie mit unter­klas­sigen Teams durch die ost­deut­sche Pro­vinz tin­geln. Mit Roter Stern Leipzig durch Sachsen, mit dem SV Babels­berg 03 durch Bran­den­burg oder mit dem IFC Ros­tock durch Meck­len­burg-Vor­pom­mern.

Sicher, Rechts­extreme beim Ama­teur­fuß­ball findet man auch in Hessen oder Schleswig-Hol­stein. Aber in bestimmen Regionen im Osten können es sich Neo­nazis oft immer noch sehr gut­gehen lassen. Man muss sich nur die NSU-Akten anschauen oder die Wahl­er­geb­nisse der ver­gan­genen fünf bis zehn Jahre. In Schwaan, das 20 Kilo­meter süd­lich von Ros­tock liegt, kam die AfD bei der Bun­des­tags­wahl 2017 auf 22,7 Pro­zent der Stimmen (Bun­des­weit: 12,6 Pro­zent, Meck­len­burg-Vor­pom­mern: 18,2 Pro­zent). Davor saß die NPD zwei Wahl­pe­ri­oden nach­ein­ander im Lan­des­par­la­ment von Meck­len­burg-Vor­pom­mern.

Neo­nazis ver­gruben Scherben im Rasen

Es ist hier trotzdem nicht ganz so krass wie bei Roter Stern Leipzig, die schon mit Poli­zei­schutz zu Aus­wärts­spielen gefahren sind“, sagt Dett­mann. Auch mussten er und seine Mann­schaft noch nie vor Neo­nazi-Horden flüchten, die mit Holz­latten auf sie los­gingen, wie es dem Roten Stern im säch­si­schen Städt­chen Brandis pas­siert ist. Aber die Bedro­hung ist da.

Vor einem IFC-Heim­spiel im Sep­tember 2017 steckten Unbe­kannte zer­bro­chenes Geschirr in den Rasen, es war bedruckt mit Reichs­adler und Haken­kreuz. Glück­li­cher­weise fanden Spieler die Scherben vor dem Anpfiff, ver­letzt hat sich damals nie­mand. Bei einem Aus­wärts­spiel in Klein Belitz im ver­gan­genen Jahr ver­sam­melten sich lokale Neo­nazis am Spiel­feld­rand. Einige waren aus dem Umfeld des ehe­ma­ligen NPD-Land­tags­ab­ge­ord­neten David Pete­reit, einer trug ein Haken­kreuz­tattoo, ein anderer ein T‑Shirt mit dem Auf­druck Combat18“, dem mili­tanten Arm des Neo­nazi-Netz­werks Blood & Honour“. Beide sind in Deutsch­land ver­boten.