Weil Werder nächste Woche gegen Bayern spielt, holte sich Zlatko Junuzovic gegen Hannover absichtlich eine Gelbsperre ab. Jetzt ermittelt der DFB. Ist das ein gutes Zeichen?
Vielleicht hätte ein kleiner Rundgang durchs „Wuseum“ gereicht. Im Museum des SV Werder Bremen hätte Zlatko Junuzovic jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit erfahren, wie das damals war mit Frank Ordenewitz und Erich Rutemöller.
Am 7. Mai 1991, im DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Köln und Duisburg, hatte FC-Trainer Rutemöller beim Stand von 3:0 seinem Stürmer die Worte „Mach et, Otze!“ zugeflüstert. Weil der Kölner nach seiner zweiten Gelbe Karte im Pokal eine Sperre für das Finale drohte, sollte er sich nun eine Rote Karte abholen – Platzverweise galten damals nämlich wettbewerbsübergreifend, weswegen Ordenewitz seine Sperre in der Liga hätte aussitzen können.
Rutemöller plauderte die Absprache aus
Otze tat also, wie ihm sein Chef befahl. In der 85. Minute trat er den Ball absichtlich auf die Tribüne, es war die zweite Gelbe Karte im Spiel. Blöd nur, dass Rutemöller nach dem Spiel alle anwesenden Journalisten von der genialen Absprache wissen ließ. Der DFB tobte und sperrte Ordenewitz wegen Unsportlichkeit für das Pokalfinale. Dort verlor Köln gegen Werder 3:4 nach Elfmeterschießen.
Vermutlich hätte Junuzovic aber nicht mal in den verstaubten Archiven wühlen müssen, vielleicht hätte er sich nur an das Spiel zwischen Darmstadt und Leverkusen Mitte Februar erinnern müssen, um zu sehen, wie man es richtig macht. Im Spiel gegen Bayer holten sich gleich fünf 98er eine Gelbsperre ab.
Man kann davon ausgehen, dass auch das mit Vorsatz geschah, denn der nächste Gegner hieß FC Bayern. Nachweisen konnte man es den Darmstädtern nicht, denn sie erläuterten nach Partie nicht ausführlich in Field-Interviews ihre Aktionen. Sie schwiegen einfach.
„Das war abgesprochen“
Zlatko Junuzovic war da ganz anders. Am Samstag um 17:24 Uhr trat er wie einst Erich Rutemöller vor die Mikrofone und sagte: „Das war abgesprochen. Man muss in dieser Situation taktisch agieren. Das war wahrscheinlich der beste Zeitpunkt dafür.“
Ein paar Sätze, die den Fußball mal wieder ein bisschen in Schnappatmung versetzten. Von Wettbewerbsverzerrung kann man lesen. Von Unsportlichkeit. Mittlerweile soll der DFB gegen den Bremer ermitteln.
Gut, vielleicht ist es all das: unsportlich, wettbewerbsverzerrend. Und vielleicht ist es auch ein Armutszeugnis für die Liga, in der sich Trainer bedanken, wenn sie beim FC Bayern eine Lehrstunde erhalten und andere am liebsten gar nicht mehr dort antreten wollen, weil sie eh davon ausgehen, aus dem Stadion geschossen zu werden.
Taktische Maßnahmen sind immer unsportlich
Aber es ist auch die Begleiterscheinung eines Sports, in dem jedes Jahr Milliardenbeträge fließen und ein Abstieg einem totalen Ruin gleichkommt. Vor diesem Hintergrund ist es vor allem, wie Junuzovic sagt, eine Maßnahme, die man im Fußballjargon „taktisch“ nennt.
Und die ist eben manchmal unsportlich.
So wie zwei oder drei Einwechslungen in der Nachspielzeit, wenn die eigene Mannschaft führt. So wie der FC Bayern, der am Ende der Saison, wenn er mit zehn oder zwanzig Punkten die Liga anführt, nur noch mit einer B‑Elf aufläuft, um die Topspieler für die Champions League zu schonen. So wie das Trikothalten im Mittelkreis, wenn ein gefährlicher Konter droht. So wie die Verzögerung beim Abschlag, wenn man 1:0 vornliegt. Alles Taktik. Alles Absicht. Alles Vorsatz für das Erreichen eines höheren Ziels.
Was würde eine Strafe für Junuzovic bewirken?
Natürlich kann der DFB Zlatko Junuzovic (und auch Clemens Fritz, der in der Schlussphase ebenfalls eine Gelbe Karte bekam) nun auch für ein weiteres Spiel sperren. Oder ihm eine andere Strafe aufbrummen. Aber was würde das bewirken? Verhindern kann man solche Aktionen niemand. Auch nicht der DFB.
Er würde eher signalisieren, dass ein Spieler, der sich mit Absicht eine Sperre holt, fortan wieder lügt. Er würde signalisieren, dass der Ehrliche stets der Dumme ist.