Halbgare Ideen, Tore des Monats und Jägermeisterinnen: In fünfzig Jahren hat der deutsche Profifußball eine Menge Höhepunkte und Kuriositäten erlebt. Hier kommen die besten aus den siebziger Jahren.
Im Herbst 1970 hob der DFB das Verbot des Frauenfußballs in Deutschland auf. Für 11FREUNDE #228 haben wir daher 50 Geschichten aus 50 Jahren Frauenfußball in Deutschland gesammelt. Das Heft gibt es bei uns im Shop. Die Geschichten 1 – 10 jetzt hier.
1970 — Als Wermut-Fabrikant Martini ein internationales Turnier in Italien veranstaltet, wird dies kurzerhand als inoffizielle WM tituliert. Für Deutschland dabei: der SC Bad Neuenahr, der allerdings gegen Dänemark und England klar verliert. Die „Bild“-Zeitung indigniert: „Fünf Stück aufs Höschen – Skandal!“
1971 — Die Begeisterung der kickenden Männer hält sich angelegentlich der Legalisierung des Frauenfußballs in Grenzen, auch wenn es nicht alle so rüde formulieren wie „Bomber“ Gerd Müller, der für den Fall, dass seine Gattin mit so etwas anfangen würde, unverhohlen droht: „Dann versohle ich ihr den Hintern.“
1972 — Um das angeblich schwache Geschlecht zu schützen, denkt sich der DFB allerlei Mumpitz aus, etwa kleinere Bälle und eine Spielzeit von nur zweimal dreißig Minuten. Die kürzeste Halbwertzeit hat indes die Regel, wonach Frauen wegen der Platzverhältnisse lediglich von März bis Oktober spielen dürfen. Das ist bereits nach zwei Jahren passé.
1973 — Als „Fips“ Scheidt, der umtriebige Manager des TuS Wörrstadt, eine verkappte Deutsche Meisterschaft unter dem Titel „Deutschlandpokal“ organisiert, will der DFB das zunächst verhindern. Erst als Scheidt mit schlechter Presse droht, lenkt der Verband ein. Der Wettbewerb trägt schließlich den diplomatischen Namen „Goldpokal“, es siegt, na klar, Wörrstadt durch ein 3:1 im Finale gegen den FC Bayern.
1974 — Wörrstadts Bärbel Wohlleben wird oft als „weiblicher Beckenbauer“ tituliert, doch im Finale um die erste Deutsche Meisterschaft gibt sie eher den weiblichen Bonhof. Ihr Zwanzig-Meter-Strahl, der fast das Netz durchschlägt, wird in der „Sportschau“ sensationell zum „Tor des Monats“ gewählt.
1975 — Eine noch größere Attraktion wird Beverly Ranger. Die Jamaikanerin vom Bonner SC erzielt mit einem Solo über den halben Platz ebenfalls ein „Tor des Monats“, was Sportschau-Moderator Ernst Huberty zu den Worten verleitet: „Schön und kaffeebraun sind alle Frauen aus Kingston Town!“ Die ölige Begrüßung hätte sich Huberty sparen können, denn Ranger hat ihr Urteil über deutsche Männer bereits gefällt: „Die trinken viel Bier und haben dicke Bäuche.“
1976 — Als Tina Theune-Meyer als erste Frau die A‑Lizenz für Trainer erwirbt, gibt man sich in der Sportschule Hennef fürsorglich: „Zahlen Sie vorerst mal nicht, wer weiß, ob das Sinn hat.“ Wer auch immer damals mit ihr zusammen den Schein gemacht hat – viele andere spätere Weltmeistertrainer werden aber wohl nicht dabei gewesen sein.
1977 — Wenn es den Frauen von Schützenbrüdern langweilig wird, gründen sie einfach ein Fußballteam. Die aus einer Laune heraus entstandene NSG Oberst Schiel entwickelt sich zu einem der führenden Klubs der frühen Jahre und erreicht nun sogar das Finale um die Meisterschaft – das sie allerdings gegen die SSG Bergisch-Gladbach verliert.
1978 — Während Trikotwerbung bei den Männern mittlerweile erlaubt ist, bleibt sie bei Frauen verboten. Was die Elf von Jahn Delmenhorst nicht daran hindert, es trotzdem zu tun. Der Türöffner fürs Guerilla-Marketing ist derselbe wie zuvor im Männerbereich: Günter Mast und sein Kräuterschnaps Jägermeister.
1979 — Die UEFA lädt alle Nationalverbände zu einer sogenannten „Frauenkonferenz“ ein. Die für den DFB anwesende Hannelore Ratzeburg regt nicht ohne Hintersinn die Etablierung einer EM an, obwohl die Deutschen überhaupt kein Nationalteam haben. Als sie später Präsident Hermann Neuberger damit konfrontiert, antwortet der panisch: „Machen!“