Die bolivianische Stadt La Paz vermeldet einen neuen Trend: Fast ein Viertel aller neugeborenen Jungen werden nach Brasiliens Superstar Neymar benannt. Fußballer als Namensgeber? Kein Einzelfall.
Fußballer sind Trendsetter. Egal wie mies ihre Frisuren sind, egal wie hässlich die Farbkombination ihrer Schuhe ist, egal wie makeupflintig ihre Freundinnen aussehen – wenn ein Fußballer sehr erfolgreich Fußball spielt, wollen alle so sein wie er. Um ihren Idolen zu huldigen, kommen Menschen auf komische Ideen. Manche stechen sich die Porträts der Kicker auf den Rücken. Wieder andere streichen ihr Haus in schwarz und weiß und blau und benennen den Trampelpfad in ihrem Garten in „Uwe Seeler Weg“ um. Und dann gibt es da noch die Menschen im zeugungsfähigen Alter, die ihre Begeisterung am eigenen Nachwuchs auslassen.
Die bolivianische Stadt La Paz hat nun vermeldet, dass etwa 20 Prozent aller männlichen Neugeborenen nach dem brasilianischen Superstar Neymar benannt werden. „In 17 Jahren“, so wird der zuständige Beamte Remigio Condori zitiert, „werden die meisten Jungen in unserer Stadt Neymar heißen. Dieser Name liegt momentan voll im Trend.“
Horror: Ein Europa voller Toralfs!
Nun gibt es weiß Gott peinlichere Namen als „Neymar“. Man stelle sich vor, der in neunziger Jahren recht mittelmäßige Cottbusser Stürmer Toralf Konetzke wäre zu einer Weltkarriere fähig gewesen. Europa wäre heute voll von dänischen, französischen oder italienischen Teenagern mit dem Vornamen „Toralf“. So gesehen haben die „Neymar“-Babys noch einmal Glück gehabt.
Mehr Glück jedenfalls als der Sohnemann von Clark Kearny aus Glasgow. Dessen Vater, ein glühender Rangers-Fan, war sich im Rausch der Gefühle vielleicht gar nicht bewusst, was er seinem Kind antat, als er ihm sämtliche Namen der damaligen Stammelf seines Herzensklubs verpasste: Lionel Sergio Lorenzo Colin Giovanni Barry Ian Jorge Gabriel Stephane Rod. Dazu die zwei ohnehin angedachten Namen Cairo und Mason. „Jorge“ steht hier übrigens für den Deutschen Jörg Albertz. Kearnys Gattin reagierte auf den Alleingang ihres Mannes übrigens recht pragmatisch: „Für mich wird mein Sohn immer nur Cairo Mason heißen, ohne die ganzen Mittelnamen.“
Es sind also nicht nur individuelle Einzelkönner, die werdenden Vätern und Müttern mit ordentlichen Schuss Fußball-Wahnsinn den Kopf verdrehen. Ein Beispiel_In den achtziger Jahren hatte ein Großteil der albanischen Bevölkerung den deutschen Fußball ins Herz geschlossen, ganz besonders die Nationalmannschaft. Heute laufen überdurchschnittliche viele junge Erwachsene mit den ortsuntypischen Vornamen Hans-Peter, Rudi, Lothar oder Pierre durch Albanien.
Rudigullithi da Silva Henrique
Apropos Neymar. Der kann froh sein, einen so eigenständigen Namen zu besitzen. Denn es sind gerade seine fußballverrückten Landsleute, die ihre Kinder nach einstigen Größen der Kickerszene benennen. 2012 klärte der sid seine Leser über die Herkunft des Namens von Overath Breitner auf, einem brasilianischen Talent mit venezolanischen Wurzeln. Überraschende Erkenntnis: Overath Breitners Vater hatte einst die WM 1974 vor dem Fernseher verfolgt und sich in die beiden deutschen Strategen verguckt. 15 Jahre später, der Sohn ward geboren, konnte der Erzeuger endlich seinen Helden huldigen. So weit, so kurios. Doch die Kollegen vom sid beförderten noch ganz andere Perlen zu Tage. Bei einem A‑Jugend-Turnier in Sao Paulo wurden sie fündig: Rudigullithi da Silva Henrique, Lynneeker Nakamuta Paes de Albuquerque, Raikard dos Santos Soares, Roberto Baggio Araujo Bastos, um nur die schönsten Querverweise zu nennen.
Die Namenspatrone selbst dürften sich geschmeichelt fühlen. Pokale und Medaillen mögen irgendwann vergessen sein, die vielen Neymars, Overaths, Breitners oder Hans-Peters werden den Ruhm der Fußballer durch die Jahrzehnte tragen. „Ich wünsche dem Jungen alles Gute“, grüßte dann auch freundlich Wolfgang Overath Richtung Brasilien.
Geht es noch besser? Natürlich. Nämlich dann, wenn Fußballstars ihre Kinder nach anderen Fußballstars benennen. Mehr Ehrerweisung geht eigentlich nicht. Fragt nach bei Brasiliens Weltmeister Bebeto. Der wurde während der WM 1994 Vater eines Jungen. Inzwischen ist der Filius U‑20-Nationalspieler, wird heftig von Juventus Turin umworben und steht vor einer Weltkarriere. Kein Wunder, bei diesem Namen. Er heißt: Mattheus.