Borussia Dortmund kommt nicht vom Fleck, nur Platz 8 statt Tabellenführung. Da fordert manch einer schon die Abwendung von Favre und vom System. Das aber ist hysterisch.
Sicher, der BVB hat derzeit vielgestaltige Probleme. Er kassiert vermeidbare Tore, weil bei Standards notorisch die Zuordnung und Reaktionsschnelligkeit fehlt. Er verliert auch gegen eher kämpferisch orientiere Kontrahenten erstaunlich viele wichtige Laufduelle und Zweikämpfe. Und er weiß gerade in engen Schlussphasen oft nichts mehr zuzusetzen, statt aggressivem Erzwingen sieht man oft hängende Schultern und den offenbar übermächtigem Drang zur Ergebnisverwaltung. Der Kontrast zur breiten Brust, den die Mannschaft unter Klopp ostentativ aufs Spielfeld trug, könnte kaum augenfälliger sein.
Jetzt: Kurs halten!
Trotzdem ist die BVB-Führung gut beraten, Kurs zu halten. Es war damals, daran sollte man erinnern, eine bewusste Entscheidung der sportlichen Führung, das Dortmunder Spiel weiterzuentwickeln, mehr auf Spielkontrolle als aufs schnelle Umschalten zu setzen. Auch weil gerade auf internationalem Parkett technisch hochklassige Mannschaften gelernt haben, das agressive Spiel klassischer Umschaltmannschaften ins Leere laufen zu lassen.
Und für dieses Spiel gibt es derzeit auf dem Trainermarkt keinen Kandidaten, der konzeptionell deutliche Vorteile gegenüber Lucien Favre hat. Der Schweizer ist ein exzellenter Analyst und einer, der jeden Spieler besser machen kann. Dass er an der Seitenlinie nicht den menschlichen Dampfkochtopf gibt wie einst Klopp, war schon bei seiner Verpflichtung bekannt.
Nur drei Punkte
Das entbindet Favre nicht von der Aufgabe, das Team aggressiver, selbstbewusster und konzentrierter aufs Feld zu schicken. Aber zu glauben, das System und der Coach seien bereits gescheitert, ist hysterisch und unangemessen. Achter Platz in der Liga, das bedeutet derzeit nämlich auch: nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter. Und das kann noch besser werden, wenn erst die Mentalität freigelegt worden ist.