Jamal Musiala sorgt für Streit und Niclas Füllkrug hat den besten Wikipedia-Eintrag der Fußballgeschichte: die deutsche Mannschaft in der Einzelkritik.
Manuel Neuer
Schön zu sehen, dass Manuel Neuer seine Arme nicht nur hochreißen kann, wenn es darum geht, nationalistische Lieder auf kroatisch zu grölen oder Abseitsstellungen zu reklamieren: Gleich in der siebten Minute lenkte er einen Olmo-Gewaltschuss mit einer zwar wild aussehenden, am Ende aber erfolgreichen Parade an die Latte. Hatte danach noch mal Glück, als sein haarsträubender Fehlpass nicht bestraft wurde. Neuer macht bei diesem Turnier mit Ball am Fuß insgesamt einen etwas seltsamen Eindruck. Beim Gegentor allerdings wie wir, wenn wir uns in den Anzug reinzupressen versuchen, der uns vor der Pandemie doch noch so gut gepasst hatte: ohne Chance.
David Raum
Presste derart energisch, dass er aus dem Spiel nicht nur mit einer guten Zweikampfquote hätte rausgehen können, sondern im Zweifel auch noch mit einem Neugeborenen. Zeigte vor allem gegen den Ball eine gute Leistung und bewies mehrfach, dass er zu den schnellsten Spielern dieses Turniers gehört. Insgesamt deutlich stärker als im ersten Spiel, könnte in der Verfassung einer der Gewinner des Turniers werden. Kurzum: Der Mann lebt gerade seinen Raum. Wenn er jetzt noch anfängt, gefährliche Flanken zu schlagen (und/oder in der Zeit zurückreist, um sich doch nicht am Hals tätowieren zu lassen), sind wir vollends zufrieden.
Antonio Rüdiger
Die beste Nachricht zuerst: Antonio Rüdiger verzichtete im Spiel gegen Spanien auf seinen seltsamen Kniehebelauf – oder wie auch immer man das nennt, was er da gegen Japan (und auch schon häufiger in der Vergangenheit) gemacht hat und was ein bisschen so aussieht, als hätte ein völlig zugestoffter Ace Ventura einen gastrointestinalen Notfall. Machte aber auch abgesehen davon ein gutes Spiel, gewann seine Zweikämpfe, organisierte seine Viererkette, strahlte vorne bei Standards Gefahr aus. In dieser Form ein englischer Koch.
Niklas Süle
Apropos Koch: Die perfide Taktik der FIFA, Niklas Süle während des Spiels mit McDonald’s‑Werbebanden abzulenken, ging nicht auf. Süle zeigte fast die komplette Partie über eine äußerst konzentrierte Leistung. Doof nur, dass sein einziger Schnitzer direkt mit dem Gegentor bestraft wurde. Ab jetzt bitte trotzdem immer wie diese eine Wortendung, die bei der „Welt“ für Texte sorgt, in denen zwangsläufig die Vokabel „Gendergaga“ auftaucht: innen.
Thilo Kehrer
Holte sich schon in der ersten Halbzeit die Gelbe Karte ab, wirkte insgesamt vom Tempo der Spanier überfordert, war mit Ball überhaupt kein Faktor. Brachte das Kunststück fertig, dass sich Fußballfans beim Stand von 0:1 gegen Spanien über eine Lukas-Klostermann-Einwechslung freuen. Und damit ist dann auch alles gesagt.
Joshua Kimmich
Deutlich disziplinierter als gegen Japan, vermied einfache Ballverluste im Zentrum, ging auch die unbequemen Wege. Hätte seine Leistung veredeln können, wenn er seine Chance zur Führung genutzt hätte. Aber auch so eine grundsolide Performance. Hat sich offenbar mit seinen Kernaufgaben als Sechser commited. Und jetzt entschuldigt uns, wir müssen uns kurz den Mund ausspülen, weil wir „Performance“ und „commited“ gesagt haben.
Ilkay Gündogan
Zeigte vor der Kimmich-Chance, was für ein feiner Fußballer er ist, als er einen Querschläger am spanischen Strafraum direkt hinterm Standbein an seinem Gegenspieler vorbeischob. Spielt ganz allgemein so elegant, dass ihm der deutsche Zeugwart eigentlich Frack und Taschenuhr statt Trikot und Stutzen rauslegen sollte. Aber: Nimmt sich auch immer wieder seine Auszeiten und tritt beim DFB nicht so dominant auf, wie man sich das von einem Spieler seiner Klasse wünschen würde. 11FREUNDE-Fazit: Gündoganz in Ordnung.
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