Eine Studie aus England zerstreut alle Bedenken: Fußball gucken unter emotionaler Anteilnahme ist ungefährlich. Es trainiert sogar unser Herz und unsere Stressresistenz.
So wie das Fan-Dasein also unsere Herz- und Kreislauf-Fitness trainieren kann, so schult es auch unsere Resistenz gegen emotionalen Stress. „Wobei es guten und schlechten Stress gibt“, erklärt die Human-Biologin Utley. „Unabhängig davon gibt es ein Maß an Aufregung, das gut für uns ist, weil es unsere emotionale Widerstandskraft trainiert. Viele Leute denken, dass Fußballgucken viel zu stressig ist, aber das stimmt nicht. Laut unseren Erkenntnissen hält es die Fans durchweg auf einem guten Level der emotionalen Erregung.“ Dazu sollte man vielleicht auch Folgendes wissen: Wer immer und ausschließlich in sich ruht, dürfte bereits tot sein.
Interessanterweise sorgen freudige Ereignisse während eines Spiels für messbar mehr Stress als negative: So ließ ein Tor für das eigene Team den Puls der Probanden durchschnittlich um 27 Prozent in die Höhe schnellen, ein Gegentreffer nur um 22 Prozent. Das untermauert, was auch Nicht-Wissenschaftler schon lange zu wissen glaubten: dass wir Fans relativ leidensfähig sind. Auch Erfolgserlebnisse steigen uns keineswegs bedrohlich zu Kopf, im Gegenteil: Nach Siegen sank der Blutdruck der Probanden signifikant ab. Nach Niederlagen hingegen kletterte er die Leiter hinauf und verblieb eine ganze Weile dort oben. Aber, und das ist die gute Nachricht, nicht für immer.
Als wenn ein Freund stirbt
„Zusammenfassend“, so Andrea Utley, „lässt sich sagen, dass das Supporten des eigenen Fußball-Teams so etwas ist wie ein moderates kardiovaskuläres Workout und – natürlich abhängig vom Ausgang des Spiels – für einen psychologischen Boost oder für ein Tief sorgen kann.“ Was uns zwangsläufig zum Thema Risiken und Nebenwirkungen bringt. Wie müssen sich chronisch frustrierte Fans aus Offenbach, Wuppertal oder aus dem blauen Teil Münchens fühlen? Ist ihr Leid noch vergleichbar mit jenem der Leeds-Supporter oder ist es bereits unerträglich? Wie gesund ist es, Anhänger des FSV Zwickau oder von Rot-Weiss Essen zu sein?
Laut Utleys Erkenntnissen kann das Stimmungstief eines Fans schon nach einer einzelnen Niederlage „ziemlich ernsthaft“ ausfallen. Einer ihrer 25 Probanden verglich dieses Gefühl gar mit jenem, „wenn ein Freund stirbt“. Was also, wenn sich Klatsche an Klatsche reiht, Enttäuschung an Enttäuschung – und das ein halbes Leben lang, ohne echte Aussicht auf Besserung?
Vielleicht sind noch weitere Studien vonnöten, um die gesundheitlichen Risiken des Fußballfan-Seins umfassend beurteilen zu können. Bis dahin aber begnügen wir uns mit den vorhandenen Erkenntnissen und machen weiter. Unbesorgt und ungebrochen, frei nach dem englischen Motto: „Stay calm and support your local football club.“