Als Kind liebte unser Autor den FC Barcelona. Heute sieht das anders aus. Der Verein setzt nicht mehr auf die eigene Jugend, sondern auf fragwürdige Transfers. Über den bedauernswerten Werdegang eines ehemals einzigartigen Weltklubs.
Das wohl schönste Geschenk, das ich je bekommen habe, war in einer kleinen Plastiktüte verpackt: Ein blau-rotes Trikot, dazu passende Hose und Stutzen. Hinten auf dem Oberteil der gelbe Schriftzug „Ronaldinho“, vorne, ebenfalls in gelb, „Unicef“. Ich war damals acht Jahre alt. Und ich bin ausgeflippt, wie bekloppt in meinen neuen Klamotten auf den Sockenstutzen durch die Wohnung gerutscht und habe immer wieder meinen Papa umarmt. Er hatte mir das Geschenk mitgebracht. Er war da. In Barcelona. Wie das schon klang. Meine Welt war damals klein, über die Grenzen von Bochum hinaus kannte ich wenig. Das Ruhrgebiet war riesig genug. Barcelona, das kam mir unglaublich weit weg vor. Und dann spielen die da auch noch meinen Lieblingssport. Eine Pilgerstätte für den Fan des schönen Spiels, das Mekka des Fußballs.
Der Klub der Auserwählten
Dass es außergewöhnlich war, dass dieser Klub lange gar keinen Sponsor auf der Brust trug und später den Namen eines Kinderhilfswerk, an das der Verein selbst Geld zahlte und nicht umgekehrt – darüber machte ich mir erst mit der Zeit meine Gedanken. Ich mochte Ronaldinho auch gar nicht so sehr. Vielmehr freute ich mich über das Trikot wegen des Vereins, den es repräsentierte.
Der FC Barcelona, das wusste ich, galt als der etwas andere Verein. „Més que un club“ war das Motto. Eine den Jedi-Rittern in Star Wars ähnliche Ordensgemeinschaft, die nach den frommen Regeln des Zauberfußballs, des Tiki-Taka leben sollte. Das pure Gute, menschlich und sportlich, bestehend aus den größten Namen, die ein Fußballfan in den Mund nehmen konnte. Die großen Meister Xavi Hernández und Andrés Iniesta, das Wunderkind Lionel Messi, Víctor Valdés im Tor und vorne weg Carles Puyol, der edle Kapitän und fairste Spieler aller Zeiten.
Allesamt Eigengewächse aus der legendären Fußballschule La Masia. Klar, als einer der besten Zocker auf der Brantropschule in Bochum-Weitmar regelmäßig die Idioten aus der Klasse 4a auseinanderzunehmen fand ich schon gut. Aber mit deutlich mehr Talent wäre meine Wahl dann vermutlich doch eher auf La Masia gefallen. Was für ein großartiger Klub: Zieht einen Fußballstar nach dem anderen hoch und begeistert mit dem schönsten Fußball der Welt.