Noch vor einem Jahr war Bröndby IF in finanzieller Schieflage. Nun hat der Klub die Meisterschaft geholt – und feiert mit verrückten Fans und deutschem Schnaps.
Es laufen die letzten Minuten beim Spiel zwischen Bröndby IF und dem FC Nordsjaelland am letzten Spieltag der dänischen Superliga. Im Bröndby-Stadion im westlichen Vorort von Kopenhagen sitzen knapp 10.000 Zuschauer – vor den Stadiontoren stehen noch ein paar Tausend. Denn die Blau-Gelben müssen nur Nordsjaelland, eine Talentfabrik von nördlich der Hauptstadt, schlagen, um sich zum ersten Mal seit 2005 mit dem Titel „Dänischer Meister“ schmücken zu können, und der Gastgeber führt 2:0. So lautet dann auch das Endresultat, und Bröndby gewinnt die dänische Meisterschaft mit zwei Punkten Vorsprung auf den amtierenden Meister FC Midtjylland.
Viele der Fans, die vor den Stadiontoren stehen, wollen hinein , um bei der Meisterfeier dabei zu sein. Um zu vermeiden, dass das Gedrängel in einer Katastrophe endet, öffnen die Ordner die Tore. Fans strömen ins Stadion hinein, nach dem Schlusspfiff stürmen mehrere gar das Spielfeld. Ganz wilde und vor allem ungewöhnliche Szenen in Zeiten wie diesen. Auch wenn die Ereignisse gegen sämtliche Coronaauflagen verstoßen, läuft alles friedlich ab. „Ich war nicht besondersüberrascht, dass sie reingekommen sind. Wir haben 16 Jahre auf diesen Moment gewartet. Da gab es einige Gefühle, die einfach raus mussten“, erzählt Nanna Möller Karlsen, die den Verein als Journalistin für die Fanseite 3point.dk schon lange eng begleitet.
Und tatsächlich haben die Fans von Bröndby IF lange leiden müssen: Vor drei Jahren gab das Team am letzten Spieltag die Meisterschaft aus den Händen. Es musste am vorletzten Spieltag nur gegen AC Horsens gewinnen. Nach 90 Minuten sah es dank einer 2:0‑Führung gut aus. Doch in der Nachspielzeit kassierte Bröndbyzwei2 Tore. Das Spiel endete mit einem Unentschieden, der FC Midtjylland gewann die Meisterschaft. Den letzten Titel hatte Bröndby im Jahr 2005 geholt. Danach mussten die Fans zusehen, wie der Erzrivale FC Kopenhagen und letztlich der FC Midtjylland die Liga dominierten. In den letzten 16 Jahren ist beim Verein einiges passiert.
Da sind zum einen die teils skurrilen Trainerwechsel, etwa die Entlassung des heutigen Brentford-Coachs Thomas Frank. In verschiedenen Fan-Foren hatte ein Mann Namens Oscar den Trainer beschimpft. Als sich erwies, dass Oscar kein geringer als Vorstandsvorsitzender Jan Bech Andersen war, war Frank 2016 sofort hin. Es folgte Alexander Zorniger, ehe Niels Fredriksen 2019 übernahm. Aber nicht nur auf dem Trainerposten herrschte Instabilität: Sportdirektoren kamen und gingen, 2009 zog sich der Sponsor Kasi Group zurück. 2013 stand der Verein dann knapp vor der Insolvenz.
Nun aber ist Bröndby IF plötzlich wieder der beste Verein des Landes. Damit hätten nicht mal die optimistischsten Fans gerechnet. „Vor der Saison habe ich erwartet, dass wir es in die Meisterschaftsgruppe schaffen und dann maximal um die vorderen Plätze mitspielen könnten“, sagt Möller Karlsen. Ähnlich wie etwa die österreichische wird auch die dänische Liga zum Ende der Saison zweigeteilt: Die sechs bestplatzierten Mannschaften spielen um die Meisterschaft und die Europacup-Plätze, während die sechs schlechtesten in einer eigenen Runde gegen den Abstieg kämpfen.