Früher stand Lars Stindl als Fan in der Kurve, nun als Profi auf dem Platz. Dem modernen Fußball steht er kritisch gegenüber.
Was meinen Sie konkret?
Alle schreien nach neuen Reformen, sei es gerade bei der Champions League oder auch, was das Spiel selbst betrifft. Nun wurde die Torlinientechnik GoalControl eingeführt. Das geht noch klar für mich, aber ich sage: Lasst den Fußball doch auch so, wie er ist. Wenn jetzt auch noch der Videobeweis eingeführt wird, dann kann man den „Doppelpass“ am Wochenende gleich einstellen. Dann gibt es keine Diskussionen am Sonntag mehr in den Vereinsheimen der Amateurteams, das ist ja quasi ein deutschlandweiter „Doppelpass“ mit noch besseren Experten. (Lacht.)
Gäbe es den Videobeweis, dann hätte Ihr Tor gegen Leverkusen wahrscheinlich nicht gezählt, oder?
Wenn ich so ein Gegentor bekommen hätte, hätte ich wohl gerufen: „Klares Abseits!“ So habe ich gesagt: „Oh, schwer zu entscheiden.“ Im Ernst: Ich habe die Sorge, dass der Einfluss von außen zu groß ist und damit der Spielfluss zerstört wird. Wenn jetzt immer weiter am Spiel rumgedoktert wird, dann spielen wir bald 105 Minuten statt 90. Man sollte das Spiel einfach mal in Ruhe lassen.
Wenn wir gerade über Reformen für die Bundesliga sprechen: Viele Experten fordern, dass sich Deutschland für Investoren öffnen sollte, um mit England mitzuhalten.
Ich wüsste nicht, was das national bringen sollte. Es gibt nur sechs internationale Plätze. Wenn die Vereine von Investoren geführt werden, erhöht sich diese Zahl nicht. In den vergangenen Jahren haben es immer wieder Vereine geschafft, nach oben durchzustoßen – ohne externe Geldgeber: Mainz, Augsburg, Hannover im Jahr 2010. Im internationalen Vergleich kann das anders aussehen, aber Investoren sind gleichzeitig keine Garantie für den Erfolg.
Was halten Sie von RB Leipzig?
Schwierige Frage für mich. Ich will es mal so sagen: Wenn sich ein Investor zu Werbezwecken einen Verein strategisch raussucht, ohne regionalen Bezug, nur um ihn nach oben zu bringen, dann finde ich das schon fragwürdig.
Die Befürworter entgegnen, dass die Traditionsklubs eben nicht solide gewirtschaftet hätten.
Die Traditionsklubs, von denen immer die Rede ist, haben auch Fehler gemacht, das ist mit Sicherheit richtig. Aber sie haben auch darunter gelitten, dass andere Vereine durch das große Geld so schnell den Weg nach oben gehen konnten. In diesem Punkt können Vereine wie zum Beispiel der KSC nun einmal nicht mit RB mithalten. Es bleibt ein Spagat für die Klubs, man kann auch mit finanzkräftigen Partnern arbeiten und gleichzeitig die Tradition und Fankultur wahren.
Wie nehmen Sie Fankultur wahr?
Mich interessiert nicht nur, was auf dem Platz geschieht, sondern auch das Drumherum. Ich informiere mich über die Fanszenen und hatte bei meinen Stationen eigentlich immer einen guten Draht zu den Leuten. Der Support – ob auswärts oder zu Hause – ist schon sehr wichtig für mich, das pusht mich auf dem Platz.
Stimmt es, dass Sie während des Boykotts der Hannoveraner Fanszene eine Art Mittelsmann zur Vereinsspitze waren?
Wir haben uns zumindest ausgetauscht, ich habe mich mit einzelnen Fanvertretern getroffen, danach sind wir mit dem Mannschaftsrat zu Herrn Kind gegangen. Das war eine schwierige Zeit in Hannover, weil vieles zusammenkam: Der Fast-Abstieg, das verlorene Derby gegen Braunschweig, dann ergriff der Verein bestimmte „Maßnahmen“, um es mal freundlich auszudrücken. Wir hatten als Spieler das Gefühl: Das Ding kippt hier gerade bedenklich.