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Wenn der FC St. Pauli ein Heim­spiel hat, kann man im back­stei­nernen East-Hotel sitzen und Zeuge werden, wie die Fan­ge­sänge von der Süd­tri­büne her­über­ge­weht kommen. Oder von der etwas lei­seren Gegen­ge­rade, die in diesen Tagen von Abriss­bag­gern platt­ge­macht wird.

Die Luft riecht dann ein wenig nach Alkohol, Brat­wurst, Asphalt und durch­fei­erter Nacht, manchmal kleben noch ein paar Blut­spuren am Trot­toir. Denn das Hotel liegt an der Simon-von-Utrecht-Straße zwi­schen Mill­erntor-Sta­dion, Hei­li­gen­geist­feld und Ree­per­bahn. Nicht dass es dort gefähr­lich wäre. Aber ein paar Meter weiter am Hans-Albers-Platz wird sich zu später Stunde gerne mal gehauen. Wochenend-Tou­risten schleppen sich dann mit Platz­wunden durch die Simon-von-Utrecht-Straße, wo am Ende ein Bil­lig­hotel und der beru­hi­gende Drink aus der Minibar warten.

Heute hat der FC St. Pauli kein Heim­spiel, es ist Montag, der Bord­stein vorm edlen East-Hotel ist auf­fällig sauber. Drinnen im Conference“-Bereich steht ein Dut­zend Foto­grafen und wartet auf Jes­sica Kas­trop. Die blonde Sky-Repor­terin erlangte vor zwei Jahren inter­na­tio­nale Bekannt­heit, weil ihr Khalid Bou­lah­rouz vom VfB Stutt­gart einen Ball unfrei­willig an den Kopf schoss. Man nennt ihn Kan­ni­bale“. Jetzt hat sie ein Buch geschrieben. Aber nicht dar­über, wie ihr ein Ball plötz­lich an den Hin­ter­kopf don­nerte, son­dern über ein viel wich­ti­geres, aber nicht weniger spek­ta­ku­läres Thema: Liebe in Zeiten der Cham­pions League.

Darin geht es nicht um das Bei­schlaf-Ver­halten von Didier Drogba, Mario Gomez oder Bas­tian Schwein­steiger an Mitt­woch­abenden, son­dern um Bezie­hungs­tipps für fuß­ball­ge­plagte Frauen“. Darin sind viele Wahr­heiten ent­halten („Das Sta­dion ist der ein­zige Ort, wo sich der Mann nicht für seine Tränen schämt“), inter­es­sante Ver­gleiche zwi­schen Luca Toni und Pizza („Am Anfang dachte man: Oh, wie lecker, aber später alles nur noch Käse“), auf­mun­ternde Worte („Das runde Leder ist Ihrem Mann kei­nes­wegs wich­tiger als Sie!“) und dis­ku­table Thesen for­mu­liert („Tipps für Single-Frauen: Im Sta­dion kann man gut flirten und man hat viele Männer zur Aus­wahl“).

Sie, die vom Fuß­ball kei­nes­wegs geplagte Frau, kommt in wenigen Momenten aus ihrem Hotel­zimmer. Die Foto­grafen plau­dern ein wenig („Ges­tern Sky Dumont getroffen, ist netter, als man denkt“), schrauben an ihren Objek­tiven und lesen sich gegen­seitig ein wenig aus Kas­trops Buch vor („Das sollten Frauen in Män­ner­runden sagen: Cris­tiano Ronaldo ist bestimmt schwul, da gehe ich jede Wette ein. Und Sie haben alle Sym­pa­thien auf Ihrer Seite.“).

An der Wand hinter ihnen hängen über­di­men­sio­nale Fotos von edlem Sushi, aus den Boxen plät­schert irgendwas Café-del-Mar“-artiges. Ein alt­ge­dienter Foto­graf mit Anzug und Kra­watte steht vor der voll­au­to­ma­ti­schen Kaf­fee­ma­schine und lässt sich von einem Kellner erklären, was pas­siert, wenn er Espresso Mac­chiato“ drückt.

Dann kommt Jes­sica Kas­trop. Lange blonde Haare, starkes Make-up, hoch­ha­ckige Schuhe. Sie trägt eine enge Jeans­jacke und begrüßt die Foto­grafen leut­selig („Moin, moin!“). Sie bespricht sich kurz mit ihrer PR-Agentin, posiert mit einem Fuß­ball in der Hand, legt sich mit dem Bauch auf ein Sofa. Auf die Frage, ob sie für ein Foto den Ball küssen könnte, ent­spinnt sich fol­gender Dialog:

Kas­trop: Aber nicht, dass das jetzt so por­no­mäßig rüber­kommt.“
Jour­na­list: Laufen bei Sky eigent­lich Pornos?“
Kas­trop: Oh ja, eine ganze Menge.“

Gelächter.

Kurz darauf wech­selt sie ihre Gar­de­robe und erscheint in einem kurzen und sil­ber­far­benen Pail­let­ten­kleid. Sie setzt sich auf einen Sessel, viele der Foto­grafen knien abwech­selnd vor ihr nieder. Eine Frau mit einer Kamera mahnt: Lieber den Ball zwi­schen die Beine, dann kann nichts schief gehen!“

Wieder: Gelächter.

Für das letzte Motiv kniet sie sich hinter einen Tisch, auf dem ein Tipp-Kick-Spiel auf­ge­baut wurde. Dem Betrachter der Fotos, die jetzt gleich geschossen werden, soll später unmiss­ver­ständ­lich klar werden: Es geht hier um das Thema Fuß­ball“.

Nachdem alle Foto­grafen ihre Bilder gemacht und ein biss­chen Sta­di­on­fee­ling erleben durften (ein kra­wat­tierter Kellner ser­vierte Cur­ry­wurst mit Pommes), sitzt Jes­sica Kas­trop in einem glä­sernen Raum und schnauft kurz durch. Sie hört sich noch einmal die Ein­lei­tung ihres Buches an:

Und schließ­lich möchte ich, immer mit dem Fuß am Ball, einmal über das gesamte Spiel­feld der Liebe laufen und an ver­schie­denen Sta­tionen einer Lie­bes­be­zie­hung anhand ›kon­kreter‹ Spiel­si­tua­tionen auf­zeigen, wie sich beide mit dem Fuß­ball wohl fühlen können.“

Möchte sie eigent­lich die neue Erika Berger sein? Nein, sagt Jes­sica Kas­trop, sie möchte mit ihrem Buch ein­fach nur Fuß­ball­männer und ihre Frauen ein biss­chen näher zusam­men­bringen. Dann pas­siert viel­leicht auch Fol­gendes: Es kann durchaus sein, dass dieser Mann außer­halb des Nah­kampf­be­reichs Fuß­ball ein wahres Lämm­chen ist, dass er Ihnen ruhig und freund­lich das Abseits erklärt und Ihnen nach einem langen Arbeitstag eine Bade­wanne ein­lässt und Ihnen die Füße mas­siert.“

Nur mit der Stelle über den Mannstyp Heul­suse“ ist sie im nach hinein nicht ganz zufrieden. Darin heißt es: „…bietet den Vor­teil, nicht die übli­chen Macht­spiel­chen durch­ex­er­zieren zu müssen. Und Sie können davon aus­gehen, dass Sie auf Ihrer Golf­runde nie mehr alleine sein müssen – wenn Sie ihn denn dabei haben wollen.“ Lese­rinnen, die kein Golf spielen, blät­tern schnell vor auf Seite 153: Stel­lungs­spiel: So macht Sex Spaß“.

Liebe in Zeiten der Cham­pions League – Die besten Bezie­hungs­tipps für fuß­ball­ge­plagte Frauen“ ist natür­lich auch bei Amazon erhält­lich. Unter Jes­sica Kas­trops Buch steht: Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch ›Män­ner­herzen und die ganz, ganz große Liebe‹ mit Til Schweiger und ›Borussia Dort­mund Fla­schen­öffner mit Sound‹.“