Im Frühjahr 2021 wollten zwölf Großklubs ihre eigene Super League gründen. Unser Autor war damals vor allem eines: komplett angepisst.
Dieser Text erschien erstmals im April 2021, am Tag nach dem Bekanntwerden der Super-League-Pläne. Er ist mit jeder Menge Wut im Bauch entstanden. Und auch wenn die Pläne kurz darauf begraben wurden, ist vieles davon immer noch aktuell.
Sagen wir, wie es ist: Der moderne Fußball ist ein Haufen Scheiße. Windige Investoren, Konzernklubs, eine Champions League, in der die immergleichen Großklubs immer reicher werden und dann am Wochenende die nationalen Ligen erdrücken. Es ist, pardon, zum Kotzen. Aber einigen offensichtlich noch nicht zum Kotzen genug.
Nun haben zwölf europäische Großklubs eine Super League gegründet, ein geschlossenes System, in dem sich die Gründungsmitglieder die erste Startprämie von 3,25 Milliarden (!) Euro teilen und dann jährlich 100 Millionen Euro Antrittsprämie sichern, was in etwa das ist, was aktuell der Champions-League-Sieger bekommt. Was das bedeutet, ist klar: Es wäre der Tod des Fußballs, wie wir ihn kennen. Eine Handvoll Superreiche, die noch superreicher, nationale Ligen, die noch langweiliger würden. Dass im, ich will fast sagen: Bekennerschreiben der Super-League-Klubs von „Solidarität“ die Rede ist, ist der Witz des Jahres.
Denn was das alles eigentlich ist, ist klar: Es ist perfide und unsolidarisch. Es ist die endgültige Zementierung der Verhältnisse. Es widerspricht dem Leistungsgedanken. Es ist der Versuch, aus einem Sport, den Millionen Menschen lieben, eine wöchentliche Zirkusshow zu machen, um auch noch den letzten beschissenen Cent in die Taschen der Superreichen zu quetschen. Der Fußball, gestohlen von einem Haufen asozialer Geschäftsmänner, deren Klubs so tief in der Kreide stehen, dass sie bereit sind, den ganzen Laden für ein paar Geldsäcke mehr einfach abzufackeln. Die mit dem Sport, den die Menschen seit über hundert Jahren lieben, dem manch einer mitunter die schönsten Augenblicke seines Lebens verdankt, nichts, aber gar nichts zu tun haben, außer dass er ein Vehikel ist, aus ihrem vielen Geld noch mehr zu machen.
All das inmitten einer Pandemie, an deren Anfang mit großer Geste von Solidarität gesprochen wurde. Was für eine Anmaßung. Und was für eine Anmaßung, im Namen der Fans zu sprechen, denen man verpflichtet sei. Während man seit Jahren mit der Drohkulisse einer Super League die Uefa erpresst und die Champions League schon längst auf Raten zu einer Super League totreformiert. Im Sinne der Fans? Ganz sicher nicht. Die neueste CL-Reform, die wieder nur den Großklubs nützt, wurde am Montag übrigens abgesegnet. Auch deswegen ist die Super League so ein Affront: Die Superreichen, sie haben doch sowieso schon alles, sind ohnehin unter sich, haben sich den Sport doch schon unter den Nagel gerissen und lassen ihn ausbluten. Was wollen sie noch?
Jetzt also die offene Spaltung, und man ist geneigt zu sagen: Dann macht doch, verpisst euch in eure Zirkusliga, ihr verfluchten Turbokapitalisten. Aber so einfach ist es nicht. Versteht man den Fußball als Kulturgut – und warum sollten wir das nicht – muss man dafür kämpfen. Der Tod der Bundesliga, wie wir sie kennen, das ist etwas, über das man tatsächlich kurz einmal nachdenken sollte. Was würde das bedeuten? Wie würde sich das anfühlen? Und wo kriege ich eine Mistgabel und eine Fackel her?
Gary Neville ätzte am Sonntag in einem viralen Video: „Zieht ihnen morgen alle Punkte ab! Verbannt sie an das Ende der Liga und nehmt ihnen das Geld weg. Die Zeit ist jetzt reif für einen unabhängigen Regulator.“ Er hat Recht: Macht kaputt, was euch kaputt macht, das muss die Devise sein. Die Statements der Verbände und Ligen waren immerhin sehr deutlich, aber das reicht nicht. Lasst den Worten Taten folgen. Hegt diesen Wahnsinn ein. Und dann reformiert den Sport endlich. Fackelt alles ab, aber richtig. Verteilt die Champions League-Gelder von oben nach unten, dass die Lücken in den nationalen Ligen geschlossen werden. Führt einen Salary Cap ein. Dreht das Rad zurück oder versucht es wenigstens. „Enough is enough“, schrieb die Uefa, und dass die Super League „zynisch“ sei. Wenn man sogar mit den Verbänden auf einer Seite steht, ist es wirklich höchste Zeit.
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