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Als eine der belieb­testen Sport­mann­schaften der Welt hat der Verein eine wir­kungs­volle Platt­form, um das Bewusst­sein der Men­schen dafür zu schärfen, wie sie zu einer sau­be­reren, nach­hal­ti­geren Zukunft für unseren Pla­neten bei­tragen können“, schrieb die Pres­se­ab­tei­lung von Man­chester United zu Sai­son­be­ginn. Zuvor hatte der Klub eine neue Part­ner­schaft mit der Rene­wable Energy Group ein­ge­tütet. Einem Unter­nehmen, das sich auf die Her­stel­lung von nach­hal­tigem Bio­diesel fokus­siert. Ver­gan­genen Freitag setzte sich die Mann­schaft dann aber für 15 Minuten in einen Flieger, anstatt die 120 Kilo­meter zum Aus­wärts­spiel in Lei­cester mit dem Bus oder Zug zu fahren. Hatte ihnen denn nie­mand gesagt, dass Inlands­flüge als kli­ma­schäd­lichste Art zu reisen gelten?

Der Klub begrün­dete die Ent­schei­dung mit einem Stau auf der Auto­bahn M6. Das ist aus meh­reren Gründen frag­würdig. Zum einen, da die Mann­schaft bereits am Freitag anreiste und somit reich­lich Zeit gehabt hätte, recht­zeitig in Lei­cester anzu­kommen. Zum anderen, da der Mann­schaftsbus auch ein­fach einen Umweg über Shef­field hätte fahren können. Die Bus­fahrt wäre dann knapp 20 Minuten länger gewesen. Der Kurz­stre­cken­flug schlug dem­entspre­chend große Wellen. So große sogar, dass er von der sport­li­chen Misere in fast schon dan­kens­werter Weise ablenkte.

Tur­bu­lenzen in der Liga

Die Sache mit dem Flug ist nur eine von vielen Bau­stellen der Red Devils und passt ins Gesamt­bild, das die Mann­schaft der­zeit in der Liga abgibt. Nach der 2:4‑Niederlage gegen Lei­cester steht United nur noch auf Platz sechs. Von den letzten sieben Pflicht­spielen hat Man­chester bis dato nur zwei gewonnen. Der Rück­stand auf Spit­zen­reiter Chelsea beträgt bereits fünf Punkte. Viel zu wenig für die eigenen Ansprüche. Die größte aus­ge­machte Bau­stelle: die Defen­sive.

In den letzten 19 Pre­mier League Spielen hat United nur einmal zu null gespielt. Schuld daran seien laut Kri­ti­kern nicht nur die Ver­tei­diger, son­dern auch die Mit­tel­feld­spieler und Stürmer. Sie würden zu wenig Pres­sing­si­tua­tionen erzeugen. Das hat auch Lei­cester-Trainer Brendan Rod­gers in seiner Ana­lyse erkannt: Ihre zen­tralen Spieler haben nicht gepresst. Des­halb konnten wir uns den Ball geduldig zuspielen“. Auch der ehe­ma­lige Liver­pool-Spieler Danny Murphy kri­ti­sierte dieses Ver­halten. Für ihn habe Man­chester zu viele Spieler, die nicht ver­tei­digen wollen. So stellt er die grund­sätz­liche Frage: liegt es an dem System von United-Trainer Ole Gunnar Sol­skjær, oder daran, dass die Spieler sein System nicht richtig umsetzen würden?

Womit wir bei einer wei­teren Bau­stelle ange­kommen sind: dem Trainer. Ole Gunnar Sol­skjær steht in der Kritik. Schon wieder. Grund dafür sind teils die Ergeb­nisse und teils kon­tro­verse Ent­schei­dungen bei den Auf­stel­lungen. Gegen Everton brachte er Cris­tiano Ronaldo erst zu Beginn der zweiten Hälfte ins Spiel. Gegen Lei­cester stellte er den offen­sicht­lich noch nicht fitten Harry Maguire auf. Kurz nach Spiel­ab­pfiff ver­suchte sich Sol­skjær zu erklären: In letzter Zeit waren wir nicht in Top­form, haben zu viele Punkte ver­loren, das müssen wir uns ansehen. Viel­leicht müssen wir etwas ändern.“ Ändern muss sich in jedem Fall etwas. Bisher wirkt die hoch­ver­an­lagte Mann­schaft eher wie eine Zusam­men­stel­lung von guten Spie­lern, denn als geschlos­senes Team.

Auf­bäumen in der Cham­pions League

Im Cham­pions-League-Spiel gegen Ata­lanta Ber­gamo zeigte sich inner­halb von 90 Minuten, wozu United eigent­lich fähig ist. Dabei begann die magi­sche Nacht von Man­chester“ mit einer kata­stro­phalen ersten Hälfte. Die Kri­tik­punkte der ver­gan­genen Spiele trafen auf nahezu alle Aktionen in der ersten Halb­zeit zu. Das Pres­sing beim ersten Gegen­treffer? Nicht vor­handen. Das zweite Gegentor offen­barte Uniteds Schwäche bei geg­ne­ri­schen Stan­dard­si­tua­tionen. Das Spiel wurde dank der her­aus­ra­genden Qua­lität der Offen­siv­spieler zwar gewonnen, doch die Pro­bleme bleiben.

Die vor­deren vier Spieler hatten den klaren Auf­trag das Spiel zu gewinnen. Das haben sie im End­ef­fekt auch getan, aber sie waren trotzdem zu schwach in der Rück­wärts­be­we­gung“, ana­ly­sierte Ex-Stürmer Peter Crouch im bri­ti­schen Fern­sehen bei BT Sports. Es ist kein nach­hal­tiges Spiel­system.“ United-Legende Paul Scholes pflich­tete ihm bei und über­ließ die Freude über den Sieg anderen: Ich kann mir vor­stellen, dass es für die Fans ein schöner Abend war. Es war toll, ein 0:2 noch zu drehen. Aber wir dürfen nicht ver­gessen, gegen wen sie gespielt haben. Wenn sie gegen Liver­pool so wie in der ersten Halb­zeit spielen, werden sie ver­nichtet.“

Doch im Moment des Sieges erscheint alles andere unwichtig. In den Medien wurden Par­al­lelen gezogen zum letzten Cham­pions-League-Tri­umph Uniteds. Als Ronaldo vor 14 Jahren eben­falls in drei auf­ein­an­der­fol­genden Spielen für Man­chester traf. Es schwingt viel Pathos mit, wenn CR7 mal wieder, wie schon gegen Vill­areal, den ent­schei­denden Treffer erzielt. Nichts passt besser ins roman­ti­sierte Bild des Rück­keh­rers, der in den letzten Minuten das Spiel ent­scheidet. GOAT. Legende. Er hat es schon wieder getan. Doch die jüngsten Leis­tungen von Ronaldo haben ein schmut­ziges Geheimnis.

Allzu oft wirkt es so, als sei die Taktik Uniteds schlicht: die Offen­siv­reihe wird es schon richten. Und vor allem Cris­tiano Ronaldo. Doch die Pro­bleme in der Defen­sive fangen bereits mit dem Rück­kehrer an. Der ehe­ma­lige nie­der­län­di­sche Natio­nal­spieler Danny Blind sieht Ronaldo gar als einen der Haupt­gründe für die aktu­elle Misere bei United. Gegen­über Sport­nieuws sagte er: Normal presst ein Spieler und pro­vo­ziert so Fehler beim Gegner. Ronaldo macht das aber nicht. Er denkt nur an seine Tore und denkt, dass seine Mit­spieler den Ball schon für ihn erobern werden.“

Die man­gelnde Bereit­schaft zu pressen, lässt sich auch anhand von Sta­tis­tiken belegen. Laut dem Portal FBREF​.com hat der Por­tu­giese rund drei bis vier Pres­sing­si­tua­tionen pro Spiel. Vor einem Jahr bei Juventus hatte er im Ver­gleich dazu noch acht bis neun. Seine Pres­sing­ver­suche sind zudem nicht oft von Erfolg gekrönt. Das muss zwar nicht unbe­dingt Ziel von erfolg­rei­chem Pres­sing sein, gar nicht zu pressen hilft aber erst recht nicht. Gegen­pres­sing kann näm­lich auch dann erfolg­reich sein, wenn dadurch die geg­ne­ri­schen Spieler for­ciert sind, den Ball in eine andere Rich­tung zu spielen, um damit einen auf­kom­menden Spiel­fluss zu unter­binden.

Im Gegen­satz zu Ronaldo stehen seine Mann­schafts­kol­legen bei zehn bis 20 Pres­sing­si­tua­tionen pro Partie. Natür­lich – Ronaldo ist Stürmer, zu pressen scheint auf den ersten Blick nicht eine seiner Haupt­auf­gaben zu sein. Denn ja, er schießt Tore, aber die Art seines (nicht vor­han­denen) Pres­sings ver­än­dert die Statik und damit auch die Art des Spiel­sys­tems und der Ver­tei­di­gung. Auch im Ver­gleich mit seinen Kol­legen im Sturm schneidet er in dieser Kate­gorie schlechter ab. Lewan­dowski kommt auf rund zehn Pres­sing­si­tua­tionen pro Spiel und Messi in der aktu­ellen Saison auf zwölf. Von allen Stür­mern aus den fünf Top­ligen hat Ronaldo den schlech­testen Pres­sing­wert.

Der Ronaldo-Effekt

Auch die Hal­tung und Kör­per­sprache Ronaldos können für sein Team nach­teilig wirken. Nach den Nie­der­lagen gegen Aston Villa und Everton mar­schierte er direkt nach dem Abpfiff in die Kabine, ohne Grüße an die Fans. Nach dem Spiel gegen Lei­cester fing ihn sein Trainer recht­zeitig ab. Er sollte wie jeder andere Spieler auch zu den mit­ge­reisten Fans gehen. Nach der ersten Halb­zeit gegen Ber­gamo wirkte der Por­tu­giese eben­falls resi­gniert. Abwinken, Kopf schüt­teln, lamen­tieren.

In den ersten sechs Spielen in der Pre­mier League erzielte Ronaldo zwar fünf Treffer, die Wochen danach blieb sein Konto aber blank. In Man­chester scheint sich ein ähn­li­cher Effekt abzu­zeichnen wie damals bei Juventus Turin. Sein ehe­ma­liger Mit­spieler Leo­nardo Bonucci sagte zu The Ath­letic: Ronaldos Anwe­sen­heit hatte einen großen Ein­fluss auf uns. Unter­be­wusst fingen die Spieler an zu denken, dass er allein schon aus­rei­chen würde, um die Spiele zu gewinnen.“ Gegen Ber­gamo funk­tio­nierte das mal wieder. Doch die Wochen zuvor werfen Gründe auf, um die Nach­hal­tig­keit dieser Denke anzu­zwei­feln.

Schafft United den Tur­n­around?

Die Dis­kus­sion um Cris­tiano Ronaldo wird sich im Rahmen halten, solange er trifft. In Man­chester ist er nahezu unan­tastbar, aber es mehren sich Stimmen, die auf sein man­gelndes Defen­siv­ver­halten hin­weisen. Sein Trainer scheint sich mal wieder gerettet zu haben. Die Not­lan­dung wurde trotz Tur­bu­lenzen fürs Erste geschafft. Nicht nur das Spiel gegen Liver­pool wird weg­wei­send für Sol­skjær sein. Auch danach bleibt das Pro­gramm hart: es warten Tot­tenham und Man­chester City. Die nächsten Spiele werden zeigen, wie aus­sa­ge­kräftig der spek­ta­ku­läre Sieg gegen Ber­gamo wirk­lich war.