Sie haben nach dem Wiederaufstieg des 1. FC Kaiserslautern 1997 Olaf Marschall eine Meisterschaftsklausel in den Vertrag schreiben lassen. Wie kamen Sie auf diese absurde Idee?
Das war genauso absurd wie die Klausel, die in Beckhams neuem Vertrag mit Los Angeles Galaxy steht: Allein beim Merchandising kann er nämlich zehn Millionen Dollar verdienen. Da der Vertrag so gestaltet ist, dass Beckham zehn Prozent vom Fan-Artikel-Vertrieb erhält, müsste der Klub in der nächsten Saison 100 Millionen Dollar allein mit diesem Geschäftsfeld verdienen. Das ist utopisch. Was meinen Sie, warum bekommt er für fünf Jahre 250 Millionen Dollar?
Sagen Sie es uns.
Damit die Schlichten der Schlichten, also Beckhams Klientel, den Verdienst schön durch fünf dividieren können: 250 geteilt durch fünf ergibt 50 Millionen. Ein Jahr hat etwa 50 Wochen, also dividiert man 50 Millionen durch 50 und schon ergibt sich das Wahnsinnsgehalt von einer Million Dollar pro Woche. Boah! So konnte Beckhams Manager allen suggerieren, welchen Traumvertrag sein Spieler unterschrieben hat. Und die Presse hat ja auch alles genauso nachgeplappert.
Mit solchen Forderungen sind Sie aber nicht in die Verhandlungen über Marschall mit dem FCK gegangen.
Natürlich nicht. Aber Olaf war an dem Abstieg 1996 nicht schuld und er hatte eine überragende Zweitligasaison gespielt. Es waren also nicht die schlechtesten Voraussetzungen für Vertragsgespräche. Als der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Robert Wischemann dann sagte, sie würden Olaf ja gerne mehr Gehalt zahlen, im Moment wäre aber wirklich kein Geld da, habe ich ihn gefragt: Aber wenn ihr in der nächsten Saison deutscher Meister werden solltet und in der Champions League spielen würdet, dann hättet ihr Geld für den Olaf? Wischemann hat das bejaht und nach dem Titelgewinn auch gerne gezahlt.
Wie hat sich Olaf Marschall bei Ihnen bedankt?
Er hat vielen seiner Mitspieler von der Klausel erzählt. Das war gute Mundpropaganda. (lacht)
Glauben Sie, dass ein Aufsteiger noch einmal Deutscher Meister werden kann?
Das ist völlig ausgeschlossen. Damals war der Erfolg des FCK schon ein Wunder, heute ist es absolut unmöglich. Wirtschaftlich würde das kein Verein mehr schaffen. Da müsste schon alles Glück der Erde zusammenkommen: Es dürfte sich kein Spieler verletzen, alle Neuzugänge müssten einschlagen und die Stammspieler dürften nie außer Form sein.
Beim 1.FC Kaiserslautern klappte in der Saison 1997/’98 also alles.
Genau. Und was man auch nicht vergessen darf: Das Publikum hat die Truppe nach dem Siegeszug in der 2. Liga auch euphorisch bis zum Triumph getragen. Außerdem gab es auch noch einige Spieler, die schon bei dem überraschenden Meistertitel 1991 dabei waren. Irgendwann haben sie dann auch realisiert, wir können es als Underdog wieder schaffen. Denn auch die Mannschaft von ‚91 hat ohne große Überflieger die Schale geholt: Gerry Ehrmann, Tom Dooley oder Marco Haber kennt international kein Schwein, trotzdem haben sie es geschafft. Und Ottos Jungs haben sich dann gesagt, wenn die Spieler es damals gepackt haben, kriegen wir das auch hin.
Die Mannschaft hat also immer an sich geglaubt.
Hundertprozentig. Es war wirklich ganz wichtig, dass das Team nach dem Abstieg 1996 zusammengeblieben ist. Viele Spieler haben sich damals an die eigene Nase gefasst und ihre Mitverantwortung erkannt. Ich kann mich noch genau an Pavel Kukas Worte nach der Partie in Leverkusen erinnern. Er sagte: „Ich habe große Schuld.“ Und er hatte Recht, denn zweimal lief er vollkommen allein auf den gegnerischen Torwart zu. Die Spieler wollten es allen beweisen und dann kam die Magic von Otto Rehhagel dazu. Die große Initialzündung war dann natürlich das erste Spiel bei den Bayern…
… das der FCK überraschend mit 1:0 gewann.
Genau. Von dem Moment an hatten die Spieler das Gefühl, sie können alle schlagen. Außerdem haben die Bayern in dieser Saison geschwächelt und Leverkusen war noch nicht stark genug, um im Titelrennen konstant mitzuspielen.
Was war das Bemerkenswerteste an der Mannschaft?
Der Zusammenhalt, Otto Rehhagel hatte ein echtes Team geformt. In vielen Situationen half der Truppe dann auch der so genannte Bayerndusel.
Meinen Sie damit die vielen Spiele, die der FCK erst kurz vor Schluss für sich entscheiden konnte?
Oh ja, der Bayerndusel ist damals direkt in den offenen Mund des 1. FC Kaiserslautern hineingelaufen – und es war wunderschön. Die Saison 1997/‚98 war ein wirkliches Sommermärchen, dagegen war die WM 2006 doch gar nichts. In Brasilien und Argentinien hätten sie den Bierhoff nach dem Gewinn des dritten Platzes durch die Innenstadt geprügelt, aber hier in Deutschland wurde die goldenene Ananas gefeiert. Unglaublich.
Genauso unerklärlich war der Absturz des FCK nach dem Titelgewinn. Warum ging es mit dem Klub bergab?
Weil Rehhagel den Tabubruch beging und Mario Basler verpflichtete. Der Niedergang des Vereins begann mit dieser Personalie. Otto hat damit dem Team das moralische Rückgrat gebrochen. Mit so einem Faulpelz in der Mannschaft kann man den jungen Spielern nicht eintrichtern, sie bekämen ihre Chance. Und auch den alten Spielern kann man dann nicht predigen, es gehe nur nach Leistung, wenn Basler doch immer wieder aufläuft. Denn er hatte eine Stammplatzgarantie. So torkelte der FCK fortan mit brutaler Eigendynamik zum nächsten Abstieg.