Die Aufstiegsregelung in den Regionalligen erhitzt die Gemüter. Doch der DFB scheint an eine Änderung nicht zu denken. Oder, Peter Frymuth?
Herr Frymuth, Sie sind Spielausschussleiter der 3. Liga. Was hat der DFB getan, um das Problem der Relegationsspiele zu lösen?
Wir haben eine Studie durchführen lassen, auch auf Wunsch der Landesverbandspräsidenten, und das Ergebnis haben wir im Sommer vergangenen Jahres mitgeteilt bekommen. Aus den Regionalverbänden kam dabei das Votum, die jetzige Struktur beizubehalten. Auch aus den Regionalligen selbst kam das Signal, dass ein Großteil der Vereine keine Veränderungen wünscht. Über die Aufstiegsspiele ist keiner begeistert. Aber die Mehrheit der Klubs, so das Signal, möchte deshalb nicht an der grundsätzlichen Struktur der Regionalliga rütteln.
Außenstehende erhalten den Eindruck, dass die Forderung „Meister müssen aufsteigen“ überwiegt.
Diese Forderung hört man immer wieder. Das war ja auch der Grund, weshalb wir das Meinungsbild in Zusammenarbeit mit den Regionalverbänden zusammengestellt haben. Die Kernaussagen daraus habe ich bereits geschildert. Klar ist: Alle Beteiligten werden sich weiterhin intensiv mit dem Thema auseinander setzen. Genauso müssen sich aber alle bewusst sein, dass es sich um ein sehr, sehr komplexes Thema handelt. Ein Problem ist nur dann richtig gelöst, wenn sich daraus nicht eine Vielzahl anderer gravierender Probleme ergibt.
Wo liegt denn aus Ihrer Sicht das Problem?
Um das aktuelle Konstrukt zu verstehen, muss man einen Blick auf die Vergangenheit und auf die Regionalliga-Strukturen werfen. Die Regionalliga wurde durch Beschluss des DFB-Bundestages zur Saison 2012/2013 von drei auf fünf Staffeln erweitert. Mit dieser Maßnahme wurde damals auf die Kritik reagiert, dass die Regionalliga in ihrer dreigleisigen Anordnung zu teuer sei und viele kleinere Vereine – trotz sportlicher Qualifikation – aussperre. Durch die Vergrößerung auf fünf Staffeln wurde die Liga zum einen für mehr Klubs geöffnet, gleichzeitig wurden die wirtschaftlichen und technisch-organisatorischen Zulassungsbedingungen gelockert. Träger der Regionalligen ist seitdem nicht mehr der DFB, sondern es sind die Regionalverbände bzw. die Regionalliga Südwest GbR. Dort wird die Struktur der Ligen in eigener Zuständigkeit festgelegt. Jegliche strukturelle Maßnahmen müssen dort behandelt werden.
Das klingt so, als würden Sie den schwarzen Peter gerade den Regionalverbänden zuspielen.
Nein. Wir dürfen aber die Zuständigkeiten nicht außer Acht lassen. Natürlich hat der DFB eine Verantwortung für die grundsätzlichen Themen. Aber der Dachverband hat auch eine bestimmte Rolle im Spielbetrieb. Diese bezieht sich vor allem auf die 3. Liga und den DFB-Pokal. In den Strukturen darunter gibt es klare Aufgaben und Zuständigkeiten, die wir alle zu beachten haben.
Vereine beklagen, dass sie auf den Bundestagungen nicht antragsberechtigt sind. Kann die Diskussion also nur über die Öffentlichkeit hergestellt werden?
Ich kann nicht für die Strukturen in den Regionalverbänden sprechen. Aber es gibt dort regelmäßige Tagungen und ich habe nicht die Wahrnehmung, dass sich die Vereine dort nicht äußern dürfen. Ich glaube, dass die Mehrzahl der Vereine die Struktur der Regionalliga gut findet.
Mit Blick auf die emotionsgeladenen Relegationsspiele in den letzten Jahren. Hat der DFB das Gefühl, dass sich etwas ändern müsste?
Alle Relegationsspiele haben aufgrund der Bedeutung eine besondere Atmosphäre und eine besondere Intensität. In dieser Saison war das wieder ganz deutlich zu sehen. Aber noch einmal: Entscheidend ist nicht nur, ein Problem zu erkennen, sondern eine sinnvolle Lösung anzubieten. Und bisher wurde die vorhandene Regelung – auf die gesamte Struktur der Regionalliga bezogen – von der Mehrheit als die gangbarste beurteilt.
Viele Vereinsvertreter fordern – den vermeintlich leichtesten Weg – dass in der 3. Liga fünf Absteiger ermittelt werden. Wie stehen Sie dazu?
Fünf Absteiger aus einer Profiliga sind für uns unrealistisch. Aus der Bundesliga und 2. Bundesliga steigen jeweils zwei Mannschaften direkt ab – und aus der 3. Liga sollen es dann fünf sein? Das ist keine vernünftige Lösung. Eine derart verschärfte Abstiegsregelung würde gerade in einer solch ausgeglichenen Spielklasse wie der 3. Liga ein verstärktes finanzielles Wettrüsten in Gang setzen, um die Liga zu halten. Für die Entwicklung der 3. Liga und vor allem für die Vereine wäre das sehr ungesund.
Und wenn man die 3. Liga auf 22 Mannschaften aufstocken würde?
Gegenfrage: Wie realistisch ist das? Dann wären es 42 statt 38 Spieltage in der 3. Liga – in einem Spielkalender, der schon jetzt randvoll ist. Für die Drittligisten kommen noch die Partien in den Landespokalen sowie für einige im DFB-Pokal hinzu. Neben der terminlichen Problematik würden die Klubs auch organisatorisch und finanziell mehr als an Grenzen stoßen. All das muss beachtet werden. Und genau das meine ich damit, dass Lösungen auch in der Fläche umsetzbar sein müssen. Davon mal abgesehen, dass der Drittligist in der Relegation zur 2. Bundesliga dann mit acht Punktspielen mehr auf dem Buckel als der Gegner in die Duelle mit dem Zweitliga-Vertreter gehen würde.
Herr Welling, Präsident von Rot-Weiss Essen, schlug uns vor, eine zweigleisige 4. Liga zwischen den beiden Ligen zu schalten. Was halten Sie davon?
Dieser Vorschlag ist mir in Konturen bekannt. Aus Vereinen der Regionalliga West – für die dieser Vorschlag besonders attraktiv wäre – habe ich gehört, dass die Vereine dieses Modell mehrheitlich nicht bevorzugen würden. Bundesweit wäre es noch weniger vermittelbar. Hier stellt sich wieder die Kostenfrage für die Klubs. Wer könnte sich eine zweigleisige Regionalliga leisten? Zumal die Vermarktung der 4. Liga alles andere als einfach ist. Im Endeffekt würden manche Probleme nur weiter nach unten verlagert werden.
Generell sind Sie einer Veränderung nicht abgeneigt?
Nein, das wäre auch fatal. Wenn sich die Regionalliga-Träger mit Alternativen befassen und prüfen, inwieweit diese sinnvoll und realisierbar wären, würde der DFB-Spielausschuss sich gerne mit einbringen.
Dabei hat Präsident Reinhard Grindel doch noch kürzlich gesagt, dass es keine Alternativen gebe.
Das ist dann aber nicht die exklusive Meinung des DFB, sondern der Eindruck, den Reinhard Grindel aus den Diskussionen mit den Regional- und Landesverbänden gewonnen hat. Wir wollen nicht einfach stur, dass alles so bleibt wie es ist. Mich ärgert es manchmal schon, wenn ein Thema wie dieses so behandelt wird, als stelle der DFB sich überall quer. Wir haben nun einmal im deutschen Fußball eine föderale Struktur – mit einer föderalen Entscheidungsstruktur.
„Fußballmafia DFB“ ärgert sie also schon.
Ja, natürlich! Es heißt immer, „der DFB will den Modus nicht ändern, der DFB erkennt nicht die Probleme usw.“. Natürlich kennen wir die Probleme, natürlich behandeln wir die Probleme. Dabei muss man aber auch erkennen, dass komplexe Fragestellungen selten durch einfache Antworten zu lösen sind. Das geht in den öffentlichen Diskussionen naturgemäß oft unter. Im Übrigen sind in den verschiedenen Aufgabenbereichen Menschen in den unterschiedlichsten Rollen am Werk, die engagierte, kompetente und sehr gute Arbeit für den Fußball leisten. Kritik ist in Ordnung und muss auch thematisiert werden, aber sie muss bitte konkret geäußert werden. Pauschalisierungen werden dem Ganzen nicht gerecht.