RB Leipzig steht im Halbfinale der Champions League. Normalerweise müssten wir das begleiten. Doch RB ist kein normaler Verein. Auch wenn das viele vergessen haben.
Was uns zurückführt an den Anfang, zu einem Spiel zwischen Bayern und Leipzig. Als die beiden Mannschaften im Dezember 2016 (damals war RB „sensationell“ punktgleich mit den Bayern) erstmals überhaupt aufeinander trafen, haben wir das Spiel übrigens getickert. Allerdings aus der (damals wohl auch noch zutreffenden) Annahme heraus, dass den allermeisten Menschen klar ist, dass RB nicht einfach irgendeine normale Bundesligamannschaft stellt und dieses Topspiel nicht irgendein normales Topspiel sein würde. Und dass man diesen Umstand gebührend würde abfangen können durch die einzelnen Ticker-Einträge.
Diesmal ist es anders. Denn auch wenn – entgegen der in vielen Medien mittlerweile gängigen Erzählung – die Kritik vieler Fans keineswegs abgeebbt ist (in dieser Saison schwiegen Gladbach-Fans im Spiel in Leipzig aus Protest die ersten 19 Minuten), so ist RB Leipzig für viele Redaktionen mittlerweile anscheinend ein normaler Bundesligist. Über den berichtet wird wie über Dortmund oder Köln. Friseur im Hotel, großartiger Sieg, schlafmützige erste Halbzeit.
„Hat mich nicht interessiert. Ich war Grillen. War auch gut.“
Nicht damit ein falscher Eindruck entsteht. Die in diesem Text erwähnten Redaktionen sind in Bezug auf viele andere Themen äußerst kritisch und handwerklich genau. Oftmals genauer und hartnäckiger als wir selber, Stichwort Football Leaks, Stichwort Doping. Und einzelne Texte oder Interviews spiegeln auch nicht die Bandbreite an Veröffentlichungen wider, die es von den Redaktionen zum Thema RB gibt.
Ebenfalls wichtig: Dieser Text entsteht nicht aus Wut. Auch wenn es spätestens seit dieser Saison neben den erwähnten und in den vergangenen Jahren immer wieder detailliert beschriebenen Gründen noch einen weiteren Grund gäbe, wütend auf RB zu sein. Welcher andere Verein hätte einen dazu zwingen können, den Bayern im Titelkampf die Daumen zu drücken? Den gottverdammten Superbayern!?
Um die Behauptung zu stützen, dass dieser Text und das ansonsten laute Schweigen zum Thema RB nichts mit Wut zu tun haben, endet er mit einem auf den Punkt gebrachten Zitat. Gesagt hat die folgenden Sätze Comedy-Autor Tommi Schmitt, wir selber hätten es nicht treffender formulieren können: „Deren Erfolge erinnern mich immer an die Kinder, die früher beim Computerspielen gecheated haben: Klar, du hast jetzt gewonnen, du hast gut gespielt – aber Applaus bekommst du dafür von mir nicht. Ich will dich noch nicht mal ärgern. Ich habe einfach keine Lust mehr, mit dir zu spielen. Als sie letztes Jahr im Pokalfinale standen, habe ich zum ersten Mal das Endspiel nicht gesehen. Hat mich nicht interessiert. Ich war Grillen. War auch gut.“