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Kurz vor Schluss ergab sich noch einmal eine Kon­ter­ge­le­gen­heit, die dazu geeignet schien, die letzten Zweifel am Sieg der deut­schen Fuß­ball-Natio­nal­mann­schaft end­gültig zu besei­tigen. Die Chance resul­tierte zwar auf einem pro­fanen Befrei­ungs­schlag, aber mit dem langen Ball wurde die kom­plette Defen­sive der Rumänen über­spielt. Dum­mer­weise suchte der poten­zi­elle Adressat des Passes nicht etwa den Weg in die Tiefe; Leroy Sané trot­tete gemäch­lich Rich­tung eigener Hälfte zurück, weil er es sich zuvor im Abseits gemüt­lich gemacht hatte.

Die Szene stand fast sinn­bild­lich für das Offen­siv­spiel der Natio­nal­mann­schaft beim 1:0 (1:0)-Erfolg in Buka­rest. Ansätze waren beim zweiten Sieg der Deut­schen im zweiten Qua­li­fi­ka­ti­ons­spiel zur WM in Katar durchaus vor­handen, aber das Team von Bun­des­trainer Joa­chim Löw brachte es nicht ent­schlossen zu Ende. Die Cool­ness, die Cle­ver­ness, viel­leicht auch der letzte Wille“ hätten gefehlt, klagte Kapitän Manuel Neuer.

Leroy Sané und die gefähr­liche Non­cha­lance

Acht­zehn Tor­schüsse wurden für die Deut­schen in Buka­rest gezählt, aber nur ein Tor, das Serge Gnabry nach einer Vier­tel­stunde auf Vor­ar­beit von Kai Havertz erzielte. Gnabry, der nun auf beach­be­acht­liche 15 Treffer in 19 Län­der­spielen kommt, hatte in der Folge ebenso wei­tere Chancen wie seine Sturm­kol­legen Havertz und Sané. Aber alle ver­gaben, mal mehr, mal weniger fahr­lässig.

Der Münchner Sané erin­nerte mit seiner Non­cha­lance fatal an die WM-Vor­be­rei­tung 2018, die ihn letzt­lich die Teil­nahme an der Welt­meis­ter­schaft in Russ­land gekostet hatte. Als er Mitte der zweiten Hälfte gegen die Rumänen eine große Chance aus­ließ, suhlte er sich anschlie­ßend demons­trativ in Selbst­mit­leid, anstatt dem Ball ent­schlossen nach­zu­jagen.

Wie schon drei Tage zuvor, beim 3:0‑Erfolg gegen Island, hatte Löw in seinem 4 – 3‑3-System Gnabry (zen­tral), Sané (links) und Havertz (rechts) als Angreifer auf­ge­boten. Timo Werner blieb erneut auf der Bank. Der 25-Jäh­rige, im Sommer aus Leipzig zum FC Chelsea in die Pre­mier League gewech­selt, kommt den Vor­stel­lungen eines Abschluss­stür­mers noch am nächsten, weil Werner anders als die Fummler Sané und Gnabry eine gewisse Gerad­li­nig­keit in seinem Spiel hat. Aber der typi­sche Bre­cher, der sich aus­schließ­lich im Straf­raum zu Hause fühlt, ist auch Werner nicht.

Timo ist ein gefähr­li­cher Spieler, wenn man ein biss­chen Räume bekommt“, findet Löw. Mit seinem Tempo ist Werner für das Spiel in die Tiefe prä­de­sti­niert. Auch des­halb hat er im Natio­nal­team seit der WM 2018 vor­nehm­lich auf der Außen­bahn und nicht zen­tral gespielt. Der Platz in der Mitte war zuletzt für den Münchner Gnabry reser­viert, der wie­derum im Verein auf der Außen­bahn spielt.

Kai Havertz hin­gegen ist eigent­lich offen­siver Mit­tel­feld­spieler; in der Natio­nal­mann­schaft aber lief er jetzt zweimal im Sturm auf. Die Rolle der fal­schen Neun hat Havertz, Wer­ners Team­kol­lege bei Chelsea, schon in seiner Zeit bei Bayer Lever­kusen gele­gent­lich über­nommen, die Posi­tion des Außen­stür­mers aber ist für ihn noch unge­wohnt. Dafür erle­digte er den Job sowohl gegen Island als auch gegen Rumä­nien durchaus anständig.

Eine gewisse Fle­xi­bi­lität im Angriff ist von Löw explizit gewünscht. Die drei Offen­siven sind nicht auf ihre jewei­lige Posi­tion fixiert, son­dern genießen im Rahmen des Sys­tems durchaus Frei­heiten. Alle drei Spieler können ver­schie­dene Ebenen her­stellen“, sagt der Bun­des­trainer über die Beset­zung im Sturm. Das müssen wir auch noch mehr opti­mieren.“

U21-Trainer Kuntz lobt Lukas Nmecha

Nicht zuletzt, um die seit Jahren beklagte Lücke im Port­folio zu schließen. Schon vor der WM 2018 musste Löw impro­vi­sieren. Damals berief er zur all­ge­meinen Über­ra­schung den Frei­burger Nils Petersen zumin­dest in sein vor­läu­figes Auf­gebot. Die Stelle des Mit­tel­stür­mers, die Miroslav Klose über fast andert­halb Jahr­zehnte in der Natio­nal­mann­schaft besetzt hat, ist wei­terhin vakant. Aber viel­leicht liegt die Lösung näher, als viele denken.

Es gibt näm­lich durchaus einen Mit­tel­stürmer klas­si­schen Zuschnitts, der bereits das deut­sche Natio­nal­trikot trägt: in der U21. Lukas Nmecha, gebür­tiger Ham­burger, auf­ge­wachsen und fuß­bal­le­risch sozia­li­siert in Eng­land, hat bei der gerade lau­fenden U21-Euro­pa­meis­ter­schaft in beiden Grup­pen­spielen jeweils das wich­tige erste Tor für die Deut­schen erzielt. Nmecha, 1,85 Meter groß, 80 Kilo­gramm schwer, bring die Dinge ent­schlossen und weit­ge­hend unprä­ten­tiös zu Ende, anstatt immer noch einen Kringel zu drehen.

Der 22 Jahre alte Stürmer, der aktuell von Man­chester City an den RSC Ander­lecht aus­ge­liehen ist, hat in seinen jüngsten zwölf Ein­sätzen für die U21 zehn Tore erzielt. Er hat sich bei uns als Top­stürmer eta­bliert“, sagt Natio­nal­trainer Stefan Kuntz. Mir gefällt seine Ent­wick­lung, und die ist noch nicht zu Ende.“

Dieser Text ist Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel erschienen.