Der VfB Stuttgart hat einen neuen Präsidenten. Aber Wolfgang Dietrich ist umstritten. Spaltet er die Anhängerschaft?
Es ist schon fast eine traurige Tradition, dass bei der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart weder Vorstand noch Aufsichtsrat entlastet werden. Dass die Anwesenden nach nur fünf Wortmeldungen (von 25) die Beendigung der Aussprache beschlossen, kam hingegen durchaus unerwartet. Und dass die Abstimmung zudem wegen eines Formfehlers wiederholt werden musste, passte ebenso perfekt ins Bild einer skurrilen Veranstaltung wie das Niederbrüllen einzelner Redner. Es war eine dieser Mitgliederversammlung, auf die weder Fans noch Verantwortliche stolz sein können.
Nach gut sieben Stunden hatte der Verein einen neuen Präsidenten: Wolfgang Dietrich, der einzige vom Aufsichtsrat präsentierte Kandidat, wurde mit 57,2 Prozent gewählt. Die knappe Mehrheit lässt erahnen, wie kontrovers Dietrichs Kandidatur schon im Vorfeld der Mitgliederversammlung diskutiert wurde. Durch sein Auftreten und seinen beruflichen Werdegang bietet Dietrich jede Menge Angriffsfläche. Er polarisierte die Stuttgarter Fans ähnlich stark wie das Bahnprojekt „Stuttgart 21“, dessen Sprecher er von 2010 bis 2014 war. Wie schon damals lieferten sich auch jetzt Gegner und Befürworter hitzige Debatten – meist in den sozialen Medien und selten sachlich.
Wolfgang Dietrich polarisiert
Für seine Befürworter ist Wolfgang Dietrich ein tougher Macher mit Ecken und Kanten. Einer, der anders als sein Vorgänger Bernd Wahler, keinem Konflikt aus dem Wege geht. Ein Mann mit allerbesten Kontakten in Wirtschaft und Politik. Einer, der seit 42 Jahren Mitglied beim VfB Stuttgart ist und stolz auf seine dreistellige Mitgliedsnummer verweist. Einer, der ohne Kompromisse und mit Autorität den VfB Stuttgart endlich wieder in die Spur bringen kann. Ehrenamtlich versteht sich.
Für die anderen ist er ein Spalter, der im Auftrag des Aufsichtsrats die umstrittene Ausgliederung der Profiabteilung gegen jeden Widerstand durchboxen soll. Für sie ist Wolfgang Dietrich der Chef eines undurchsichtigen Firmenimperiums. Der Gründer und ehemalige Geschäftsführer der Quattrex Sports AG. Ein Unternehmen, das Darlehen an Fußballvereine vergibt – darunter auch einige Zweitliga-Konkurrenten des VfB Stuttgart. Wolfgang Dietrich legte im Mai dieses Jahres sein Amt als Quattrex-Aufsichtsratsvorsitzender nieder. Der Nachfolger: Sein Sohn Christoph. Viele sahen darin einen möglichen Interessenkonflikt.